Kaum zu glauben, aber wahr: Bis zur Qing-Dynastie vor ungefähr 300 Jahren war es den Han-Chinesen nicht erlaubt, ihr Haar zu schneiden. Dennoch hat sich der Friseurberuf in China etablieren können. Wie es dazu gekommen ist, erfahren Sie im folgenden Beitrag:

Konfuzius hat einmal gesagt, "Körper, Haar und Haut - alles kam von unseren Eltern. Daher wagen wir es nicht, sie zu beschädigen. Das ist die Basis der kindlichen Pietät."
Die "kindliche Pietät" hatte einen großen Einfluss im alten China. Doch was bedeutet dieser Ausdruck eigentlich? Im Verlauf des letzten Jahrtausends trugen die Han-Chinesen, die größte ethnische Gruppe in China, langes Haar. Sie glaubten, dass jeder Teil ihres Körpers, einschließlich des Haares, ein Erbgut der Eltern ist. Es wäre den Eltern gegenüber deshalb respektlos, sie zu beschädigen.
Folklorist Wang Zuoyi erklärt:
"Die Chinesen schätzen das Haar sehr, weil es von den Eltern gegeben wird. Zum Beispiel werden Ehepaare 'Jie Fa Fu Qi' genannt, auf Deutsch etwa: das Paar, das ihr Haar zusammen band. Das Haar wird seit alten Zeiten von den Chinesen verwendet, um die Zuneigung der Geliebten zueinander auszudrücken. Das zeigt, wie wichtig das Haar für die Chinesen ist, und wie es ein Teil der traditionellen chinesischen Kultur geworden ist."
Die alte Lehre, das eigene Haar unbeschädigt zu halten, war so tief in den Gedanken der Chinesen verwurzelt, dass im alten China das Haareschneiden als eine Strafe für Verbrecher praktiziert wurde.
1644 kamen die Manchuren aus dem Nordosten in das Innere Chinas und gründeten die Qing Dynastie. Sie zwangen die Han- Chinesen, ihr Haarmodell "rasierter Kopf und Zopf am Hinterkopf" anzunehmen. Zuvor haben chinesische Männer ihr Haar in einem Haarknoten zusammengebunden, während Frauen ihr Haar auf verschiedene Art und Weise flechteten.
Schriftsteller Li Jinlong erläutert:
"Während der Regierungszeit des Qing Kaisers Shunzhi wurde eine Verordnung erlassen, wonach alle Männer im Land ihren Kopf rasieren müssen. Diese Verordnung wurde landesweit zwangsweise durchgesetzt."
Um diesen Zwang umzusetzen, verabschiedete die Qing Dynastie ein grausames Gesetz. Es hieß: "Behaltet entweder euer Haar oder euren Kopf". Diese barbarische Politik verletzte jedoch die Würde der ganzen Nation und rief Wut unter den Han-Chinesen hervor. Mehrere rebellische Aufstände waren die Folge des heftigen Widerstands. Also wurden Soldaten beauftragt, um das Handwerk des Friseurs auszuüben.
Zhang Youwang, stellvertretender Präsident der Beijinger Gewerkschaft für Kosmetiker und Friseure, führt dazu weiter aus:
"Es gab damals nicht genug Personal, um das Haar von den Leuten zu schneiden. Also wurden Handwerker rekrutiert, um diese Fertigkeit zu erlernen. Später erhielten sie die Lizenz für den Friseurberuf."
Da es immer mehr Menschen gab, die die Kunst des Haareschneidens erlernten, entstand bald ein neuer Beruf. Die Kunden bekamen jedoch erst einmal Angst, als sie Friseure sahen.
Schriftsteller Li Jinlong erläutert:
"Wandernde Friseure trugen eine lange Bambus-Latte über ihren Schultern. An einem Ende der Latte hing eine kleine Kommode zur Aufbewahrung von Rasiermesser, Bürsten und Haarwäscheapparaten. Dieses Möbelstück diente als Sitz für Kunden. Am anderen Ende der Latte hingen ein Wasserbehälter, Waschschüssel und ein Holzkohle-Brennofen. Und als ein Friseur damals durch eine kleine Gasse lief, schlug er das Instrument Huantou'. Es klingt so:
"Das Huantou sah aus wie eine große Pinzette. Sein Klang erinnerte an militärische Ordnung, an eine kaiserliche Verordnung. Sobald es klingelte, mussten alle Männer, die in der Nachbarschaft wohnten, aus ihren Wohnungen kommen und ihre Köpfe rasieren lassen."
Mit der Zeit ist der Zorn auf das demütigende Mandat verflogen. Alle Klassen im Land haben schließlich den Zopf akzeptiert. Und allmählich verloren die renommierten Friseure ihren bisherigen Ruf und wurden Teil einer "normalen" Dienstleistungsindustrie.
Die Chinesen blieben bei den Zöpfen bis zum Ende der Revolution im Jahr 1911. Aus der Revolution ergab sich eine für Zivilisten wichtige Änderung, nämlich das Abschneiden der Zöpfe. Die Kunstfertigkeit der Friseure war jedoch weiterhin gefragt.
Dazu Volkskundler Wang Zuoji:
"Wenn sich Kinder beispielsweise ihre Gelenke verrenkten, brachten ihre Eltern sie zum Friseur. Der war früher nämlich ein halber Chirurg. Gewisse Fertigkeiten wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Sie waren auch bei Massage oder Ohr-Reinigung geschickt."
Obwohl das Haareschneiden schließlich zu einer täglichen Praxis wurde, hielten sich die meisten Chinesen an gewisse Traditionen. Während des ersten Monats des chinesischen Mondkalenders ging man beispielsweise nicht zum Friseur, da sonst der Onkel sterben würde, hieß es im chinesischen Volksmund. Warum, eklärt Volkskundler Wang Zuoyi:
"Überlieferungen zufolge rasierte der Qing-Kaiser Shunzhi im ersten Monat des chinesischen Mondkalenders seinen Kopf, um Mönch zu werden. Sein Onkel starb zufälligerweise am Tag darauf. Das ist der Ursprung dieser Sitte."
Heute, wenn die Chinesen ihr Haar abschneiden, denken wenige Leute daran, dass das Haar ein Geschenk der Eltern ist und geschätzt werden soll. Und die Entscheidung, entweder Haar oder Kopf zu behalten, ist auch eine legendäre Geschichte geworden.
Verfasst von: Xing Daiqi
Übersetzt von: Xiao Lan



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