Von der Globalisierung spricht man bereits seit langer Zeit. Welcher Bereich hebt sich dabei hervor? Die Wirtschaft. Als die Öffnungspolitik in China umgesetzt worden ist, kamen Geschäftsleute aus aller Welt. Sie sehen in der Volksrepublik einen großen Markt, besonders wenn sie in der eigenen Heimat den Konsumbedarf nur schwer stimulieren können.
Deutschland ist und bleibt eine der größten Exportnationen der Welt. Zwischen 2003 und 2008 war die Bundesrepublik sogar Exportweltmeister. Die besondere Stärke Deutschlands findet sich in der mechanischen und elektronischen Industrie. Made in Gemany ist weltweit die Garantie für qualitativ hochwertige Produkte, was kurz nach dem zweiten Weltkrieg unvorstellbar sein sollte.
Heute wird zwischen Deutschland und China gern der Vergleich gezogen, denn die Volksrepublik hat sich längst in die erste Reihe der Exportnationen katapultiert.
Professor Hermann Simon, Vorsitzender der Geschäftsführung der SIMON KUCHER & PARTNERS Strategy & Marketing Consultants, meint, es zeigten sich große Ähnlichkeiten zwischen den chinesischen und deutschen Exporteuren. Erstens verdanken sie das riesengroße Exportvolumen den mittelständischen Unternehmen. Die mittelständischen Unternehmen sind ein wichtiger Bestandteil der deutschen Wirtschaft. 1.200 von etwa 2.500 mittelständischen globalen Marktführern kommen aus Deutschland. Ein Viertel des deutschen Exports geht auf diese Unternehmen zurück. Laut Prof. Simon ist in China eine ähnliche Situation festzustellen. 68 Prozent des chinesischen Exports gehen auf Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern zurück. Die großen Konzerne weisen hingegen nicht so eine starke Konkurrenzfähigkeit auf, wie sie eigentlich sollten. Schätzungsweise sind etwa 100 chinesische mittelständische Unternehmen marktführend. Die Zahl liegt zwar deutlich niedriger als die der deutschen, aber schon höher als in einigen Industrieländern.
Die zweite Gemeinsamkeit ist, dass man die Unternehmen über die Staatsgrenze hinaus betreibt, indem Fabriken oder sogar Herstellungs- und Entwicklungszentren im Gastland errichtet werden, meint Professor Simon. Die deutschen Unternehmen verkaufen in der Regel hochwertige Produkte an den Weltmarkt. Hochwertig heißt mit anderen Worten teuer. Um auch eine Stärke im Preis zu erzielen, verlagern viele deutsche Unternehmen einen Teil ihrer Produktion in die Entwicklungsländer. Erst nach China, mit der Zeit wird aber immer mehr in Indien, Vietnam oder Kambodscha produziert. Ein anderes Beispiel ist das indische Auto Tata Nano. Dem indischen Automobilhersteller werden Ersatzteile von neun deutschen Unternehmen geliefert. Im Wesentlichen ist es ein deutsches Auto. Die chinesischen Unternehmen betreiben hingegen ein massives „Trading up", das heißt Produkte qualitativ verbessern, stärker Innovation betreiben, Weltklasseproduktionskompetenz entwickeln.
Offensichtlich ergänzen sind das deutsche und das chinesische Exportspektrum. Daher gibt es zwischen den zwei Exportweltmeistern bis jetzt nicht viele Konflikte auf dem Weltmarkt.
Prof. Simon meint, mit dem Ultra-Niedrigpreis-Segment komme eine Riesenherausforderung, aber auch durchaus eine große Chance auf deutsche Mittelständler zu. Angesichts der Größe, die dieses Segment erwarten lässt, könne es gefährlich werden, das Segment zu ignorieren. Umgekehrt seien die Deutschen kulturell und erfahrungsmäßig nicht auf solche Billigstprodukte eingestellt. Damit Geld zu verdienen, werde nicht einfach. Das würde nur gelingen, wenn man wirklich die gesamte Wertschöpfungskette, inklusive Forschung und Entwicklung, in die Schwellenländer verlegt. Diese radikal vereinfachten Produkte könnten von deutschen Ingenieuren in Deutschland kaum entwickelt werden.
Bei Luxusautomobilen sind die Deutschen hingegen sehr gut aufgestellt. Deutsche Unternehmen machen dort etwa 70 Prozent des Weltmarktes aus. Das dürfte sich laut den aktuellen Prognosen in den nächsten fünf bis zehn Jahren auch nicht ändern. Von den Produkten und der Qualität her haben die deutschen Produkte ein viel größeres Potenzial für Luxuswaren.
Auf jeden Fall ist sowohl den deutschen als auch den chinesischen Unternehmen bewusst, dass sie sich mehr auf Innovation konzentrieren müssen. Und wie der Harvard-Professor Howard Gardner sagte, der Respekt vor anderen Kulturen sei eine Schlüsselfähigkeit der Zukunft für die Globalakteure.
Text von Chen Yan
Gesprochen von Zhu Liwen