Johannes Heising
Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping hat gerade seine Europa-Reise beendet, in deren Verlauf mehrere Kooperationsvereinbarungen unterzeichnet worden waren. Dabei ist besonders Deutschland als größter Handelspartner Chinas in Europa zweifellos enorm attraktiv für Investoren aus der Volksrepublik.
Der deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel hatte betont, Deutschland sei offen für Investoren aus China und werde sich um eine Optimierung des Investitionsklimas bemühen.
Welche Vor- und Nachteile gibt es bei Investitionen in Deutschland? Dazu hat sich unsere Korrespondentin Wu Shiyun vor kurzem in einer Rechtsberatung in Berlin umgehört. Und Johannes Heising, Rechtsabteilungsleiter der Zonssen GmbH, erklärt, dass der Investitionsstandort Deutschland tatsächlich eine Reihe Vorteile bietet:
„Insgesamt gesehen stellt Deutschland ja die stabilste und wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft in der EU dar. Und die wiederum ist bekanntlich der größte Außenhandelspartner von China. Eine Investition in Deutschland macht zum Beispiel Sinn, wenn chinesische Unternehmen über die Erweiterung des Absatzmarktes, den Ausbau der Marktposition in Europa, den Erwerb von Schlüsseltechnologien oder die Stärkung bestehender Geschäftsbeziehungen mit deutschen Partnern nachdenken. Dabei gelten in Deutschland für ALLE Investoren – egal ob privat oder staatlich, egal ob, ob sie aus dem Ausland oder aus dem Inland kommen, die gleichen gesetzlichen Regeln."
Bedeutet ein derart liberales Investitionsklima nun, dass jeder, der irgendwie will, auch tatsächlich in Deutschland investieren kann? Hier warnt Anwalt Heising vor unrealistischen Erwartungen:
„Ganz so einfach ist es leider dann doch nicht. Natürlich müssen erstmal verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden, und dann müssen die hohen bürokratischen Hürden überwunden werden."
Wie China betrachtet auch Deutschland die Etablierung eines realen Geschäftes als das Hauptziel einer solchen Kapitalanlage. Zudem gibt es weitere Schlüsselfaktoren für den Erfolg einer Investition. Dazu gehört selbstverständlich auch die Bereitschaft der Investoren, die lokalen Gegebenheiten anzuerkennen und sich ihnen anzupassen, meint Anwalt Heising:
„Eins Beispiel hierfür wäre die Sprache. Die Notwendigkeit, Deutsch zu beherrschen, wird im Allgemeinen unterschätzt. Denn viele chinesische Unternehmen erwarten einfach, dass sie ihre Geschäfte in Deutschland auch in Englisch abwickeln können. Das ist auch in einem gewissen Maße möglich, jedoch wird Deutsch in vielen Bereichen immer noch einfach vorausgesetzt. Ämter und Behörden funktionieren meist ausschließlich auf Deutsch. Verträge werden gemeinhin auf Deutsch geschlossen. Und nicht zuletzt fühlen sich Angestellte, Geschäftspartner oder auch potentielle Kunden natürlich sicherer, wenn sie in ihrer Muttersprache angesprochen werden. Oder wie es ein chinesisches Sprichwort treffend beschreibt: Will ein Meister sein Handwerk gut ausüben, muss er zuerst sein Werkzeug gut vorbereiten."
Hinzu kommt noch, dass sich die Investoren selbstverständlich an Recht und Gesetz vor Ort zu halten und auch lokale Gewohnheiten zu akzeptieren haben, betont Anwalt Heising:
„Viele deutsche Gesetze sind den chinesischen Unternehmen völlig fremd und unbekannt. Das kann zu großen Missverständnissen und im Extremfall zu handfesten juristischen Problemen führen. Unterschiede werden schon in den einfachsten Bereichen wie etwa der gesetzlichen Urlaubsregelung deutlich: Während der Urlaub in China gemeinhin fünf Werktage beträgt, hat ein Arbeitnehmer in Deutschland einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von mindestens 24 Tagen im Jahr. Eine Abgeltung des Urlaubs durch Geld ist eigentlich nicht zulässig."
Hinzu kommt noch ein generell unterschiedlicher Geschäftsansatz chinesischer und deutscher Unternehmer, betont Heising unter Hinweis auf von ihm behandelte Rechtsfälle:
„In Deutschland wird mehr Wert auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit gelegt als in China. Während chinesische Unternehmer tendenziell eine höhere Risikobereitschaft an den Tag legen und eine sich bietende Gelegenheit erst einmal beim Schopfe packen, um anschließend zu schauen, was sich denn aus der Situation entwickeln lässt, versuchen deutsche Unternehmer, durch genaue Untersuchung und gezielte Planung Risiken im Geschäftsfeld zu minimieren. Ohne ein tragfähiges Konzept und klar definierte Ziele ist es deshalb für chinesische Investoren sehr schwer, in Deutschland erfolgreich zu sein. Insgesamt lässt sich aber feststellen, dass mit der richtigen Vorbereitung und Beratung die Chancen für chinesische Investoren besser sind als je zuvor."