Gaoyao in der südchinesischen Provinz Guangdong zählt lediglich 700.000 Einwohner. Trotzdem haben sich über 5.000 Hochschulabsolventen aus ganz China entschieden, hier zu arbeiten – sehr zur Freude natürlich von Feng Minqiang, dem Parteisekretär der Stadt Gaoyao:
„Allgemein gesagt, entscheiden sich immer mehr Absolventen in unserer Stadt zu arbeiten. In diesem Jahr haben wir die Bewerbungen von rund eintausend Studenten erhalten."
Gaoyao ist nur eine von vielen zweit- und drittrangigen Städten, die zunehmend ins Visier von jungen Uniabsolventen geraten.
Zheng Jiafen studiert an der Sun Yat-sen-Universität in Guangzhou. Bei Studienbeginn vor vier Jahren wollte sie unbedingt einen Arbeitsplatz in ihrer Universitätsstadt finden. An einer Jobmesse unterzeichnete sie jedoch einen Vertrag mit einer Firma aus Shantou, einer mittelgroßen Stadt vier Autostunden nördlich von Guangzhou. Ihr Meinungswandel hat einen guten Grund:
„Ich habe im Hauptfach Städteplanung studiert. In einer Stadt von zweitrangiger Bedeutung habe ich mehr Möglichkeiten."
Die meisten Uniabgänger zieht es nach wie vor in Großstädte wie Beijing, Shanghai, Guangzhou oder Shenzhen. In erster Linie, weil es in diesen Metropolen mehr Jobmöglichkeiten und höhere Gehälter gibt. Infolge der rapiden Urbanisierung hat der Konkurrenzkampf in diesen Städten aber stark zugenommen. Zudem sind die Lebenskosten massiv teurer geworden. Mittelgroße und kleine Städte bieten sich als Alternative also geradezu an.
Hinzu kommt, dass die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren auch vor diesen Städten nicht Halt gemacht hat. Die Infrastruktur, die Stadtverwaltung und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind inzwischen viel besser geworden. Das bestätigt auch Li Mingzhang, der Leiter des Zentrums zur Betreuung von Jobsuchenden an der Sun Yat-sen-Universität in Guangzhou:
„Unser Umfrageergebnis zeigt, dass sich jedes Jahr mehr Hochschulabsolventen und Doktoranden für eine zweit- oder drittrangige Stadt entscheiden."
Das Umfrageergebnis der Sun Yat-sen-Universität zeigt auch, dass die mittelgroßen und kleinen Städte im Jangtse-Delta bei den jobsuchenden Studenten derzeit am begehrtesten sind. Auf wenig Interesse stoßen hingegen Städte in Zentral- und Westchina. Stellvertretend hierfür die Aussage einer Studentin, die namentlich nicht genannt werden möchte:
„Ich denke, dass die Wirtschaften in den Städten entlang der Südostküste dynamischer sind. Es gibt dort mehr Möglichkeiten als in den Städten im Inland."
Gemäß dem Umfrageergebnis der Sun Yat-sen-Universität haben sich fast 70 Prozent der Uniabsolventen für eine Stelle in einer mittelgroßen oder kleinen Stadt an der Ostküste entschieden. Zwar zieht es auch immer mehr Studenten in rückständigere Gebiete in Zentral- und Westchina, ihre Zahl ist aber nach wie vor relativ klein.
Übersetzt von: Liu Xinyue
Gesprochen von: Liu Yuanyuan