Fuyang liegt am Ufer des Fuchun-Flusses. Das warme feuchte Klima und die reichen Regenfälle bieten ideale Bedingungen für das Wachstum von Bambus. Und üppige Bambuswälder haben der Stadt den schönen Namen „Heimat der Papierherstellung" eingebracht.
In den meisten Regionen der Welt wird Papier vor allem aus Holzbrei oder Stroh hergestellt. In Fuyang jedoch ist das anders. Zur Herstellung des besonders edlen Yuanshu-Papiers werden Bambusschösslinge verwendet. Weiß und sanft ist das Yuanshu-Papier, mit einem feinen Geruch nach Bambus. 2006 wurde das Herstellungsverfahren dieses Papiers von der chinesischen Regierung in die nationale Liste des ersten immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Historischen Dokumenten zufolge hatte man in Fuyang bereits sehr früh Bambussprösslinge für die Papierproduktion verwendet. Man nannte es damals „Bambuspapier". Erst vor etwas mehr als 1.000 Jahren, während der Song-Dynastie, wurde der Name in „Yuanshu-Papier" geändert. Zu dieser Zeit wurde es als Spezialpapier für Denkschriften an den Kaiser und für die Beamtenprüfungsbögen genutzt.
Der 55-jährige Zhuang Fuquan ist staatlich anerkannter Bewahrer des traditionellen Produktionsverfahrens für Bambuspapiere. Er erklärt, die Herstellung des Yuanshu-Papiers erfordere über 70 Arbeitsschritte und dauere etwa 60 Tage. Der wichtigste und gleichzeitig komplizierteste Vorgang ist „Chaozhi". Dabei werden zuerst eingeweichte Bambusfasern mit Wasser verrührt. Dann legen die Papiermacher ein spezielles Bambusgitter in einen Trog und schütten den Bambusbrei darauf. Währenddessen muss der Trog vor und zurück beziehungsweise nach links und rechts bewegt werden, so dass sich eine dünne Breischicht auf dem Bambusgitter absetzen kann. Diese wird schließlich vorsichtig abgenommen – man hält ein nasses Papierstück in den Händen. Zhuang Fuquan erklärt:
„Um diese Handwerkskunst zu erlernen und gute Yuanshu-Papiere zu machen, braucht man mindestens drei Jahre. Sehr viel liegt am Augenmaß. Die dünne Breischicht muss glatt bleiben. Ansonsten ist das Papier am Ende auf einer Seite dick und auf der anderen dünn."
Guo Xianrun ist über 30 Jahre alt. Bereits seit fünf Jahren arbeitet er in einer Papiermanufaktur. Seine Hände sind rau und haben viele Wunden. Er erzählt:
„Ich stehe früh zwischen vier und fünf Uhr auf und arbeite dann bis 20 Uhr. So können wir jeden Tag 1.000 Papierstücke herstellen. Im Winter bekommt man Frostbeulen an den Händen. Im Sommer ist es besser."
Außer Guo Xianrun arbeiten noch 19 weitere Papiermacher in der Werkstatt. Heutzutage gibt es jedoch immer weniger Jugendliche, die diese alte Handwerkskunst erlernen wollen. Gründe dafür sind die mühsame Arbeit und das niedrige Einkommen. Daher ist es nicht sicher, ob und wie das traditionelle Produktionsverfahren weitergegeben wird.
Zhuang Fuquan ist Vorstandschef einer Papierfirma vor Ort. In seinem Betrieb hat er bereits mit der Mechanisierung begonnen. Die Produkte des Papierherstellers werden nach Japan und Südkorea exportiert. Doch als staatlich anerkannter Bewahrer des Kulturerbes ist Zhuang sich seiner Verantwortung bewusst und hat deshalb auch eine Werkstatt mit manueller Produktion. Er hat vor, dort ein Museum für die alte traditionelle Kunst der Papierherstellung zu errichten.
„Von klein auf habe ich mich mit der Herstellung von Papier beschäftigt und bin der Branche treu geblieben. Nun gilt es, die alte traditionelle Herstellungskunst wieder aufleben zu lassen. Die insgesamt 72 Produktionsverfahren können dann live vor Ort erlebt werden. Ich weiß, dass es schwierig ist. Aber ich bin davon überzeugt."
Maler und Kaligrafen bevorzugen das manuell hergestellte Yuanshu-Papier. Es lässt die Tusche nicht durchsickern, ist beständig gegen Würmer und weicher als andere Papiersorten. Und seine Farbe verblasst mit der Zeit nicht.
Auch der 58-jährige Cai Yuhua ist Bewahrer des traditionellen Produktionsverfahrens für Bambuspapiere. Er sagt, der Mangel an Nachwuchskräften liege zum einen an der Angst der jungen Leute vor der anstrengenden Arbeit und zum anderem am relativ geringen Umsatz dieser Papiere. Um Märkte zu erschließen, kam Cai auf die Idee, einen Online-Shop zu errichten. Da es für viele Kunden schwierig ist, das Papier vor Ort zu kaufen, stellt das Internet eine große Hilfe dar. Oft überschreitet die Nachfrage das Angebot.
Li Shaojun ist in diesem Jahr 63 Jahre alt geworden. Seit 16 Jahren sammelt er Materialien, die für die Herstellung des Yuanshu-Papiers verwendet werden und hat ein Buch über Bambus-Papier aus Fuyang verfasst. In über 100.000 Wörtern und mit über 500 Bildern stellt er das komplette Produktionsverfahren dar. Li erklärt:
„Ich bin sehr interessiert an dieser alten Tradition und wollte sie niderschreiben. Ich habe zwar viel recherchiert, aber nur sehr wenig Material gefunden. Es handelt sich um eine großartige Erfindung der chinesischen Nation. Wenn die Herstellungskunst verloren geht, machen wir uns schuldig gegenüber unseren Vorfahren."
Seit der Erfindung des Yuanshu-Papiers sind mehr als 1.000 Jahre vergangen. Sein Glanz ist zwar mit der Zeit ein wenig verblasst. Doch das anspruchsvolle Qualitätspapier hat auch heute noch zahllose Liebhaber.
Übersetzt und Gesprochen von Qiu Jing



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