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(GMT+08:00) 2004-01-12 20:29:59    
Chinesische Dialekte und Hochsprache

CRI

M: Sag mal, Tan Lei, Du kommst doch aus der ostchinesischen Stadt Nanjing, oder? F: Ja, warum? M: Wird in Deiner Heimatstadt, die ja über Tausend Kilometer von Beijing entfernt liegt, sprechen die Leute doch sicher anders, als hier in Beijing? F: Wieso - sie sprechen natürlich Chinesisch, oder meinst Du den Dialekt? Na ja, den gibt es natürlich, und zwar den Nanjing-Dialekt. Und eigentlich hat fast jeder Landesteil Chinas seinen eigenen Dialekt. M: Was ja eigentlich für ein so großflächiges Land wie China kaum verwunderlich ist. Große Entfernungen, mitunter komplizierte Oberflächenstruktur, es gab und gibt also tatsächlich die vielfältigsten Dialekte. Und genau danach hat unser Hörer Günter Spiegelberg aus Güstrow gefragt. Und er wollte auch wissen, welche Sprache denn nun in China am meisten gesprochen wird. F: Ok, dann gehen wir in unserer heutigen Rubrik "Sie fragen, wir antworten" mal auf diese beiden Fragen unseres Hörers Günter Spiegelberg ein. M: Sag mal, Tan Lei, weißt Du eigentlich, wie viele Dialekte es in China insgesamt gibt? F: Ehrlich gesagt, nicht ganz genau. Da muss ich aber dazu sagen, dass es eigentlich in jeder Sprache Dialekte gibt. Hinzu kommt außerdem, dass in China insgesamt 56 Nationalitäten leben, deren eigene Sprachen mitunter auch sonderbare Mischungen mit der chinesischen eingehen, und dann kommen eben die Unterschiede in früher ziemlich abgeschiedenen Landesteilen hinzu. Es ist also wirklich sehr schwer, einen exakten Überblick über das Dialektsystem in China zu geben. Deshalb bleiben wir bei all dem Sprachgewirr am besten bei der größten Nationalität in China, nämlich den Han-Chinesen, und ihrer Sprache und den jeweiligen Dialekten. Und dafür habe ich einen Experten eingeladen, nämlich Herrn Yuan Zhongrui von der Hauptabteilung für Chinesische Sprache und Schrift beim Bildungsministerium. Er weiß genauer, wie viele Dialekte es im Han-Chinesischen gibt: "Die Dialekte der Han-Nationalität sind wie bei vielen anderen großen Völkern der Welt sehr kompliziert. Sie lassen sich im großen und ganzen in zwei Gruppen unterteilen, nämlich in nördliche und südliche Dialekte. Die südlichen Dialekte sind weiter in 6 Dialekt-Untergruppen gegliedert. Also, insgesamt gibt es in China 7 große Arten Dialekte der Han-Nationalität. Dabei betreffen die nördlichen Dialekte mehr als 70% des Landes und seiner Bevölkerung."
M: Das heißt also, dass sich die Dialekte der chinesischen Sprache am ehesten nach deren geografischer Verteilung ordnen lassen? F: Ja und auch wieder nicht ganz. Laut Herrn Yuan werden die nördlichen Dialekte selbstverständlich in ganz Nordchina gesprochen, aber eben auch in den südwestlichen Gebieten südlich des Jangtse, also beispielsweise in den Provinzen Yunnan, Guizhou, Sichuan, Hubei sowie im Autonomen Gebiet der Zhuang-Nationlität Guangxi. Daneben sind in den südöstlichen Gebieten südlich des Jangtse auch die südlichen Dialekte verbreitet - besonders in den Provinzen Jiangsu, Zhejiang, Hunan, Guangdong, Fujian sowie in der regierungs-unmittelbaren Stadt Shanghai. M: Inwieweit können sich denn die Leute aus den verschiedenen Landesteilen mit ihren Dialekten untereinander verständigen? Anders gefragt - wie groß können die Unterschiede zwischen diesen Dialekten sein? F: Oh, furchtbar groß! Nach den Worten von Herrn Yuan haben die einzelnen Dialekte der Han-Nationalität durchschnittlich eine 2000-jährige Geschichte, aber in dieser langen Geschichte kam es auch zu diversen Bevölkerungswanderungen. Deshalb können zwei Dialekte, die zwar in benachbarten Gebieten gesprochen werden, durchaus völlig unterschiedlich sein. Oder umgekehrt: Leute in weit voneinander entfernt liegenden Gebieten können unter Umständen sehr ähnliche oder fast gleiche Dialekte benutzen. M: Ja, das stimmt. So können sich beispielsweise in der südöstlichen Küstenprovinz Fujian die Einwohner der Provinzhauptstadt Fuzhou kaum mit den Leuten aus der nicht einmal 400 Kilometer entfernt liegenden Küstenstadt Xiamen in der gleichen Provinz verständigen. Wohlgemerkt, solange sie Dialekt sprechen. Wenn sie schreiben, klappt es, denn sie benutzen ja die gleichen Zeichen, und außerdem wird ja seit Jahren landesweit an den Schulen Hochchinesisch - also Putonghua oder auch Mandarin ? unterrichtet. F: Richtig. Die Einführung einer allgemeinen Standardsprache war einfach nötig. Aber ich glaube, in China war diese Aufgabe ganz besonders schwierig.
M: Ja, wobei man nach den Worten von Yuan Zhongrui in China eigentlich schon sehr früh mit Versuchen begonnen hat, eine einheitliche Hochsprache landesweit festzulegen und zu verbreiten: ?Da sich die Dialekte der Han-Nationalität so sehr unterscheiden und die Kommunikation der Einwohner sehr beeinträchtigten, gab es historischen Dokumenten zufolge schon vor mehr als 2000 Jahren eine landesweite gemeinsame Nationalsprache. Die wurde in verschiedenen Perioden teils als 'Ya-Yan', also auf Deutsch 'Gehobene Sprache', oder 'Tong-Hua', also 'Allgemeine Sprache', oder auch 'Guan-Hua', 'Offizielle Sprache' genannt. Seit der Gründung der Volksrepublik China 1949 gilt 'Pu-Tong-Hua' als die amtliche Hochsprache."
F: So, und was ist nun "Pu-Tong-Hua", also die Hochsprache, genau? M: Als wichtigster Standard der chinesischen Hochsprache der Han-Nationalität gilt seit der Yuan-Dynastie im 13. Jahrhundert die Aussprache nach dem Beijinger Dialekt, weil die Stadt Beijing, die damals noch "Dadu" hieß, die Hauptstadt Chinas war. Seither wird die landesweite Verbreitung dieser Beijinger Hochsprache durch die jeweiligen Regierungen stark gefördert. F: Aber es gab ursprünglich nur einen groben Standard der Aussprache für Hochchinesisch, und es gab eben weder Radio, noch Fernsehen, noch Film. Wann also genau wurden nun verbindliche und nachprüfbare Standards für die Hochsprache definiert?
M: Dazu noch einmal Herrn Yuan Zhongrui: ?Nach der Gründung der Volksrepublik 1949 hat die Regierung nach Auswertung entsprechender Forschungsergebnisse festgelegt, dass der Beijinger Dialekt als chinesische Hochsprache gilt und der Standardwortschatz aus dem Grundwortschatz der nördlichen Dialekte übernommen wird. Die Grammatik sollte sich am hohen Niveau der ausgezeichneten zeitgenössischen Literatur orientieren. So wurde die Hochsprache nach Phonetik, Vokabular und Grammatik standardisiert."
F: Dazu ergänzte Herr Yuan, dass mit der landesweiten Verbreitung der Hochsprache gleich nach ihrer Standardisierung begonnen wurde. In den 90er Jahren wurde die Popularisierungskampagne intensiviert. Im Jahr 2000 wurde ein Gesetz über die Anwendung der allgemeinen Amts-Sprache und -Schrift veröffentlicht, das die Stellung der Hochsprache Pu-Tong-Hua auch rechtlich fixiert. Dazu noch einmal Yuan Zhongrui von der Hauptabteilung für Chinesische Sprache und Schrift beim Bildungsministerium: "Die chinesische Regierung hat den Schwerpunkt der Verbreitung der Hochsprache zuerst auf die Städte gelegt. Und zwar vor allem in den Bildungseinrichtungen, in den administrativen Behörden der Regierungen, bei Rundfunk und Fernsehen sowie in den öffentlichen Dienstleistungseinrichtungen. Dann wird sich diese Kampagne langsam auf die ländlichen Gebiete ausdehnen. Konkret werden folgende Maßnahmen ergriffen: Erstens werden die Sprachfertigkeiten der Beschäftigten in diesen Bereichen regelmäßig geprüft und qualifiziert. Dazu gehören u.a. Lehrer, Moderatoren bzw. Ansager, aber auch Funktionäre sowie öffentliche Angestellte. Zweitens gilt alljährlich seit 1998 die 3. Septemberwoche als landesweite Woche der Popularisierung der chinesischen Hochsprache."
M: Nach all den Bemühungen in den letzten Jahren müssten doch sicher in diesem Bereich messbare Ergebnisse erzielt worden sein, oder? F: Ja sicher. Nach Angaben von Herrn Yuan haben inzwischen landesweit mehr als 10 Millionen Leute die Hochspracheprüfung absolviert. Außerdem kann ein Dutzend Städte landesweit Anfangserfolge bei der Verbreitung der Hochsprache Pu-Tong-Hua vermelden. Dazu gehört, dass in allen Schulen dieser Städte auf Hochchinesisch unterrichtet und in der Öffentlichkeit auch Hochchinesisch gesprochen wird. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 50 Prozent aller chinesischen Stadtbewohner die Hochsprache beherrschen. M: Das ist ja eigentlich schon was. Denn China war ja lange Zeit ein rückständiges Agrarland mit einer vorwiegend bäuerlichen und wenig gebildeten Bevölkerung. Das und fehlende Medien machten es ja nicht leichter, eine Standardsprache zu verbreiten. F: Ja, eben. Aber wie so vieles ist auch hier alles in Bewegung geraten, und so beurteilt Herr Yuan die Perspektiven der einheitlichen Hochsprache in China durchaus optimistisch. Er ist nämlich sicher, dass das Ziel realistisch ist, die Verbreitung der Hochsprache im Jahr 2010 auf 70% zu erhöhen. M: Das würde ja heißen, dass künftig die meisten Chinesen tatsächlich Hochchinesisch sprechen.