Derzeit findet in Beijing die erste Tagung des elften chinesischen Nationalen Volkskongresses, kurz NVK, statt. Die Abgeordneten werden bei dieser Sitzung die Arbeit der Zentralregierung in den vergangenen fünf Jahren bewerten und die weitere Entwicklung Chinas festlegen. Die NVK-Abgeordneten und die zuständigen chinesischen Behörden sind sich darüber einig, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung durch eine gezielte Makrokontrolle auch weiterhin aufeinander abzustimmen.
Nach der asiatischen Finanzkrise im Jahr 1997 hat die chinesische Regierung durch die aktive Finanz- und die vernünftige Währungspolitik ein stabiles und schnelles Wirtschaftswachstum sicherstellen können. Allerdings hat die rasante wirtschaftliche Entwicklung einige Probleme nach sich gezogen, beispielsweise eine rasche Zunahme der Investitionen, die sich auf wenige Sektoren beschränkt, einen deutlichen Handelsüberschuss und große Ungleichheiten bei der Entwicklung in verschiedenen Regionen sowie in den urbanen und ländlichen Gebieten. Daher betreibt die chinesische Regierung seit 2003 eine strenge Makrokontrolle. Der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften Liu Shucheng, zugleich ein NVK-Abgeordneter, sagte, die Ausübung der strengen Makrokontrolle belege, man strebe nicht mehr nur ein rasantes Wirtschaftswachstum an, man berücksichtige heute auch andere Faktoren:
"Die Makrokontrolle ist eine Maßnahme, die eine weiterhin stabile und schnelle Wirtschaftsentwicklung sichern kann. Alle müssen daher dazu beitragen, eine breitere Basis für Chinas Wirtschaftswachstum zu schaffen. Heute strebt man ein qualitatives Wirtschaftswachstum an, die Wirtschaftsstruktur des Landes soll verbessert werden. Es geht längst nicht mehr nur darum, die Wachstumsraten um jeden Preis zu steigern, Vergleiche mit den vergangenen Jahren sind daher nicht angebracht."
Die Umgestaltung der Politik hat in den vergangenen fünf Jahren eine stabile und schnelle Entwicklung der Wirtschaft in China möglich gemacht. In diesem Zeitraum ist Chinas BIP pro Jahr durchschnittlich um über zehn Prozent gestiegen. Ende 2007 belief sich Chinas Wirtschaftsvolumen auf mehr als 24 Billionen Yuan RMB. Weltweit rangiert China damit auf dem vierten Platz. Die Finanzeinnahmen der Zentralregierung haben sich fast verdreifacht, die Einkommen der Bevölkerung sind sowohl in den Städten als auch auf dem Lande ebenfalls deutlich gestiegen. Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao betonte in seinem am Mittwoch vorgestellten Rechenschaftsbericht allerdings, dass es trotz einer koordinierten Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft Schwierigkeiten und Widersprüche gebe, die durch die wirtschaftliche Entwicklung hervorgerufen würden. Der Inflationsdruck nehme zu, die Investitionen in feste Kapitalanlagen sowie die Zahl der aufgenommenen Kredite stiegen deutlich zu schnell. Nach wie vor hat China eine unausgeglichene Handelsbilanz und bei der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Stadt und Land sowie zwischen den verschiedenen Regionen des Landes. Diese Probleme dürfe man nicht wegleugnen.
Der bekannte chinesische Ökonom Li Yining sagte, der wachsende Inflationsdruck sei auf verschiedene komplizierte Faktoren zurückzuführen. Man müsse gut durchdachte Maßnahmen ergreifen, um ihm entgegenzuwirken.
Auf einer Pressekonferenz im Rahmen der ersten Tagung des elften chinesischen Nationalen Volkskongresses sagte der Leiter der Staatlichen chinesischen Kommission für Entwicklung und Reform Ma Kai am Donnerstag in Beijing, die chinesische Regierung habe bereits mehrere Maßnahmen gegen die Preissteigerungen ergriffen. Die Zentralregierung plane weitere derartige Maßnahmen:
"Die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Produkten, vor allem mit landwirtschaftlichen Produkten, muss stets gesichert sein. Gleichzeitig muss eine übertriebene, spekulative Nachfrage eingedämmt werden. Im Wesentlichen muss ein zu schnelles Wachstum der Investition sowie eine unkontrollierte Ausgabe von Devisen unter Kontrolle gebracht werden. Wir werden an der straffen Währungspolitik festhalten, um ein gesundes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen."
Wen Jiabao betonte in seinem Rechenschaftsbericht, nach wie vor sei das wichtigste Ziel der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, die Lebensbedingungen der chinesischen Bevölkerung zu verbessern. Dazu der chinesische Finanzminister Xie Xuren auf der Pressekonferenz am Donnerstag in Beijing:
"Im Haushalt für 2008 sind finanzielle Mittel zur Unterstützung der Landwirtschaft, zur Förderung des Bildungswesens, für den Ausbau des medizinischen Versorgungssystems und des Systems der sozialen Absicherung vorgesehen. Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt darin, die drängenden Probleme der Bevölkerung zu lösen. Dadurch können die Lebensbedingungen des Volkes verbessert werden."
Auch in seinem Rechenschaftsbericht wies Wen Jiabao auch darauf hin, dass später die kostenlose Schulpflicht in allen Städten und Gemeinden des Landes verbreitet werden soll. In mehr als die Hälfte der chinesischen Städten werde das grundlegende Versicherungssystem der medizinischen Betreuung etabliert. In den kommenden zwei Jahren sollten die Kapitalrücklagen für das genossenschaftlich organisierte medizinische Versorgungssystem in den ländlichen Regionen verdoppelt werden. Nicht zuletzt solle auch der soziale Wohnungsbau gefördert werden, damit das Volk ein gutes Leben führen könne.
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