Tibet ist für viele Menschen ein Mysterium. Zwischen den zahlreichen geheiligten Schneebergen befinden sich zahlreiche abgeschiedene Klöster, in denen die Lamas sich ganz dem Buddhismus verschrieben haben. Wie leben junge Lamas in Tibet? Wie stark wird das Leben der Lamas vom schnellen Tempo der Außenwelt beeinflusst? Sicher sind Sie schon neugierig. Im folgenden Beitrag stellen wir Ihnen das Leben von Jamyang Jinpa, einem Lama im bekannten Sakya-Kloster, vor.
Jeden Morgen liest der 21-jährige Lama Jamyang Jinpa im Sakya-Kloster Gebete vor. Damit beginnt sein Tag. Das Sakya-Kloster liegt 148 km von Xigaze entfernt und ist das Hauptkloster der Sakya-Strömung des tibetischen Buddhismus. Das Kloster ist berühmt unter dem Namen „Zweites Dunhuang", also als eine einst verborgene Schatzkammer buddhistischer Schriften.
„Ich heiße Jamyang Jinpa. Im Jahr 2005 begann ich mein Leben im Sakya-Kloster. Nachdem ich zwei Jahre die Schriften des Buddhismus gelernt habe, habe ich die Prüfung abgelegt und mich zum Buddhismus bekehrt. Wir stehen jeden Tag um halb Sieben auf, und dann lesen bis neun Uhr die Gebete vor."
Nach der Vorlesung beginnen die Lamas mit ihrer Arbeit im Kloster. Für jeden Arbeitsbereich sind Lamas zuständig, beispielsweise für das Putzen, die Verwaltungsarbeit oder für die Ausbildung.
Jamyang Jinpa spricht Mandarin, deswegen ist es seine Aufgabe, den Touristen die Geschichte des Sakya-Klosters vorzustellen.
Normalen Jungen in seinem Alter wollen in der Freizeit meistens Computer spielen oder Fernsehen. Im Vergleich zu ihnen ist für Jamyang Jinpa das Lesen sein größtes Interesse.
„In meiner Freizeit lese ich Bücher und schreibe Aufsätze. Neben den buddhistischen Schriften habe ich noch viele Bücher über Geschichte, Geographie und Religion gelesen. Durch Bücher kann ich mehr von der Welt kennen lernen."
Das Lernen gilt als wichtigster Teil des Alltagslebens eines Lamas. Jamyang Jinpa betrachtet das Lernen, Verstehen und Anwendung der buddhistischen Lehrsätze als Lebensaufgabe. Jeden Tag müssen die Lamas aus dem Sakya-Kloster ihren Lehrern darüber berichten, was sie gelernt haben.
„In unserem Kloster haben wir jeden Abend eine Prüfung über die buddhistischen Texte. Wenn die Lehrer mit unserer Leistung unzufrieden sind, werden wir bestraft."
Jamyang Jinpa teilte mit, nachdem er sich zum Buddhismus bekehrt wurde, hat er sich sehr geändert. Durch das Studium buddhistischer Texte hat er nach und nach seinen Seelenfrieden gefunden.
„Ich habe mich sehr verändert. Früher war ich beispielsweise sehr aufgeregt, wenn ich geschimpft wurde. Ich ärgerte mich und stritt oft mit anderen Leuten. Aber jetzt habe ich Toleranz und Demut gelernt. Was man denkt, entscheidet darüber, was man tut."
Vor den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatten die Lamas in Tibet wegen der schlechten Verkehrsverbindung nur wenig Kenntnis über die Außenwelt. Heutzutage reisen immer mehr in- und ausländische Touristen nach Tibet. Tibet wurde auch bekannter in der Welt. Mit der Verbreitung von Internet und Smartphone hat sich das Leben der Lamas sehr stark verändert. Die meisten Lamas haben ihre eigenen Handys. Für Jamyang Jinpas hat diese Veränderung zwei Seiten.
„Früher hatten wir keine Handys. Damals konnten wir unsere Aufmerksamkeit auf Gebete und das Lernen der buddhistischen Dokumente lenken. Jetzt ist das Handy besonders für die jungen Lamas eine starke Ablenkung. Doch es hat auch Vorteile, zum Beispiel kann man mit seiner Familie in Kontakt bleiben, Nachrichten lesen und man kann mehr von der Welt kennen lernen."
Jamyang Jinpa möchte lernen und nach der unbekannten Welt suchen.
„Es ist meine Entscheidung, Lama zu sein. In Zukunft möchte ich Fremdsprachen lernen. Zuerst verbessere ich mein Mandarin, und danach lerne Englisch, weil Englisch eine gemeinsame Sprache ist. Immer mehr ausländische Touristen besuchen nun unser Kloster. Ich lerne jetzt selbst Englisch, damit ich ihnen besser unser Kloster und die Geschichte Tibets vorstellen kann."
Jeder Mensch steht im ganzen Leben vor vielen Entscheidungen. Für die Lamas in Tibet, wie Jamyang Jinpa, bedeuten Ruhm und Reichtum nichts. Die Lamas haben einen ruhigen Lebensweg gewählt, der ihnen hilft, im nächsten Leben Glück zu finden.