Wir über uns Kontakt Jobs Fragen? Archiv
Ohne Arme zum Kalligrafie-Meister
  2013-04-05 15:46:38  CRI

Ein riesiger, mit unterschiedlichen Mal- und Schreibpinseln bedeckter Tisch, erstreckt sich durch das halbe Wohnzimmer von Tang Zhanzhong. Das Ein-Zimmer-Appartement in Beijing ist nicht nur Zuhause des 32-jährigen, sondern dient ihm auch als Atelier. Sein Handicap, ohne Arme geboren zu sein, hielt ihn vor rund 25 Jahren nicht davon ab, sich der Kalligrafie und der Malerei zu widmen. An die Anfänge erinnert Tang sich heute mit einem Lächeln, dabei stellten ihn die ersten Malversuche mit dem Mund vor eine feuchte Herausforderung.

"Rückblickend kann ich über meine ersten Malversuche nur lachen. Normalerweise ist der Mund ja nicht zum Malen gedacht, daher habe ich mich am Anfang immer ganz schön vollgesabbert. Aber mit der Zeit habe ich gelernt Speichelfluss und Pinsel besser zu kontrollieren."

Mittlerweile schwingt er den Pinsel so gut, dass er von seinen Kunst- und kalligrafischen Werken seinen Lebensunterhalt verdient.

Die Bewohner seines Heimatdorfes in der autonomen Region der Zhuang-Nationalität Guangxi im Süden Chinas hätten diese Entwicklung wohl nicht für möglich gehalten. Vielmehr musste sich der kleine Junge mit den zwei Stummeln an den Schultern, schnell an die schiefen Blicke der Menschen gewöhnen. Manche Dorfbewohner legten seinem Vater sogar nahe, den Sohnemann abzugeben, um der armen Familie die vermeintliche Belastung zu ersparen. Doch Tangs Vater trotzte den anfänglichen Schwierigkeiten und lehrte seinen Sohn, elementare Dinge des Lebens, wie Essen, Waschen und das Fortbewegen, auf seine ganz eigenen Art und Weise zu erledigen.  

"Ich gebe zu, anfangs war ich erschrocken, dass mein Sohn so ganz anders war, als die Kinder meiner Freunde. Ihm das Laufen beizubringen war nicht einfach. Ohne Arme ist es viel, viel schwieriger. Man hat keine Balance. Meine Frau und ich haben täglich mit ihm geübt und ihn immer wieder ermuntern ohne Hilfe zu gehen."

Ohne Arme fehlt beim Gehen nicht nur die Balance, auch ein Aufstützen beim Hinfallen wird unmöglich. Narben im Gesicht und am Körper erinnern an den schmerzvollen Lernprozess, den Tang durchlaufen musste. Vom Anfang an musste er sich bei allen Tätigkeiten mit Mund und Füßen weiterhelfen. Wie geschickt er mit seinen Zehen umgehen kann, bewies er einst auf einem Markt, als er vor den Augen verblüffter Passanten, einzelne Erdnüsse auf einer Waage abwog. Was für Nichtbehinderte unmöglich erscheint, ist für Menschen ohne Arme ein ganz natürlicher Vorgang, so Tang.

"Das passiert instinktiv. Seit meiner Geburt hatte ich keine Arme, ich musste mir immer mit meinen Füßen weiterhelfen. So konnte ich alle Fertigkeiten erlernen, ganz normal wie andere Kinder. Ich habe mich selbst nie wirklich als "anders" wahrgenommen."

Als sein älterer Bruder in der Schule schreiben lernte, wollte es ihm der kleine Tang nachmachen. Mit einem Stück Kohle zwischen den Zehen kritzelte er im Boden herum. Dies brachte seinen Vater auf eine Idee, die Tangs' Leben verändern sollte.

"Als mein Vater bemerkte, wie ich mit meinen Füßen erste Worte schrieb, beschloss er mich zum Kalligrafie-Unterricht zu schicken. Vielleicht könnte ich ja irgendwann traditionelle chinesische Zweizeiler anfertigen und so mein eigens Geld verdienen. Dass ich es bis zum eigenen Atelier bringe, hat er damals bestimmt nicht im Sinn gehabt."

Von Anfang an war Tang begeistert von der Kalligrafie, und mit der Zeit kam auch sein Talent zu Tage. Mit zwölf gewann er einen nationalen Talentwettbewerb für Jugendliche mit Handicap. Tangs Geschichte ging durch die Medien und er erfuhr immer mehr Unterstützung aus der Bevölkerung. Doch das Selbststudium war dem ambitionierten Künstler irgendwann nicht mehr genug, und so studierte Tang am Kunstinstitut in Guangxi Kalligrafie, um seine Stil weiter zu verfeinern. Mittlerweile hat er seine Werke auf Ausstellungen im In- und Ausland präsentiert. Sein noch junges, aber sehr bewegtes Leben, will er in einer Autobiographie festhalten. Die tippt er auf einer Schreibmaschine, natürlich mit seinen Zehen.  

"Ich schreibe dieses Buch, weil ich mich auf diese Weise bei allen Leuten bedanken möchte, die mich auf meinem bisherigen Weg unterstützt haben. Außerdem hoffe ich, dass meine persönlichen Erfahrungen anderen Menschen helfen, ihre eigenen Ziele zu erreichen, auch wenn diese noch so unmöglich erscheinen."

Übersetzt von Kamil Wysocki

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
Meistgelesene Artikel
• Keine Lebenszeichen vom gesunkenen indischen U-Boot
• Snowdens Vater erhält Visum für Russland
• Getötete Chinesen: Afghanistan bekundet Beileid
• Vermittlungsversuche in Ägypten gescheitert
• Gipfel abgesagt: Russland enttäuscht von USA
Fotos
Luxusausstellung 2013 in Beijing eröffnet
Fotoausstellung „Chinesischer Traum - Schönes China" in Brüssel
Wiederaufbau neuer Wohnhäuser nach Erdbeben in Min
Lujiagou: Ein neues Wohngebiet mit günstigen Lebens- und Verkehrsbedingungen
© China Radio International.CRI. All Rights Reserved.
16A Shijingshan Road, Beijing, China