Die Anfänge der Geschichte „CRI und ich" reichen zurück in die zweite Hälfte der 70 Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die Welt war damals noch eine andere als heute. „Internet" war ein unbekannter Begriff, genauso wie „Mobiltelefon" oder „MP3-Player". Selbst ein normales Telefongespräch zwischen zwei Kontinenten konnte einem das Monatsgehalt kosten. Der Informationsfluss war entsprechend langsam, kompliziert und störanfällig.
Die zweite Hälfte der 70er Jahre war aber auch die Zeit, in welcher ich als Jugendlicher begann, die Welt um mich herum genauer zu betrachten, zu analysieren und mich für Dinge zu interessieren, die weit außerhalb der gewohnten Regionen lag. Es war aber auch genau die Zeit, in welcher in China ein Prozess der Reformen begann, welche die Medien des Heimatlandes nur unzureichend beschreiben und erklären konnten.
Ein Zufall kam zu Hilfe. Durch den Hinweis eines Freundes erhielt ich Einblick in ein interessantes System von Informationsquellen, den Rundfunksendern, welche in verschiedenen Sprachen ins Ausland senden und so die interessierten Zuhörer aus erster Hand informieren können. Mit dabei: Radio Peking, der Auslandssender der Volksrepublik China, welcher ein tägliches einstündiges Programm in deutscher Sprache für Europa zusammenstellte.
Ich erinnere mich immer noch gut, als ich im September 1977 das erste Mal diese deutschen Programme von Radio Peking hörte. Der Empfang war schlecht, doch endlich hörte ich selbst, wie chinesische Medien die Vorgänge im eigenen Land und in der Welt bewerteten. Der Unterschied war riesig zu dem, was ich bisher über China gehört hatte. Es erschreckte mich geradezu, was durch den Informationsfluss und die Heimatmedien bisher alles an Details verloren gegangen war.
Da ich mir durch das Hören der internationalen Rundfunksender ein neues Hobby erschloss, den Rundfunkweitempfang, schrieb ich bald danach nach Peking in die Fuxingmenwai. Doch leider kam beim ersten und auch bei weiteren Versuchen keine Antwort. Erst der fünfte oder sechste Brief nach Peking wurde dann endlich sehr freundlich mit einer schönen QSL-Karte beantwortet. Das war für einige Zeit dann auch der letzte Brief, denn erst im Jahr 1983 verbesserte sich die Situation. Wo das Problem der fehlenden Antworten genau lag, weiß ich bis heute nicht. Doch habe ich später erfahren, dass es vielen anderen Hörern ähnlich ging.
Inzwischen verbesserte sich der Empfang der Sendungen aus China ständig. Es wurden neue, leistungsstärkere Sender in China eingesetzt, bessere Frequenzen gewählt und über ein Relay in der Schweiz sogar täglich eine halbe Stunde Programm in ausgezeichneter Qualität angeboten. CRI beschritt hier als Pionier einen Weg, welchen andere Stationen dann auch gingen, die Anmietung von Sendezeit bei Stationen direkt im Zielgebiet.
Die tägliche Halbstundensendung aus der Schweiz war für mich der Anfang, das Programm von Radio Peking fast täglich zu hören. Und das lohnte sich. Die Programme wurden in den kommenden Jahren immer interessanter und umfangreicher. War im Jahr 1977, als ich die ersten Sendungen von Radio Peking hörte, noch viel Sendezeit für Propaganda verschwendet worden, kamen an dessen Stelle jetzt seriöse und vielfältige Information über das Land, seine Wirtschaft und Kulturgeschichte, welche mich förmlich an den Radioempfänger fesselten. Durch Preisausschreiben, die Beantwortung von Hörerfragen in den Sendungen oder einen Chinesisch-Sprachkurs gab es für mich als Hörer auch vielfältige Möglichkeiten, selbst aktiv zu werden. Natürlich nutzte ich diese Möglichkeiten auch.
Die Informationsmaterialien über China, also die Zeitschriften „China im Aufbau", „China im Bild" oder „Beijing-Rundschau", welche ich hin und wieder erhielt, sorgten häufig auch für Bilder zusätzlich zu den Radioprogrammen. Bis heute bewahre ich diese kleine Sammlung von Zeitschriften auf. Einige Beiträge zur chinesischen Kultur sind zeitlos, andere sind interessante Zeitzeugen.
Was mich an China Radio International immer wieder beeindruckte, ist die konsequente Anwendung von neuen Medien. Ganz deutlich kam das mit der Erstellung einer Internetseite in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Da ich für mich selbst auch schon lange das Internet für mich erschlossen hatte, konnte ich diese neue Internetseite von Anfang an nutzen und die Kommunikation mit CRI durch e-mail beschleunigen. CRI gehörte nicht nur zu den Pionieren der Auslandssender, welche im Internet aktiv wurden, sondern setzte die neuen Möglichkeiten wie kaum eine andere internationale Rundfunkstation ausgezeichnet um. Die Sendungen wurden nicht nur zum Nachhören sondern auch zum Nachlesen angeboten, was die Station zu einem riesigen Archiv mit Artikeln über China macht. Das immer größer werdende Angebot von Bildern und Videos nehme ich gern in Anspruch.
Nicht nur die Übersichtlichkeit der Internetseite finde ich ganz toll, sondern vor allem auch die konsequente Umsetzung der Interaktivität, welche das Internet bereitstellt. Sendungen und Artikel können leicht kommentiert und bewertet werden und im angeschlossenen deutschsprachigen Forum „CRI Salon" wird über alle möglichen Themen diskutiert. Für die Einbeziehung der Hörer in die Programme gehört CRI ein ganz großes Lob. Für mich ist es nicht nur die Informationsgewinnung, welche mich auf den CRI-Internetseiten herumtreibt, sondern es macht mir einfach Spaß, dort in Artikeln zu stöbern, Bilder und Videos anzusehen, Artikel zu kommentieren oder im Forum mitzudiskutieren.
Von den Sendungen der vergangenen Jahre sind mir viele in Erinnerung geblieben. Stellvertretend erwähnen möchte ich zwei Ereignisse, auf welche Sie mit Ihren Programmen mit ausgezeichneter journalistischer Arbeit reagierten: Das verheerende Erdbeben von Sichuan und die Olympischen Spiele in Beijing im Jahr 2008. Bei den Olympischen Spielen war es die kontinuierliche Begleitung der Vorbereitungen auf das Ereignis nicht nur in Beijing, sondern im ganzen Land, einschließlich des Fackellaufes. Beim Erdbeben in Sichuan berichteten Sie nicht nur unmittelbar mit einem Sonderkorrespondenten vor Ort schon kurz nach der Katastrophe, sondern begleiteten die Aufbauarbeit durch Reportagen aus der Region während der letzten drei Jahre. Gut fand ich die häufige Rückkehr zu den schon bekannten Schauplätzen: Was hat sich inzwischen getan, was ist noch zu tun?
Viel habe ich durch ihre Sendungen über China gelernt und viel Interesse an China wurde in mir geweckt. Ich habe durch ihre Sendungen Ihr Land förmlich liebgewonnen. Doch eines hatte ich bis dahin noch nicht geschafft: Ihr Land einmal selbst zu besuchen. Das änderte sich im Juli 2010, als ich einen Sonderpreis im Quiz „Hereinspaziert in Xinjiang" gewann. Die perfekt organisierte Reise führte mich zu vielen bezaubernden Orten in dieser westlichsten Region Chinas. Ich konnte mir nun selbst ein Bild vom Leben und vom Aufbau in China machen. Die Eindrücke waren überwältigend, nicht nur für mich, sondern für alle, die meine Bilder von der Reisen sahen. Die Programme von CRI beschreiben das Land in allen Farben, doch selbst sehen ist etwas anderes. Die Bilder vom Bauboom sogar in dieser entlegenen Region, die modernen Fabriken und landwirtschaftlichen Großbetriebe, aber auch die Bewahrung des Kulturerbes und die beeindruckende Landschaft haben mir unvergessliche Erinnerungen beschert.
Gleichzeitig hatte ich auch Gelegenheit, fast genau 33 Jahre, nachdem ich das erste Mal Radio Peking hörte, den Sender und die Redaktionsräume zu besuchen. Das hat mich sehr gefreut und ich war beeindruckt vom freundlichen Empfang.
Wie stelle ich mir die Zukunft vor? China Radio International wird weiterhin meine erste Informationsquelle bleiben, was China betrifft. Ich bin aus den bisherigen Erfahrungen überzeugt, dass CRI konsequent die neuesten Techniken zur Informationsverbreitung anwenden wird, ohne die althergebrachten Formen der Kommunikation vorzeitig aufzugeben. Ich würde mir auch wünschen, dass die bisherigen Kooperationen mit anderen Plattformen (Radio, Fernsehen, Film, Kulturinstitute u.ä.) beibehalten und weiter ausgebaut werden.
Eisleben, im Oktober 2011
Ralf Urbanczyk