Endlich regnet es in Kunming, Hauptstadt der Provinz Yunnan. „Über Nacht wurde die Stadt von einem Glutofen zu einem Wasserbecken", schreibt ein Bewohner auf Weibo. Derartige Regenfluten hat Südwestchina seit Jahren nicht mehr erlebt. Allein am 19. Juli betrug die durchschnittliche Niederschlagsmenge 190 Millimeter, mehrere Stadtteile von Kunming wurden überschwemmt. PKWs, Taxis und mehr als 200 Busse standen unter Wasser. Die halbe Stadt wurde lahmgelegt. „Ich bin um 7 Uhr losgefahren und kam erst um 11 Uhr an meiner Arbeitsstelle an. Dort fand ich meine Firma überflutet vor. Nun muss ich wieder zurückfahren", beklagt sich eine Pendlerin.
„Das Entwässerungssystem der ganzen Stadt hat versagt", gestand Zhao Sidong, Chef des lokalen Entwässerungsunternehmens. Sogar Hochstraßen sind überflutet.
Doch nicht nur das Entwässerungssystem hat versagt. „Kunming hat über vieles nachzudenken", gab sich Bürgermeister Li Wenrong selbstkritisch. „Hätte man die Bürger frühzeitig gewarnt, wäre das Chaos auf den Straßen nicht so schlimm", sagte Geologe Fei Xuan auf einem Symposium nach dem Platzregen.
Das Drama in Beijing vor einem Jahr hat sich nun im 2.100 Kilometer entfernten Kunming wiederholt. Die sintflutartigen Regenfälle seien auf den Klimawandel und Fehlplanung zurückzuführen, meinen Meteorologen. Der hohe Stromverbrauch, die zunehmende Bevölkerungsdichte und die Masse an Fahrzeugen führten dazu, dass die Luft über den Städten viel wärmer sei, was oft unerwartet starken Platzregen zur Folge habe. Was das Problem noch verschlimmere sei, dass „eine beeindruckende Skyline für die Stadtplaner viel mehr zählt als ein intaktes unterirdisches Kanalsystem", sagte Wasserwirtschaftsexperte Zheng Xiaoyun der Nachrichtenagentur Xinhua.
Doch die Probleme gibt es nicht nur in Südwestchina. Wohl kein anderes Wort tauchte im Juli so häufig in den Schlagzeilen auf wie „Regenflut". In der nordostchinesischen Provinz Jilin mussten wegen der Regenfluten 15 Dörfer umgesiedelt werden. Der Starkregen hatte am 18. Juli 58 Hektar Ackerland überschwemmt. Brücken brachen zusammen, Deiche wurden aufgeweicht. In der benachbarten Provinz Liaoning wurden mehr als 50 Stauseen überflutet. Der Kampf gegen das Unwetter ist noch längst nicht zu Ende.