Taubenpfeifen – Eine akustische Erinnerung an das Alte Beijing
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Taubenpfeifen hallen über die Dächer der viereckigen Wohnhöfe – eine typische Szene im alten Beijing. Der Ton der Taubenpfeifen diente dazu, den Schwarm zusammenzuhalten und Raubvögel abzuhalten.
Eine chinesische Legende zum Ursprung der Taubenflöten besagt, dass die Flöten von Mönchen erfunden worden seien, um anzuzeigen, wann eine Brieftaube im heimischen Schlag mit Post eintraf. Ein akustischer Alarm also, dass wichtige Nachrichten eingetroffen waren. Die Flöten seien auf der Unterseite vom jeweiligen Hersteller gekennzeichnet gewesen. Signiert wird auch heute noch, wenn auch nicht mehr von Mönchen.
Taubenflöten werden bis heute hauptsächlich aus Schilf, Bambus und Flaschenkürbis gefertigt. Dabei dient das Schilf zur Herstellung der Röhrchen, während der Bambus für die Pfeifenöffnung und -körper verwendet wird. Da die Innenwände der Pfeifenkörper sehr dünn abgeschabt werden, haben die Taubenflöten ein extrem leichtes Gewicht. So wiegt eine große lackierte Taubenpfeife nur sieben bis acht Gramm.
Die Produktion von Taubenflöten ist sehr arbeitsaufwendig. Ein geübter Baumeister kann pro Tag zirka drei komplette Flöten herstellen.
Züchter lassen flötentragende Tauben nur zu bestimmten Jahreszeiten fliegen. Dazu erklärt der erfahrene Taubenpfeifen-Hersteller He Yongjiang:
"Erst nach dem 15. Tag des achten Monats nach dem chinesischen Mondkalender bzw. vor dem 15. Tag des dritten Monats lässt man Tauben Pfeifen tragen. Den Sommer über wäre es für die Tiere eine Qual."
He Yongjiang zufolge sind die heiteren Tagen nach dem Herbstregen bzw. nach dem Winterschnee die schönsten für einen Ausflug der flötentragenden Tauben. Dann ist der Himmel azurblau und die Luft kühl.
In Hes viereckigen Wohnhof werden 20 bis 30 Tauben gezüchtet. In dieser Menge ist dies heute eine Besonderheit in der chinesischen Hauptstadt, wie He erklärt:
"In Beijing wohnen Taubenzüchter normalerweise in ebenerdigen Häusern. Etagenhäuser sind für die Taubenzucht ungeeignet. Denn halten sich die Tauben am Balkon der Nachbarn auf, kommt es häufig zu Streitereien. Deshalb werden in Beijing immer weniger Tauben gezüchtet. So wird auch die Herstellung von Taubenpfeifen bald verloren gehen. Die Jugendlichen von heute haben kein Interesse mehr an dem Handwerk, weil es kein Geld einbringt."
Erfreulicherweise ist die Technik der Taubenpfeifen-Herstellung unlängst in die Liste des immateriellen Kulturerbes des Bezirks Dongcheng aufgenommen worden. Eine Chance für den 65-jährigen Taubenpfeifen-Hersteller He Yongjiang, seine Technik an die kommende Generationen weiterzugeben.
Verfasst von Xiao Lan
Gesprochen von Lu Ming