Noch haben Wissenschaftler und Spezialisten keine schlüssige Antwort auf die Frage gefunden, woher das Vogelgrippevirus H7N9 eigentlich kommt, das in China mindestens 21 Todesopfer gefordert hat. Mittlerweile ist eine Gruppe von acht Epidemiologen nach China gereist, die internationalen Fachleute sollen gemeinsam mit ihren chinesischen Kollegen versuchen, das Rätsel der Viren zu lösen.
„Es belastet mich einfach sehr, wenn ich dauernd an die Grippe denke. Bei Spaziergängen mache ich einen großen Bogen um ihre Wohnung und putze meine eigene öfter", beklagte sich ein 62-Jähriger, als in seinem 3.000-Seelen-Dorf in einem Pekinger Vorort ein 7-jähriges Mädchen an H7N9 erkrankte.
Erstmals wurde das neue Virus in Shanghai gesichtet, dort wurde der erste H7N9-Fall gemeldet. Seitdem breitet sich das Virus immer weiter aus: Zuerst in die Nachbarprovinzen Jiangsu, Zhejiang und Anhui, dann nach Henan in der Mitte Chinas und nach Peking im Norden des Landes.
Die Quarantänebehörden der Hauptstadt sind in Alarmbereitschaft: Die Wohnung und die Nachbarschaft der Patientin in einem Vorort von Peking werden im 8-Stunden-Rhytmus rund um die Uhr mit Desinfektionsmitteln besprüht. Der Zugang zum Dorf wird streng überwacht. Fahrzeuge und Fußgänger werden untersucht, ob sie Geflügel mitführen. Als besondere Risikogruppe gelten Beschäftigte in der Geflügelindustrie: Bauern, Fleischer oder Verkäufer. Im Durchschnitt werden täglich 1.600 Halsabstriche getestet: Man setzt alles daran, eine Pandemie zu verhindern.
Das Virus hat die alltäglichen Gewohnheiten der Chinesen verändert – vorübergehend wenn nicht immer. 63 Prozent sagen, sie verzichten auf Hühnerfleisch, 54 Prozent tragen regelmäßig Schutzmasken und waschen sich öfter die Hände. 40 Prozent vermeiden Geflügelmärkte oder Orte, an denen sich Menschenmassen sammeln.
Die wirtschaftlichen Schäden der Geflügelindustrie sind immens und belaufen sich schon auf 1,6 Mrd. Euro. Der Preis von Hühnerfleisch ist von 1,5 Euro pro Kilo auf 37 Cent gesunken. Geflügelhändler Xia Maochun aus Shanghai zum Beispiel musste seinen Stand vorerst schließen. Er müsse Gemüse und Obst transportieren, um die schwierige Zeit zu überbrücken, klagt er. Und Inlandstouristen wie Zhang Yajun haben ihre gebuchte Reise ins Jangtse-Delta storniert: „Ich bin besorgt und weiß nicht, ob das Essen dort sicher ist. In diesem Jahr reise ich nicht mehr nach Shanghai."
Wann das Virus unter Kontrolle gebracht wird, kann kein Wissenschaftler mit Sicherheit sagen. „Das Schlimmste ist, dass man nie weiß, wann und wie ein Virus mutiert. Der Wettlauf zwischen Medizinern und Viren ist längst nicht beendet", sagte Impfungsforscher Yang Weizhong.