F: Herzlich willkommen zu unserem Fragenblock „Sie fragen, wir antworten". Heute wollen wir zuerst den Wunsch unseres Hörers Paul Gager aus Deutschkreutz in Österreich erfüllen und über chinesische Fächer berichten. Herr Gager schrieb uns in einer E-Mail:
M: „Werte Redaktion! In Bielefeld widmet sich das Deutsche Fächermuseum einzig und allein der Geschichte der Fächer. In der aktuellen Ausstellung werden rund 150 Exemplare aus China, Japan, Bali und Java gezeigt. Könnten Sie vielleicht in einer Ihrer nächsten Sendungen auf chinesische Fächer näher eingehen? Danke!"
F: Ja, liebe Hörer und lieber Herr Gager, das ist wirklich ein interessantes Thema, mit dem wir uns heute beschäftigen möchten. Fächer sind in China ein Artikel des täglichen Gebrauchs, besonders im Sommer. Sie vertreiben die Hitze und spenden einen angenehmen Luftzug. Sie sind preisgünstig und werden gerne verwendet. Außerdem ist der chinesische Fächer seit alters her stets auch ein Dekorationsartikel und Kunstwerk gewesen. Er weist einen einzigartigen Stil auf und ist ein künstlerisches Symbol der traditionsreichen Zivilisation Chinas.
M: Durchaus. Nicht ohne Grund wird China in der Welt auch als das „Land des Fächers" bezeichnet. Ursprünglich aus China stammend, verbreitete sich der Fächer allmählich auch in Japan und Europa. Die Rohstoffe für die Fächerherstellung sind unter anderem Bambus, Holz, Papier, Elfenbein, Schilfpatt, Jade, Vogelfedern, Palmblätter oder Strohhalme. Mithilfe dieser Rohstoffe lässt sich eine Vielfalt an kunstvollen Fächern herstellen. Die chinesischen Fächer werden hauptsächlich in sechs Formen unterteilt: Faltfächer, Bambusfächer, Seidenfächer, Fächer aus Federn, Palmblattfächer und Strohfächer. Außerdem gibt es noch Fächer aus Elfenbein- und Jadeschnitzereien sowie Sandelholzfächer, bemalte Paraventfächer und so genannte Mützenfächer.
F: Bei dem Mützenfächer handelt es sich um eine Sonderform, die, vollständig entfaltet, auch als Kopfbedeckung und Sonnenschutzschirm verwendet werden kann. Entfaltet man den Fächer dagegen nur zur Hälfte, so dient er als einfacher Fächer. Abgesehen vom runden Fächer gibt es noch flachrunde, kreuzförmige, viereckige und U-förmige Fächer. Sie alle sind für ihre wunderschöne Form und die virtuose Handwerkskunst weltbekannt.
M: Der Fächer ist ein wichtiger Bestandteil der Kultur Chinas und weist enge Verbindungen mit der Verwendung von Bambus in der Handwerkskunst sowie dem Buddhismus auf. Bei der Herstellung eines Fächers kommen mehrere Kunstfertigkeiten zusammen, darunter das Stricken, die Stickerei, die Schnitzerei, die Kalligrafie sowie die Malerei. Die Geschichte des Fächers lässt sich bis in die Shun-Zeit vor etwas mehr als 3.000 Jahren zurückverfolgen. Zu Beginn war er vor allem ein Symbol der Würde des Kaisers und der hohen Beamten.
F: Ja. Archäologen entdeckten in einer Kupferkanne in der Provinz Sichuan aus der Zeit der Streitenden Reiche vor mehr als 2.000 Jahren den Abdruck eines langstieligen Fächers. Dies ist das früheste Fächerbild, über das wir verfügen. Während der Han-Dynastie vor etwa 2.000 Jahren wurden Fächer aus Tierhaaren oder Federn verwendet. Sie waren zumeist weiß, leicht sowie geschmeidig und wurden vor allem von Aristokraten benutzt. Oftmals dienten sie auch als Symbole der gesellschaftlichen Stellung ihres Besitzers.
M: Ein gutes Beispiel wäre der Kanzler des Reiches Shu-Han, Zhuge Liang: Er gelangte während der Zeit der Drei Reiche (220 bis 280) zu großem Ruhm und war für seine Klugheit, seinen Einfallsreichtum und seinen Charme bekannt. Während seiner Zeit als Kanzler half er dem Herrscher Liu Bei bei der Gründung und Verteidigung seines Reiches. Dabei trug er stets einen Fächer aus Kranichfedern mit sich, die zu einem Symbol für seine Klugheit und seinen Status wurden.
F: So ist es. Aus Federn hergestellte Fächer zählen zu den ältesten in China. Die Federn stammten aus den Gebieten südlich des Jangtse und wurden als Tribute an den Kaiserhof entrichtet.
M: Im Verlauf der Östlichen Han-Dynastie (25-220) kam dann die Seidenweberei auf, und bald darauf erschienen die ersten Seidenfächer, die bevorzugt von chinesischen Frauen verwendet wurden. Für die folgenden tausend Jahre, bis zur Song-Dynastie, breiteten sich Seidenfächer in ganz China aus. Sie sind sowohl in ihrem Aufbau als auch in ihrer Dekoration sehr fein und kunstvoll. Die Oberfläche des Fächers wird mit schönen Landschaftsdarstellungen oder Blumen bestickt. Die Fläche selbst kann verschiedene Formen annehmen und ist oval, rechteckig, zierapfelförmig oder kreuzförmig.
F: Während der Song-Dynastie vor etwa 1.000 Jahren erschien in China dann der Faltfächer. Seine Rahmenkonstruktion wird zumeist aus Horn, Elfenbein, Jade oder Sandelholz hergestellt. Der Faltfächer ist sehr gebräuchlich und im Volk weit verbreitet. Zudem wird er auch als Theaterrequisite in Opern, Tänzen oder in der chinesischen Vortragskunst benutzt. Beispielsweise tragen die gelehrten Figuren der chinesischen Oper oftmals Faltfächer in ihren Händen. So wurde auch der Faltfächer zu einem Symbol, in dem sich Status und Profession widerspiegeln. Besonders bekannt für die Herstellung von Faltfächern sind die Provinzen Zhejiang, Jiangsu und Sichuan.
M: In der Ming-Dynastie vor etwa sieben- bis achthundert Jahren begann man dann damit, Gedichte und Malereien auf Faltfächer aufzutragen. Auf diese Weise wurden die Fächer in den Rang wertvoller Kostbarkeiten erhoben, die von vielen Sammlern geschätzt wurden. Es war auch in dieser Zeit, dass die chinesischen Fächer nach Europa gelangten.
F: Genau. Von alters her lieben und sammeln viele Leute in China Malereien und Kalligrafien auf Faltfächern. Besonders häufige Themen für diese Kunstform sind Palastdamen, Landschaften sowie Blumen und Vögel. Von großen Malern oder Kalligrafen verzierte Faltfächer erlangten schnell große Berühmtheit.
M: Die Malereien und Kalligrafien werden zudem nach Stilen und Kunstrichtungen unterteilt. In der Ming-Dynastie geschah dies anhand von Regionen, wobei man zwischen dem Stil von Hangzhou, Suzhou und Ningbo unterschied. Jede einzelne Region weist einen eigenen Stil und eine besondere Herstellungsweise auf. Sehr bekannt sind die Faltfächer aus Hangzhou, die aufgrund ihrer Feinheit und ihrer geschmackvollen Gestaltung neben dem Longjing-Tee und der Seide als eine der „drei einzigartigen Leistungen der Stadt Hangzhou" bezeichnet werden.
F: Heutzutage sind die Provinzen Zhejiang, Jiangsu, Sichuan und Guangdong die wichtigen Herkunftsorte für chinesische Fächer. Faltfächer aus Zhejiang und Jiangsu, Bambusfächer aus Sichuan und Palmblattfächer aus Guangdong erfreuen sich großer Beliebtheit. Aufgrund des steigenden Lebensstandards in China betrachten immer mehr Chinesen Fächer wieder als Kunstobjekte und beginnen damit, kleine Sammlungen anzulegen.
M: Ja, soviel, liebe Radiofreunde, zum chinesischen Fächer. Das war unsere heutige Rubrik „Sie fragen, wir antworten.



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