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Viele der Passagiere in dem überfüllten Zug nach Beijing sind junge Uni-Absolventen wie Liu Xiaohong (24). Sie stehen in den Gängen. Die drückende Hitze macht der studierten Graphikdesignerin nichts aus. Liu hat andere Sorgen: „Ich habe nie damit gerechnet, dass ich keinen Job finde. Nach der Teilnahme an einigen Jobmessen in meiner Heimat Changchun und anderen Städten bin ich verzweifelt." Je mehr Jobbörsen sie besuchte, desto weiter öffnete sich die Kluft zwischen Realität und Wunschdenken.
Im Juli strömen sieben Millionen Uni-Absolventen neu auf den Arbeitsmarkt, so viele wie noch nie zuvor. Noch schlimmer: Chinas Wirtschaft verlangsamt sich. Die Härte der Jobsuche wird direkt auf Studenten übertragen. Qiu Xue (21) ist im sechsten Semester und macht sich Sorgen um ihre Zukunft: „Ich werde nervös, wenn ich daran denke, dass einige sehr gute Absolventen meiner Hochschule immer noch keine Arbeit gefunden haben." Für einen besseren Start will Qiu in den Sommerferien ein Praktikum machen und hat sich bisher erfolglos bei diversen Firmen beworben. „Du kriegst einfach keine Praktikumsstelle, geschweige denn einen Job", klagt die Studentin erschöpft.
Bestimmte Hauptfächer hatten es in der Vergangenheit leichter, Maschinenbau zum Beispiel. Aber das ist laut einem Vertrauenslehrer einer Hochschule in Dalian nicht mehr aktuell: „Einige Fabriken, die früher viele unserer Studenten beschäftigten, gingen in diesem Jahr pleite. Und einige japanische Unternehmen in Dalian bauen Stellen ab."
Während die jungen Akademiker beunruhigt in einem langen Bewerbungsmarathon stecken, suchen Unternehmen, vor allem private, kleine und mittelständische, händeringend Facharbeiter. Wer in Shanghai als Kurier oder Lieferant Waren ausfährt, kann umgerechnet im Monat 600 Euro verdienen. Diese Jobs sind für junge Hochschulabsolventen aber nicht attraktiv.
Yang Weiguo, stellvertretender Direktor des Chinesischen Instituts für Beschäftigungsforschung, führt das Problem auf die verfehlte Bildungspolitik zurück: Chinas Wirtschaft ist immer noch arbeitsintensiv. „Wir haben Raumschiffe und Supercomputer, aber die wiegen nicht viel in der heutigen Wirtschaftsstruktur. Warum soll ein Student für eine Arbeit eingesetzt werden, die man in einigen Tagen erlernen kann?"
Chinas Bildungspolitik und Wirtschaftsstruktur müssten sich nach Experten einander anpassen. Das braucht Zeit. Aber schon in einigen Monaten strömen die nächsten sieben Millionen Jobsuchenden aus ihren Unis auf den Arbeitsmarkt.