Es war schönes Herbstwetter, als der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao am Nachmittag des 30. September 2007 in der Großen Halle des Volkes in Beijing die Träger des chinesischen staatlichen Freundschaftspreises empfing. Unter den Preisträgern befand sich auch ein älterer grauhaariger Herr mit Brille, der Intelligenz und Tüchtigkeit ausstrahlte – Professor Reinhart Kühne, ein Experte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR. Qiu Jing berichtet:
Die Beziehungen zwischen Professor Kühne und China gehen auf das Jahr 2001 zurück. Der damals 55-jährige war gerade Leiter des Instituts für Verkehrsforschung beim DLR geworden. Auf einer internationalen Konferenz lernte Professor Kühne zwei seiner wichtigsten chinesischen Partner kennen – Herrn Wang von der Anhui Software Engineering Company und Prof. Fang von der Universität Hefei. Die beiden waren sehr interessiert am fortschrittlichen System für intelligentes Verkehrsmanagement aus Deutschland. Prof. Kühne interessierte sich sehr für die nachhaltige Verkehrs-Entwicklung in chinesischen Millionenstädten. Das war der Beginn ihrer über 10-jährigen Zusammenarbeit.
Genehmigt wurde die Kooperation durch das chinesische Ministerium für Wissenschaft und Technik und das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Stadt Hefei in der Provinz Anhui und der Bezirk Jiading in der Metropole Shanghai wurden als Probezonen für technische Verkehrssysteme in Städten mit Einwohnerzahlen im Millionenbereich festgelegt. Durch die gute Zusammenarbeit mit den örtlichen Polizeibehörden und den Behörden für Stadtplanung konnte das Projekt reibungslos vorangetrieben werden. Prof. Kühne erklärt uns die technischen Besonderheiten am Beispiel von Hefei:
„Wir benutzen Satellitennavigation, um Taxis zu orten und sie geben alle 15 Sekunden ihre Position an die Zentrale in der Polizei von Hefei ab, über Mobilfunk. Die hat dann ein Lagezentrum und hat einen großen Bildschirm, und sieht, wo die Taxis sind und berechnet dann die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den Straßen. Wir können Störungen ermitteln, wir können die Verkehrslage bestimmen, das ermöglicht die Technologie. Wir entwickeln in Deutschland das System, Kollegen in der Anhui-Provinz planen die Software im Detail."
Laut dem Modell können die Fahrzeuge ihren Zielort durch kürzere Strecken schneller erreichen. Das Intelligente Verkehrssystem zählt neben der Luft- und Raumfahrtbranche zu den Bereichen mit dem höchsten Anteil an High-Tech. Durch eine Kombination von moderner Datenkommunikations- und Transfertechnik, elektronischen Sensoren, elektronischer Kontrolltechnik sowie Computerverarbeitung wird das gesamte Verkehrssystem verwaltet und kontrolliert. Damit wird die Effizienz des Verkehrs und Transports erhöht, Verkehrsstaus werden gelindert und die Passierbarkeit der Straßen verbessert sich. Zudem können Verkehrsunfälle und Umweltverschmutzung reduziert werden.
In Bezug auf die Anwendungsmöglichkeiten seiner Technologie, sowohl in China, als auch in der Welt ist Prof. Kühne zuversichtlich.
„Ich glaube, dass diese Technologie eine große Zukunft hat. Es geht vor allem eben um die Kommunikation und da ist ja auch China sehr daran interessiert, das auszubauen. Es gibt ein europäisches System, Galileo, es gibt das amerikanische System GPS. Und das entsprechende System in China, da ist eine große Zukunft. Und mit flexiblen Methoden den Verkehr zu erfassen, ist sicher sehr viel besser. "
Prof. Kühne meint, sich schnell entwickelnde Städte wie Hefei seien anders als Beijing oder Shanghai, da sie noch nicht fertig ausgebaut sind. Wachsende Städte bräuchten Verkehrsdaten und -erfassung. Sie seien flexibel mit dem Verkehr, da es noch keine feste Straßen-Infrastruktur gebe. In Taxis und Fahrzeugen könne Satellitennavigation benutzt werden, um ihre Position zu melden. Dies sei die wichtigste Methode für eine schnell wachsende Stadt.
Das Verkehrskonzept von Prof. Kühne und seinem Team hat weltweit für viel Interesse gesorgt. Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam hat sich zum Beispiel bereit erklärt, an dem Programm teilzunehmen.
Prof. Kühne schätzte die bisher reibungslose Kooperation mit seinen chinesischen Partnern sehr:
„Ja, vor allem mit MOST, also dem Ministerium für Science and Technology, die haben in Anhui eine Niederlassung, mit denen machen wir sehr viele Projekte innerhalb dieses großen Rahmens. Und mit den Kollegen der Anhui Software Engineering Company, mit denen sind wir auch in Kooperation. Das ist die Basis für die Kooperation. Die zweite Basis sind natürlich meine Verbindungen zur Universität."
Prof. Kühne ist seit Jahren Experte an der Hefei-Universität und Honorarprofessor an der Tongji-Universität. Der Wissensdurst der chinesischen Studenten hat ihn tief beeindruckt.
„Was ich immer wieder bewundere ist, wie neugierig die Studenten sind und wie wissensbegierig die Studenten sind. Die Studenten kommen nach der Vorlesung mit ihrem USB-Stick und wollen die Vorlesung haben und schicken mir E-Mails und Fragen. Das ist sehr lebendig und das macht viel Spaß. Und mit dieser Haltung, der aufgeschlossenen Haltung der Studenten, mit der können wir Gutes leisten."
In Zukunft gibt es in China noch viel zu optimieren. Prof. Kühne sagt:
„Es ist immer was zu optimieren, nicht nur in China sondern überall auf der Welt. Weil, neue Ideen brauchen wir, wenn wir in wenigen Jahren zehn Milliarden Leute haben auf der Welt und zwei Milliarden Autos. Die brauchen neue Antriebe, die brauchen eine andere Art von Verkehrslenkung. Also es gibt überhaupt keinen Stillstand. Und die großen Herausforderungen zu sehen, das macht großen Spaß."
Angesichts der mangelnden Forschung über Stadtverkehrssysteme in China wird Prof. Kühne mit seinen modernen Ideen und Technologien sicher zur Gestaltung der künftigen Verkehrsplanung in chinesischen Städten beitragen. Wir wünschen ihm weiterhin viel Erfolg und alles Gute in China!
Text und gesprochen von Qiu Jing