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Chinesen fordern gerechtere Verteilung der Einkommen
  2013-03-06 08:40:58  cri

Laut einer Online-Umfrage der Zeitung Renmin Ribao vom März zeigen sich 98 Prozent der Chinesen unzufrieden mit der immer größeren Schere zwischen Arm und Reich. Ein Drittel der über 700.000 Befragten meinte, dass die Lohnsteigerungen kaum mit dem Wachstum des Landes mithalten. Jeder Fünfte hält die Einkünfte in einigen Monopolbranchen für viel zu hoch, während beinahe die Hälfte aller Befragten stärkere Kontrollen der so genannten grauen Einkünfte von Beamten fordert.

Auch Internetuser melden sich zu Wort:

„Mich betrifft am meisten die Frage der Einkommensverteilung. Ich bin Arbeitslos und bekomme monatlich nur 600 Yuan vom Staat, die bei den steigenden Preisen gar nicht ausreichen."

„Ich bin Arbeiter. Der Einkommensunterschied zwischen den verschiedenen Industriezweigen ist selbst bei einfachen Arbeitern gravierend. Manche Arbeiter verdienen im Monat 900 Yuan, andere aber 6.000 Yuan."

„Der Grundgehalt für Schullehrer beträgt immer noch 680 Yuan. Das hat man vor ewigen Jahren festgesetzt und bis heute nie geändert. Die Lehrkräfte auf dem Lande müssen einfach mehr verdienen. Und es muss viel mehr für ihre Wohnbedingungen und ihre Krankenversicherung getan werden."

Bis zum Beginn der Reform und Öffnung nach außen 1978 waren die Chinesen in der Planwirtschaft fast alle gleich – nämlich bedürftig. Mit der Reformpolitik wurde dann der Zugang für ausländische Investoren erleichtert und einheimische Existenzgründer konnten private Geschäfte eröffnen. Zudem wird seit Ende der 1980er Jahre die bis dahin staatseigene Industrie immer weiter privatisiert. Dadurch gelangten und gelangen viele Funktionäre, Beamte und Geschäftsleute schnell zu bis dahin ungeahntem Reichtum. Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich in den letzten Jahren immer weiter geöffnet. Laut dem amerikanischen Ökonomen und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz sind in der Volksrepublik China 40 Prozent des Gesamtvermögens des Landes im Besitz von einem Prozent der Bevölkerung.

Der Missmut der Bevölkerung wächst, und er macht sich mittlerweile auch in Protestaktionen oder sogar Ausschreitungen Luft. Die Einkommenskluft scheint also eine tickende Zeitbombe für die soziale Sicherheit zu sein. Der scheidende Premierminister Wen Jiabao räumte dazu schon mal ein:

„Diese Frage betrifft direkt die soziale Gerechtigkeit und die Stabilität der Gesellschaft."

Anders als in Industrienationen spielen die Gewerkschaften in China keine Rolle in der Lohn- und Tarifpolitik. Infolge dessen setzen 59 Prozent der Befragten also ihre Hoffnung auf die Regierung: Sie solle für vernünftige Einkommen sorgen. Dabei sollten nicht nur die Löhne erhöht werden. Die Renten von Bauern und Unternehmensangestellten sollten an die Renten der Beamten angeglichen werden, meinen 62 Prozent der Online-Befragten. Denn wer als Beamter in den Ruhestand geht, bekommt viel mehr als ein Rentner, der in einem Unternehmen angestellt war.

Wirft man den Blick auf die ländlichen Regionen, zeigen sich auch dort große Einkommensunterschiede: Durchschnittlich verdienen die Stadteinwohner dreimal so viel wie die auf dem Lande. Noch besorgniserregender sind wohl die Existenzfragen der Bauern, die zur Jobsuche in die Städte gezogen sind. Da das planwirtschaftliche Hukou-System der staatlichen Haushaltsregistrierung weiterhin gültig ist, sind die Rechte der Wanderarbeiter nicht gewährleistet. Ihre Arbeits- und Wohnbedingungen in den Städten sind allenfalls miserabel. Häufig weigern sich Arbeitgeber, Wanderarbeitern den verdienten Lohn auszuzahlen.

All dies spreche für die Notwendigkeit, das Hukou-System abzuschaffen, meint Professor Yuan Gangming, Ökonom an der Tsinghua-Universität:

„Leute vom Lande haben in der Stadt bei Arbeit und Bildung schlechte Chancen, da ihnen das ländliche Hukou zugewiesen ist. Sie werden in der Stadt in allen möglichen Aspekten diskriminiert. Diese Ungerechtigkeit basiert auf den ungerechten Hukou – Regeln."

Zudem sind die Einkommensverteilung und die gesamte soziale Gerechtigkeit abhängig von der Rechtsstaatlichkeit Wenn das Rechtssystem in China stärker ausgebaut werden soll, müssen die Machtbefugnisse von Amtsträgern streng beaufsichtigt werden. Dazu noch einmal Yuan Gangming:

„Immer mehr Bürger und Medienvertreter beteiligen sich an der öffentlichen Kontrolle und an politischen Entscheidungen. Sie äußern ihre Meinungen im Internet und bringen Skandale ins Licht. Dadurch wird Amtsmissbrauch eingeschränkt. Die öffentliche Kontrolle spielt also für die Gerechtigkeit der Gesellschaft eine entscheidende Rolle. Und wenn das politische System reformiert und das Bewusstsein für Gewalteinschränkung verbessert werden, dann ist auch eine gerechtere Einkommensverteilung in Sicht."

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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