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Das Wort "Teehaus" ist der Oberbegriff für alle Einrichtungen, in die man zu Teetrinken geht. Andere Bezeichnungen sind Teestube, Teepavillon, Teegarten und Teelokal.
Teehäuser kamen in der Tang-Dynastie auf und erlebten ihre Hochblüte in der Song-Dynastie. Es gab eigene Teehäuser für Bedienstete, z.B. vor Gerichtsgebäuden, es gab auch in Kleinstädten Teestuben, und es gab Teehäuschen speziell für die Anbahnung von Eheschließungen. Außer normalem Tee wurden auch Ingwertee, Pfefferminztee und sonstige Teesorten mit Zutaten serviert, und neben dem Teetrinken dienten die Teehäuser zunehmend als Kommunikationsstätten, wo Teetrinker plaudernd ihre Zeit verbrachten.
In der Ming- und der Qing-Dynastie bis zur Periode der neueren Geschichte Chinas hat die Teehauskultur weitere Fortschritte gemacht. In Verbindung mit der jeweils regionalen Kultur bot die Teehauskultur ein facettenreiches Bild.
Die Sichuan-Kultur und die Teehäuser in Sichuan
Sichuan ist seit alters her die Heimat guter Teesorten, und die Sichuaner sind bis heute leidenschaftliche Teetrinker. Ein geflügeltes Wort in Sichuan lautete:"Selten hat man über dem Kopf einen heiteren Himmel, doch immer hat man ein Teehaus vor Augen." Für die Teehaus-Kultur war einst besonders Chengdu bekannt. Neben großen Teehäusern mit einigen hundert Plätzen gab es hier viele kleine mit nur ein paar Tischen. Die Teehäuser in Sichuan zeichneten sich durch stilvolle Fassaden und erlesene Teegeschirre aus. Zur Ausstattung eines typischen Teehauses gehörten Teekannen aus Purpurkupfer, Zinnuntertassen und Schalen mit Deckelchen aus Jingdezhen-Porzellan. Geschickte Teemeister bedienten die Gäste.
Sichuan war schon in der alten Zeit kulturell weit fortgeschritten. In der Periode der Drei Reiche gründete Liu Bei mit Hilfe von Zhuge Liang in Sichuan das Reich Shu. Er trug damit wesentlich zur Entwicklung der Sichuan-Kultur bei und weckte bei den Einwohnern das Interesse für Staatsangelegenheiten. Aufgrund seiner topographischen Lage war Sichuan von der Außenwelt fast völlig abgeschnitten, und so war es für die Sichuaner bis in die neuere Geschichte schwierig, sich über die Lage des ganzen Landes zu informieren. Deshalb ging man ins Teehaus nicht nur, um den Durst zu löschen, sondern vor allem, um den Informationshunger zu stillen und anderen die eigenen Neuigkeiten mitzuteilen. Lebhafte Unterhaltungen und Diskussionen fanden in den Teehäusern statt. Manche Leute gingen gleich nach dem Aufstehen ins Teehaus, tranken dort ihren Morgentee und aßen Frühstück, und anschließend unterhielten sie sich über alle möglichen Angelegenheiten.
Die innere Ausstattung der Teehäuser war nicht besonders elegant, aber locker und gemütlich. Neben Tischen und Stühlen gab es Liegestühle aus Bambus. Sitzend oder liegend, wie man wollte, trank man Tee. Gleich beim Eintritt wurden die Kunden von Teemeistern und Gesellen herzlich begrüßt, und dann wurde zügig Tee serviert. Die Kanne in der rechten Hand haltend und mit der linken Hand das Deckelchen abnehmend, schenkte der Teemeister flink den Tee in die Schale ein. Im Handumdrehen war ein Dutzend Schalen durch mehrere Runden gefüllt, das heißt, eine Schale wurde durch mehrmaliges Einschenken voll gefüllt, ohne dass ein einziger Wassertropfen vergossen worden war. Das war eine anmutige, rhythmische Kunstfertigkeit.
Man trank gern Tuo-Tee, einen festgepressten, besonders ausgiebigen Tee. War von frühmorgens bis mittags immer wieder aufgegossen worden, so sagte man beim Abschied:"Herr Teemeister, heben Sie meine Schale Tee auf, nachmittags komme ich wieder." Die Sichuaner waren schon immer zungen- und schlagfertig, und ob unter Freunden oder mit Fremden, ob über große Angelegenheiten oder Banalitäten, man redet gern und viel. So waren die Teehäuser in Sichuan stets in erster Linie ein "Informationstreff".
Ferner erfüllte das Teehaus in Sichuan noch eine Sonderfunktion, nämlich die eines "inoffiziellen Gerichtshofes". Kam es zu Streitigkeiten zwischen einfachen Leuten aus dem Volk, so konnten die Betroffenen im Teehaus "Anklage" erheben. Die Ortsmächtigen wie Gemeindevorsteher, Landadel oder Bandenführer fällten dann die "Urteile". Ob diese immer gerecht waren, steht auf einem anderen Blatt. Zumindest erwarteten die kleinen Leute von solchen Schlichtungen im Teehaus Gerechtigkeit. Man sieht, dass die gesellschaftlichen und politischen Funktionen der Teehäuser in Sichuan ausgeprägter waren als anderswo im Land.
Zum Teil waren die Teehäuser in Sichuan auch Betätigungsstätten der Literaten. Manche Schriftsteller liebten es, dort ihre Bücher zu schreiben, sozusagen die "Stille in der Betriebsamkeit zu suchen". Ohne Teehäuser fehlten ihnen Inspirationen. An den Markttagen wurden Teetische der Straße entlang aufgestellt. Dort konnte man sich dann eine Sichuan-Oper oder ein Puppentheater ansehen, Musik hören und sonstigen volkstümlichen Aufführungen beiwohnen. Teehäuser waren also auch Stätten kultureller Veranstaltungen.
Eine weitere Funktion der dortigen Teehäuser wird oft außer Acht gelassen, nämlich die einer Art "Wirtschaftsbörse". Geschäftsabschlüsse wurden hauptsächlich dort getätigt. In Chengdu gab es Teehäuser, die vorwiegend dem Handel dienten. In Extraräumen für Geschäftsleute wurde bei Tee und Gebäck verhandelt, und bei Bedarf konnten festliche Tafeln eingerichtet werden. Um den Preis über Kauf oder Verkauf von Beamtentiteln wurde hier ebenfalls gefeilscht. Teehäuser in Dörfern dienten hauptsächlich als Begegnungsstätten für Händler.
Kurz gesagt, die Teehäuser in Sichuan hatten politische, wirtschaftliche und kulturelle Funktionen und regelten in gewisser Weise das gesellschaftliche Leben. Die gesellschaftlichen Funktionen der Teekultur gingen durch die Teehäuser in Erfüllung, auch wenn diese nicht so vornehm ausgestattet waren.
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