An der Grenze zwischen den südwestchinesischen Provinzen Yunnan und Sichuan liegt der Lugu-See. Um den See herum leben 13.000 Menschen, die sieben unterschiedlichen Nationalitäten angehören. Rund 6.000 davon gehören zur Mosuo-Nationalität. Die Mosuo sind für ihre matrilineare Gesellschaftsstruktur bekannt. Sie leben im Haushalt der Mutter.

Der Lugu-See hat eine Fläche von mehr als 50 Quadratkilometern und liegt 2.690 Meter über dem Meeresspiegel. Seine durchschnittliche Tiefe beträgt 45 Meter. An der tiefsten Stelle misst er sogar über 90 Meter. Sein Wasser ist so klar, dass man bis elf Meter unter die Wasseroberfläche sehen kann. Auf dem Lugu-See gibt es auch eine Reihe von Inseln, die mit üppigen Bäumen bewachsen sind. Auf einigen finden sich zusätzlich noch lamaistische Klöster. Denn die Mosuo sind gläubige Buddhisten.

Der Lugu-See ist von hohen Bergen umgeben. Einige der Berggipfel sind mehr als drei Monate pro Jahr schneebedeckt. Die Region um den Lugu-See ist auch bekannt für gut erhaltene Urwälder.

Die einzigartige Naturlandschaft und die Kultur der Mosuo haben den Lugu-See zu einem beliebten Reiseziel gemacht. Im Jahr 1993 hat die Regierung der Provinz Sichuan den Lugu-See unter Naturschutz gestellt.

He Yuhong, eine Touristin aus der südchinesischen Provinz Guangdong, ist begeistert von der natürlichen Schönheit des Lugu-Sees:

"Die Landschaft ist wunderschön. Besonders das Wasser hat mir sehr gut gefallen. Es ist kristallklar. Man kann sehr tief hinab sehen."

Die Insel Heiwawu ist eine der acht Inseln auf dem Lugu-See. Sie bietet den Zugvögeln ideale Überwinterungsbedingungen. Jedes Jahr reisen Naturfreunde in großen Scharen zur Vogelbeobachtung an den Lugu-See.

Um ihr Einkommen etwas aufzubessern, bieten einige Mosuo den Touristen auch Bootstouren an. Der 18-jährige Luzu ist einer von ihnen. Seit seinem Mittelschulabschluss steuert er Touristenboote. Er freut sich zwar sehr über den Nebenverdienst aus dem Tourismusgeschäft, warnt gleichzeitig aber auch vor einem wachsenden Problem:

"Der Tourismus hat nicht nur einen positiven Einfluss auf den See. Einige Besucher werfen ihren Müll manchmal einfach achtlos weg. Wir müssen sie stets daran erinnern, dass man den Müll nicht überall wegwerfen darf. Wir müssen den Touristen ein gutes Beispiel geben. Der See muss ordentlich geschützt werden."

Das Leben der Mosuo basiert auf dem Matriarchat. Das heißt, die Großmutter besitzt die Autorität in der Familie. In jedem Haushalt gibt es speziell ein Zimmer für die Großmutter. Da die wichtigsten familiären Versammlungen im Zimmer der Großmutter abgehalten werden, ist dieses ganz anders eingerichtet als die übrigen Zimmer.

Infolge des zunehmenden Kontakts mit der Außenwelt hat sich aber auch die Kultur der Mosuo allmählich zu verändern begonnen. So werden mittlerweile zum Beispiel immer weniger neue Zimmer für die Großmütter gebaut. Die lokale Verwaltung versucht diesem Trend entgegen zu wirken, indem sie die Bevölkerung ermuntert, an ihren alten Traditionen festzuhalten. Das Zimmer der Großmutter spielt nach Ansicht von Yu Lijun, dem Direktor des Verwaltungsausschusses für den Lugu-See, eine wichtige Rolle für den Erhalt der Mosuo-Kultur:

"Die Mosuo-Kultur ist eine einzigartige Kultur. Sie ist unersetzbar. Das Matriarchat ist das Zentrum der Mosuo-Kultur. Jede Kultur braucht für ihren Fortbestand Träger. Die Mosuo-Kultur bildet keine Ausnahme. Würden die Mosuo den materiellen Träger ihrer Kultur verlieren, dann wäre die Mosuo-Kultur vom Aussterben bedroht."

Verfasst von: Gao Shenghui

Gesprochen von: Xiao Lan