Immer mehr Chinesen legen sich Haustiere zu. Viele verhätscheln ihren Hund oder ihre Katze inzwischen sogar wie ihre eigenen Kinder. Für das Wohl ihrer Lieblinge ist ihnen fast nichts zu teuer – sehr zur Freude natürlich der Heimtierbranche. Noch aber geht es bei weitem nicht allen Tieren in China so gut. Der Grund: ein fehlendes Tierschutzgesetz.
Die Buchhalterin Wu Ruoyun gehört zur wachsenden Zahl von Tierliebhabern in China. Ihre Familie schenkte ihr vor einigen Jahren einen Hund, in der Hoffnung, dass sie mehr Sport treiben würde. Inzwischen hat sie nicht weniger als sechs Hunde und eine Katze.
Wu Ruoyun verhätschelt ihre Vierbeiner wie einst ihre zwei erwachsenen Kinder, die inzwischen ausgezogen sind. Dass für ihr tierisches Hobby jeden Monat fast ihr halbes Einkommen draufgeht, stört die Buchhalterin nicht. Im Gegenteil: "Sie machen mir viel Freude. Wenn ich arbeite, fühle ich mich gelangweilt und erschöpft. Sie warten jeden Tag auf mich, wenn ich nach Hause komme. Sie sind immer glücklich. Sie vertreiben meine Müdigkeit und machen mich glücklich."
Mit ihrer Tierliebe steht Wu Ruoyun in der Volksrepublik längstens nicht mehr alleine da. Allein im Jahr 2012 sollen die Chinesen für ihre Haustiere 1,2 Milliarden US-Dollar ausgegeben haben. Tendenz steigend. Bereits in den nächsten fünf Jahren soll die Zwei-Milliarden-Marke geknackt werden.
Gegen 33 Millionen chinesische Haushalte sollen mittlerweile über einen Hund oder eine Katze verfügen. Die Nachfrage nach Futter, Zubehör sowie Dienstleistungen für Haustiere boomt.
In einem Pet-Shop in Beijing können Herrchen und Frauchen ihre Lieblinge sogar waschen und trocknen lassen. Ebenfalls im Angebot ist die Zahnreinigung. Die Einstellung der Menschen zu den Tieren habe sich in den letzten Jahren stark gewandelt, erklärt Geschäftsinhaberin Yan Xiaotao: "Die Lebensbedingungen der Menschen werden immer besser. Entsprechend interessieren sich auch immer mehr von ihnen für Haustiere. Sie behandeln ihre Haustiere zunehmend wie Freunde oder Familienangehörige und nicht wie Tiere. Sie wollen schönere Dinge für ihre Lieblinge kaufen und ihnen zu einem besseren Leben verhelfen."
Am Angebot dazu fehlt es nicht. Die Palette der Produkte für die Haustierhaltung reicht von Luxus-Futter über modische Kleider bis hin zu Spielzeugen, mit denen selbst ein Kind gerne spielen würde. Hinzu kommen oftmals teure Behandlungen wie die Fellpflege oder der Besuch beim Tierarzt. Doch wenn es um das Wohl ihrer Lieblinge geht, ist den meisten Tierhaltern kein Preis zu hoch. Diesen Trend bestätigt auch die Tierärztin Liu Hui: "Früher mussten wir Veterinäre die Tierhalter noch überreden, ihre Tiere impfen zu lassen. Heute hingegen sind sie viel eher dazu bereit. Einige bringen ihre Tiere sogar regelmäßig zur Kontrolle vorbei. Das ist ein großer Fortschritt im Vergleich zu früher."
Was die Rechte der Tiere anbelangt, hat sich in China in den letzten Jahren vieles zum Guten gewendet. Trotzdem gibt es nach wie vor viel zu tun. Im Nordosten der Volksrepublik beispielsweise landen noch immer jedes Jahr unzählige Hunde im Kochtopf. Nur wenige der illegal in den Norden transportierten Hunde können vor der Schlachtung gerettet werden. Für die meisten kommt jede Hilfe zu spät – was auch damit zu tun hat, dass es in China noch kein Gesetz zum Schutz der Tiere gibt. Ein Missstand, den Zhang Xiaoqiu von der „Chinese Small Animal Protection Association" so schnell wie möglich beheben will:
"Obwohl es derzeit kein Tierschutzgesetz gibt, würde die chinesische Bevölkerung meiner Meinung nach gerne ein solches sehen. Es ist möglich, ein Gesetz gegen den Missbrauch von Tieren einzuführen. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, aber immerhin haben wir die Möglichkeit dazu."