Der G20-Gipfel wird Anfang November im französischen Cannes stattfinden. Liu Mingli von der chinesischen Akademie für moderne internationale Beziehungen fasste die Diskussionsthemen des bevorstehenden Gipfels zusammen. Laut ihm würde die EU bei der Bekämpfung der Schuldenkrise ihre Hoffnung auf die Devisenreserven aufstrebender Volkswirtschaften setzen.
„Die Kapitalquelle zur Krisenbekämpfung gilt als das größte Problem der EU. Bisher konnte in dieser Frage keine Einigung innerhalb der EU erzielt werden, auch nicht zwischen Deutschland und Frankreich. Jetzt liegt die Hoffnung in aufstrebenden Volkswirtschaften, die über enorme Devisenreserven verfügen. Die EU hofft, dass solche Länder ihr Kapital in den Stabilitätspakt investieren können."
Liu Mingli erklärte ferner, dass die Industriestaaten aktuell von einer Finanzknappheit und einem schwachen Wachstum geprägt seien. Auf dem Gipfel werde eine größere Rolle der aufstrebenden Volkswirtschaften bei der Förderung der Weltwirtschaftsentwicklung erwartet werden.
Darüber hinaus könnte erneut über das Thema „Finanzhandelssteuer" diskutiert und beraten werden. Dazu sagte Liu Mingli:
„Wenn die EU die Finanzhandelssteuer erheben würde, könnte eine sogenannte unfaire Konkurrenzsituation auf der internationalen Bühne auftreten. Dabei würden europäische Finanzinstitutionen manche Überlegenheit verlieren. Bei einer eventuellen Steuererhebung innerhalb der EU würden Finanzinstitutionen schweren Belastungen ausgesetzt sein."
Liu Mingli betonte, manche EU-Staaten, darunter Großbritannien, betrachteten eine einheitliche weltweite Steuererhebung als eine Voraussetzung zur Krisenbekämpfung. Auf dem G20-Gipfel könnten die Teilnehmer dazu jedoch kaum eine Vereinbarung zu diesem Thema treffen.
Er fuhr fort, man müsse noch abwarten, wie stark sich der Gipfel auf die Bekämpfung der Krise auswirken werde.
„Die Möglichkeit ist gering, dass es auf dem G20-Gipfel zu einer einheitlichen, verbindlichen Vereinbarung zur Schuldenkrise in Europa kommt. Es ist keine leichte Aufgabe, zwischen 17 Ländern der Eurozone einheitliche Vereinbarung zu verabschieden. Der Gipfel gilt vor allem als ein Portal zu Konsultation, Koordinierung und gegenseitigem Verständnis."