
In der chinesischen Hauptstadt Beijing kamen vor kurzem 33.000 Bewerber auf nur 1.000 Sozialarbeiter-Posten. Laut Angaben des lokalen Amts für zivile Angelegenheiten lag die Bewerberzahl in diesem Jahr fünfmal höher. Ein Reiz ist die Hukou, die begehrte Wohnsitz-Meldebescheinigung, die der Job in Beijing mit sich bringt. Zum anderen führt dies aber auch darauf zurück, dass Sozialarbeiter in den Augen der Studenten bessere Zukunftsaussichten haben.
Liu Xiaofan hat nach ihrem Studium schon ein Jahr lang in einer Firma gearbeitet. Er will sich nun um einen Sozialarbeiterposten bewerben – nicht nur wegen der attraktiven Hukou. Noch wichtiger sei die Tatsache, dass man bei dem Posten seine Fähigkeiten entfalten könne. Seiner Meinung schließen sich auch andere Bewerber an. Sie hoffen, dass sie ihr Kommunikationsvermögen verbessern und ihre Fähigkeiten an Basisposten der Gesellschaft erhöhen können, denn davon könne man ein ganzes Leben lang profitieren. Diese Möglichkeit gibt es beispielsweise in der Verwaltung eher selten.
Bei der Sozialarbeit könnten Absolventen den Bedarf und die Psyche der Bevölkerung besser kennenlernen und sich Verwaltungs-Knowhow aneignen. Angeblich haben Sozialarbeiter später auch Privilegien bei den Aufnahmenprüfungen für Beamtenstellen in lokalen Behörden.
Aus der südchinesischen Stadt Shenzhen wird berichtet, dass dort in diesem Jahr zusätzlich weitere 400 Sozialarbeiter eingestellt werden sollen - vor allem in den Bereichen Justiz, Erziehung beziehungsweise Jugend- und Frauenarbeit.
Eine Mitarbeiterin in einem Shenzhener Sozialhilfe-Servicezentrum engagiert sich seit einem Jahr in einem Projekt für Opfer häuslicher Gewalt. Sie betreut Frauen und Kinder, die dringend psychische Unterstützung, Anleitung und juristische Hilfe benötigen. Trotz mangelnden Regeln und Vorschriften in dieser neuen Branche geben sie und ihre Teammitglieder Alles, um den benachteiligten Frauen und Kindern zu helfen:
„Unser Arbeitsumfeld und der Lohn lassen zwar noch viel zu wünschen übrig, aber ich habe noch nie ans Aufgeben gedacht. Es gibt viel zu tun und die Herausforderungen sind recht groß. Zum Glück habe ich ein gutes Team, in dem jeder einander unterstützt."
Für Professor Fan Yanning, Dekan der Abteilung für Soziologie und Sozialarbeit bei der Shoudu Normal University, ist Sozialarbeit spezialisierter Beistand für Menschen. Entsprechend der weiteren Entwicklung und Vervollkommnung des sozialen Absicherungssystems nehme auch der Bedarf an spezialisierten Sozialarbeitern zu. Er rechnet ferner damit, dass sich die gesellschaftliche Stellung und die Lohnverhältnisse der Sozialarbeiter in den kommenden Jahren ohne Zweifel bessern würden.
In den entwickelten Ländern kommen auf je 1.000 Personen zwei bis zweieinhalb Sozialarbeiter. Nach diesem Kriterium werden in China rund drei Millionen Sozialarbeiter benötigt. In der Tat sind zurzeit in China nur eine Million Menschen in diesem Bereich tätig. Davon haben knapp 40.000 die nationale Qualifikation für Sozialarbeiter bestanden.
Li Man studiert im dritten Jahr Sozialarbeit an einem Institut in Sanya, in der südchinesischen Provinz Hainan. Das Fach sei eigentlich nicht ihre erste Wahl gewesen:
„Nachdem ich mir mehr Kenntnisse über Sozialarbeit angeeignet habe, ist mir klar geworden, dass es in China momentan stark an gut ausgebildeten Sozialarbeitern mangelt. Ich hoffe, dass ich nach dem Studium eine Stelle finde und mehr Menschen helfen kann, ihre Rechte zu realisieren und Probleme zu lösen."
Übersetzt und gesprochen von Qiu Jing



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