Lu Wei ist ein Jahrgänger des chinesischen Star-Pianisten Lang Lang. Beide wurden in China geboren und haben hier ihre musikalische Grundausbildung absolviert. Bereits im Alter von 23 Jahren wurde Lu Wei zum ersten Konzertmeister des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin ernannt. Damit wurde der gebürtige Beijinger zum jüngsten Konzertmeister eines weltweit renommierten Orchesters.
Lu Wei wurde im Jahr 1981 in eine Beijinger Musikerfamilie hineingeboren. Unter der Anleitung seines Vaters begann er schon im zarten Alter von drei Jahren mit dem Erlernen des Geigenspiels. Obwohl sich die ersten Versuche mit der Geige alles andere als einfach gestalteten, gab Lu Wei nie auf. Seine Beharrlichkeit sollte sich auszahlen, gewann er doch nicht weniger als drei Mal den Beijinger Geigen-Wettbewerb für Kinder.
Als 9-Jähriger bestand Lu Wei die Aufnahmeprüfung der Grundschule, die dem Zentralen Konservatorium untersteht. Dank hervorragenden Leistungen schaffte er den Sprung an die Mittelschule des Konservatoriums drei Jahre später problemlos. 1995 schließlich kam Lu Wei in den Genuss von Geigenunterricht durch den namhaften chinesischen Violinisten Lin Yaoji.
Seinen eigentlichen Aufstieg aber verdankt Lu Wei der zufälligen Begegnung mit der deutschen Geigenvirtuosin Anne-Sophie Mutter. An die erste Begegnung mit seiner zukünftigen Mentorin erinnernd sich Lu Wei selbstverständlich gerne:
"Während ihres China-Gastspiels im Jahr 1997 besichtigte Anne-Sophie Mutter kurz das Zentrale Konservatorium. Ich hatte das Glück, ihr "Die letzte Rose des Sommers", eines der schwierigsten Violinstücke überhaupt, vorspielen zu dürfen. Es hat Frau Mutter überrascht, daß es in China Musikschüler gibt, deren Geigenspiel technisch so einwandfrei ist. In einem so großen Land wie China gab es natürlich viele, die genau so gut spielen konnten wie ich. Dass ich vor ihr spielen durfte, war einfach nur Glück!"
Die deutsche Violinistin war so begeistert von Lu Weis Kostprobe, dass sie ihm ein Jahr später ein Stipendium an der neu gegründeten Anne-Sophie-Mutter-Stiftung in Deutschland anbot. Während seiner Zeit als Stipendiat in Deutschland wurde Lu Wei auch zur Fortbildung in die USA und in die Niederlande geschickt, um seinen Horizont zu erweitern.
Lu Wei betrachtet die Begegnung mit Anne-Sophie Mutter als Wendepunkt in seinem Leben. Die deutsche Virtuosin habe sich in vielerlei Hinsicht wie eine Mutter um ihn gekümmert. Sie habe ihn nicht nur beim Studium unterstützt, sondern ihn auch in wichtigen Lebensfragen beraten, erzählt uns der begnadete chinesische Musiker.
Nach Abschluss seines Studiums an der Musikhochschule Stuttgart musste sich Lu Wei zwischen einer Karriere als Geigensolist oder als Dirigent eines Orchesters entscheiden. Zum selben Zeitpunkt wurde in Berlin gerade die attraktive Stelle des ersten Konzertmeisters des Deutschen Symphonie-Orchesters frei. Nach einem strengen Ausleseverfahren erhielt er den Zuschlag – zufälligerweise genau an seinem 23. Geburtstag. Für Lu Wei kam die Zusage aus Berlin einem Geschenk Gottes gleich.
Mit Mitgliedern aus über 20 Ländern ist das Deutsche Symphonie-Orchester im wahrsten Sinne des Wortes eine große internationale Familie. Lu Wei fühlt sich sehr wohl in dieser Familie, da die einzelnen Mitglieder nicht nach ihrer Hautfarbe oder nach ihrer Staatsangehörigkeit beurteilt werden, sondern einzig nach ihrem musikalischen Können. Dank seiner herausragenden Spielkunst fiel es Lu Wei denn auch nicht schwer, alle rasch zu überzeugen.
Inzwischen hat Lu Wei schon fast zehn Jahre lang in Deutschland gelebt. An Land und Leute hat sich der Beijinger längst gewöhnt:
"In Deutschland, dem Ursprungsland der klassischen Musik, kann ich eine besondere Nähe zur klassischen Musik wahrnehmen. Wer hier gelebt hat, kann die Werke der großen Meister wie Mozart und Haydn besser verstehen. Was das Alltagsleben anbelangt, so ist Deutschland ruhiger. Ich mag ruhige Orte, denn Ruhe regt zum Nachdenken an. Mir gefällt auch die deutsche Mentalität sehr. Die Deutschen sind ernst und gewissenhaft und werden eine Vereinbarung kaum brechen. Sie haben mir einen zuverlässigen Eindruck vermittelt."
Seine berufliche Zukunft sieht Lu Wei in Deutschland. Daneben möchte er sich für die Verbreitung der klassischen Musik in China sowie für den musikalischen Austausch zwischen seinem Heimatland China und seinem Gastland Deutschland einsetzen:
"Ich bin gerne bereit, in meiner Freizeit China im musikalischen Bereich zu unterstützen. Eine Möglichkeit, um die klassische Musik populärer zu machen, wäre zum Beispiel, wenn Musiker, die mindestens fünf Jahre lang in Europa gelebt und studiert haben, Kurse an chinesischen Musikhochschulen halten würden - nicht um ihre Spielkunst, sondern um ihre Erfahrungen und ihr Verständnis von Musik an chinesische Studenten weiterzugeben."
Mod. Wir wünschen Lu Wei bei diesem Vorhaben natürlich viel Erfolg und hoffen, dass sich die Verständigung und der musikalische Austausch zwischen China und dem Ausland dank den Bemühungen von ihm und den anderen im Ausland studierenden Chinesen ständig verbessern.
Verfasst von: Xiao Lan
Gesprochen von: Qiu Jing