Zurück in die 80er Jahre (des vergangenen Jahrhunderts) gab es damals noch nicht viel Chancen für ein Auslandsstudium. Für Musikstudenten waren die Wünsche nach einem Studium in Deutschland und Österreich aber sehr stark. Yu Long ist einer davon. Er wurde im Jahr 1964 in Shanghai geboren. Er studierte damals an dem Shanghaier Musikkonservatorium und der Hochschule der Kunst in Berlin. Derzeit ist er international renommierter Dirigent. Er berichtet von seinem Auslandstudium.
"1987 ging ich nach Deutschland. Zunächst blieb ich für ein halbes Jahr in Köln. Dann wurde ich nach Prüfungen von der Hochschule der Kunst in Berlin angenommen. Das war damals eine der wichtigsten Kunsthochschulen in Westberlin. Dort gab es Fächer wie Theater, Musik, Tanz und Malerei."
Sein Deutschland-Studium hat einen großen Einfluss auf ihn. So er weiter,
"Zumindest sind alle meine jetzigen Arbeitsgewohnheiten und Denkweisen stark von der deutschen Kultur beeinflusst, von ihrer Ernsthaftigkeit und Planmäßigkeit: Alles muss vorbereitet werden, und zwar ausführlich; und Denken und Handeln sind logisch. All das ist charakteristisch für Deutsche, denen ich während meines Studiums begegnete. Das hat meinen jetzigen Arbeitsstil und den Umgang mit Menschen und Dingen stark geprägt.
Ich kann sagen, die deutsche Kultur hat mich unvergänglich geprägt. Daher werden in meinen Ansichten und Vorstellung hinsichtlich der Menschen und der Gesellschaft auch in der Zukunft starke deutsche Spuren sichtbar sein."
Die chinesische Kultur ist eine ausgezeichnete Kultur. Die hat auch lange Tradition und Geschichte. Im chinesischen kulturellen Hintergrund hat ihm bestimmt etwas den Weg zum namhaften Dirigenten auf der internationalen Musikbühne geebnet. Dazu erklärt er,
"Als chinesische Musiker sind wir verantwortungsbewusst und hoffen, mit Hilfe der Musik der Welt die chinesische Kultur vorzustellen. Auf meinen Welttourneen nehme ich oft Werke aus China mit. Denn unter den Werken, die ich dirigiere, müssen auch unsere eigenen Werke sein. Das ist unsere Verantwortung. Ich hoffe ja auch, durch meine Präsentationen dem Weltpublikum einen Blick in die chinesische Kultur zu geben.
Zum Beispiel präsentierte ich auf der Eröffnungszeremonie des China-Kultur-Jahres in Deutschland in diesem Jahr die Peking-Oper-Sinfonie 'Gui Fei Zui Jiu'. Das Echo des Publikums war äußerst gut. Westliche Zuschauer kennen die Peking-Opern kaum. Verbindet man die Peking-Oper mit der Sinfonie, sehen alle sofort die anmutige und vornehme Fusion beider Kulturen. Im Mai dieses Jahres werde ich die Münchener Philharmoniker dirigieren. Das ist eines der bekanntesten Sinfonieorchester der Welt. "
Während junge chinesische Musiker wie Lang Lang und Li Yundi neue Klavierstars auf internationalen klassischen Musikbühnen geworden sind, wählen immer mehr chinesische Schüler ein Studium an erstklassischen internationalen Musiklehranstalten. Daher gibt es eine Behauptungen, dass die Zukunft der klassischen Musik in China liegt. Dazu sagt er,
"China hat viele große Musiker, aber ich kann nicht mit Bestimmtheit behaupten, dass die Zukunft der klassischen Musik in China liegt.
Ich finde, dass die Zukunft der klassischen Musik mit der Kultur zu tun hat. In den letzten Jahren hat die klassische Musik in China eine gute Entwicklung erfahren. Aber wenn wir sie zu einem Bestandteil des Lebens machen wollen, brauchen wir noch Zeit, so wie es auch im Sport der Fall ist - ein einzelner Spitzenathlet bedeutet noch keine starke Sportnation. Das Hervortreten einiger weniger Musikgenies bedeuten bei weitem noch nicht, dass wir auch schon eine große Kulturnation sind. Das braucht eine höhere Bildungsqualität aller Bürger sowie ihre Hinwendung zur Kultur.
Man kann nicht einige Stars als Symbol der Kultur betrachten. Natürlich ist die Vorbildrolle der Stars sehr wichtig, denn sie genießen gesellschaftliche Anerkennung. Sie können daher auch gewisse Funktion der Popularisierung und Lenkung ausüben. Aber wenn man die Kultur in allen Ecken und allen Gesellschaftsschichten verbreiten möchte, dann muss man sie mit sehr viel Geduld dem Publikum vermitteln. Ich halte dies für sehr wichtig. Dies gilt auch für Deutschland: Ich hoffe, dass die deutsche Seite mehr den ganz einfachen und wirklich normalen Kulturaustausch mit China betreibt. "