Chinesische Feuerwehrleute verschwenden einen großen Teil ihrer kostbaren Dienstzeit bei unwichtigen Einsätzen. Laut Li Jin, Chef der Feuerwehr in Peking, werden die Rettungskräfte bei rund der Hälfte aller Notrufe wegen vergleichsweise kleiner Problemchen, wie davongelaufenen Haustieren oder verlorenen Autoschlüsseln angefordert. „Unsere Aufgabe sollte darin bestehen, bei echten Desastern zur Stelle zu sein: Verkehrsunfälle, Brände, Erdbeben. Gefahren, die Menschenleben bedrohen. Aber unser Alltag sieht anders aus", beklagt Li.
Eine Umfrage der Pekinger Feuerwehr hat ergeben, dass mehr als ein Fünftel der Befragten die Notrufnummer 119 wählen, wenn sie ihren Wohnungsschlüssel verlieren. „Unnötige Notrufe sind eine große Verschwendung unserer Kapazitäten. So kann es sein, dass wir Einsätze verpassen, bei denen man unsere Hilfe wirklich benötigt", sagt Li.
Anfang September rief eine Frau bei der Pekinger Feuerwehr an, die ihren einjährigen Sohn versehentlich im Auto eingeschlossen hatte. Allerdings durften die Rettungshelfer das Fenster nicht einschlagen und waren gezwungen einen Schlüsseldienst für die Mutter zu finden. Bei anderen Einsätzen haben die Feuerwehrmänner einem entlaufenen Wiesel hinterhergejagt oder auch mal einen Affen (!) von einem Baum geholt.
Seit Ende Juli hat die Pekinger Feuerwehr mehr als 3.100 Anrufe von Einwohnern erhalten, die sich selbst aus ihrer Wohnung ausgeschlossen hatten. Genauso viele Notrufe kamen herein, weil Einwohner ihre Haustiere nicht mehr finden konnten oder weil ein Ring am Finger festklemmte. „Wir haben in diesem Jahr bereits 256 Ringe aufschneiden müssen. Wegen der viele Einsätze haben wir sogar ein spezielles Gerät dafür gebaut", so der Feuerwehrchef.
Man könnte fast schon darüber schmunzeln, wenn es nicht auch bei diesen vermeintlich unbedeutenden Einsätzen zu lebensgefährlichen Situationen käme. „Einer meiner Mitarbeiter ist vom Baum gefallen und tödlich verunglückt, als er einen Bienenstock entfernte sollte", erzählt Li Jin.
Um die Feuerwehr zu entlasten, fordern Experten, dass professionelle Firmen und ehrenamtliche Organisationen in die Notrufplattform 119 integriert werden. „Zunächst aber muss man die Rolle der Feuerwehr im Gesetz definieren, um eine klare Grenze zwischen echtem Notfall und alltäglichen Problemen zu ziehen", so Kang Qingchun, Professor an der Chinese People's Armed Police Force Academy.