Wie sehr beeinflusst die Tatsache, dass ein Produkt an Tieren getestet wurde, ihre Kaufentscheidung? Wir haben uns in einem Kaufhaus in Shanghai umgehört.
„Ich kaufe keine Produkte, die an Tieren getestet wurden. Diese Versuche sind grausam. Wir sollten besser mit Tieren umgehen.
„Ich gehe hauptsächlich nach den Preisen. Wenn die Produkte gleichviel kosten, dann werde ich das wählen, das ohne Tierversuche hergestellt wurde. Aber wenn ein Preis niedriger ist als der andere, dann werde ich mich für das billigere entscheiden."
„Ich ziehe Produkte vor, die an Tieren getestet wurden. Ich glaube, sie sind sicherer."
Wissenschaftler sagen, dass man in den letzten fünfzig Jahren davon ausgeht, dass je besser die Wissenschaft ist, desto weniger Tierversuche werden benötigt. Und jetzt sind sie auf der Suche nach Alternativen, die sicherer sind und weniger kosten.
Dr. Melvin Andersen ist der Direktor des Instituts für Chemische Sicherheit an dem Hamner Institut in den USA. Es ist eine der führendsten Organisationen auf diesem Gebiet.
„Die Tests, die man üblicherweise heute macht, müssen mehrere unterschiedliche Endpunkte prüfen. Endpunkt heißt, man prüft auf Krebs, prüft auf Einflusse auf die Fortpflanzung und die Entwicklung oder auf das Nervensystem. Die Untersuchungen für ein einziges chemisches Mittel können Jahre dauern, hunderte, wenn nicht Tausende von Tieren kommen zum Einsatz und die Kosten belaufen sich auf Millionen von Dollar. Bei der neuen Herangehensweise benutzt man Zellen. Sie können eingefroren werden und wieder wachsen, wenn man sie braucht. Ein Test kann einen Tag oder maximal eine Woche in Anspruch nehmen. Die ganze Überprüfung dürfte mehrere zehntausend Dollar oder sogar weniger in Anspruch nehmen. Und sie ist in einem Monat fertig."
Dr. Andersen weiß auch, dass es einen Konflikt gibt, zwischen den hohen Dosierungen, die bei den Tierversuchen benutzt werden und den kleinen Mengen, die die Menschen wirklich zu sich nehmen.
„Wir haben Schwierigkeiten zu entscheiden, inwieweit die Resultate, die wir bei den Tieren sehen, für die Menschen aussagekräftig sind. Tierversuche werden im allgemeinen mit hohen Dosierungen gemacht. Wir nennen es die „maximal verträgliche Dosis". Aber wenn wir jetzt sehen wollen, was in der Umwelt geschieht, glauben viele, dass es schwierig ist, gute Vorhersagen über kleine Dosierungen bei den Menschen zu treffen."
Für viele sind die neuen Tests, die auf Gen- und Silikontechnologie basieren, zukunftsweisend. Vor allem, wenn man sie mit den konservativen Untersuchungsmethoden vergleicht, die vor mehreren Jahrzehnten etabliert wurden.
Dr. Wu Yongning ist der Direktor des Chinesischen Zentrums für Kontrolle und Prävention von Krankheiten in Beijing.
„Das Bewusstsein für den Tierschutz in China ist nicht so sehr ausgeprägt wie in Europa. Aber die Ansichten der Menschen beginnen sich zu ändern. Zurzeit arbeitet man gerade an einem Gesetz zum Tierschutz. Tierversuche durch neue experimentelle Methoden zu ersetzen ist die richtige Richtung und eine Vision für die Zukunft."
Auch internationale Unternehmen springen auf den Zug auf. Unilever, einer der größten Hersteller von Konsumgütern weltweit, ist eines davon. Das Zentrum für Sicherheit und Umweltschutz versucht, mit den chinesischen Wissenschaftlern zu kooperieren, um die neuen Konzepte zu etablieren.
Dr. Julia Ferman ist die Leiterin des Zentrums:
„Es kommt wirklich auf die Zahl der Wissenschaftler an, die es in China gibt und die Fähigkeit, den wissenschaftlichen Nachwuchs auf die Zukunft einzuschwören. Es ist klar, dass es hier manche Leute gibt, die genau wissen, was sie in neuer Wissenschaft und Toxikologie erreichen wollen."
Und die Stimmen aus China sind ebenfalls willkommen.
Dr. Cheng Shujun vom Testlabor für Lebensmittel des Guangdong Technologiezentrums für Qualitätssicherung und Quarantäne stellt seine Sichtweise dar.
„Sicherheitsüberprüfung ist kein einfaches Thema. In Wirklichkeit müssen hier Institutionen, Unternehmen und die Regierung zusammenarbeiten, weil alle ihre eigenen Stärken haben. Ich glaube, es ist richtig, wenn die Regierung mit der Änderung der Vorschriften wartet, solange es genügend wissenschaftliche Beweise gibt. Aber die Zusammenarbeit auf der Nichtregierungsebene sollte auf jedem Fall gefördert werden."
Die Europäische Union hat vor zwei Jahren als erste Tierversuche bei bestimmten Arten von Kosmetika verboten. Für China jedoch gibt es noch keinen genauen Zeitplan.
Text von Jörg Pensin
Gesprochen von Zhu Liwen