Der heute 82-jährige Shen Yirao beschäftigt sich lange mit der Geschichte der Auslandschinesen. Nach seinem Studium an der Fakultät für Geschichte an der Sun-Yat-sen-Universität in der Provinz Guangdong ging er jedoch zuerst nach Taiwan, um dort als Lehrer zu arbeiten. 1957 setzte er sein Studium in den USA fort und war anschließend an der Universität von Maryland, an der Nationalbibliothek der USA und an der Universität des Distrikts Columbia tätig. In den vergangenen Jahren konzentrierte er sich jedoch mehr und mehr auf seine Forschungen über Tibet.
Professor Shen Yirao sagt rückblickend, ein Bericht in den amerikanischen Medien habe 1997 sein Interesse für Tibet geweckt:
"Die Medien berichteten, dass eine Million Menschen in Tibet von der chinesischen Kommunistischen Partei getötet worden seien. Das konnte ich nicht glauben. Ich las viele Dokumente und wusste daher, dass den Statistiken zufolge 1950 nur etwa eine Million Menschen insgesamt in Tibet lebten. Wenn der Bericht wahr gewesen wäre, hätten alle Menschen in Tibet tot sein müssen. Ich hatte natürlich Zweifel daran. Deshalb wollte ich persönlich nach Tibet reisen."
Anfangs jedoch unterstützte Huang Ruiwo ihren Mann nicht. Nachdem er sie aber schließlich überreden konnte, reiste sie zusammen mit ihm nach Tibet. Damals ahnte sie noch nicht, dass sie unvergessliche Momente auf dieser eher unfreiwilligen Reise nach Tibet erleben sollte:
"Wir übernachteten in einem Holiday-Inn. Mit dem Service dort waren wir sehr zufrieden. Die Preise in den Geschäften waren auch nicht teuer. Und die tibetischen Kinder waren sehr süß! Einige Tibeter sprachen Hochchinesisch, andere nicht. Die Verhältnisse der dort lebenden Han waren gut. Ich hatte das Gefühl, die Tibeter hofften, dass mehr Angehörige der Han-Nationalität nach Tibet kommen würden. Es war gut für dortige Entwicklung. Meine sieben Tage in Tibet waren sehr schnell vergangen. Ich wollte damals Tibet nicht wieder verlassen."
Während ihres Aufenthalts in Tibet reisten Professor Shen Yirao und seine Frau in mehrere Städte wie etwa Lhasa und Xigaze und besuchten dabei auch viele Sehenswürdigkeiten, beispielsweise den Potala-Palast und das Kloster Tashilungpo. Während ihrer Reise trafen sie auch viele Touristen aus Europa, die Tibet hoch schätzten. Dazu sagt Huang Ruiwo:
"Die Touristen aus Europa, die wir trafen, sagten uns, dass Tibet ein unbeschreibbares und unglaubliches Paradies sei. Viele Tibeter würden Englisch sprechen. Deshalb, wenn man selbst Englisch sprechen könne, hätte man keine Probleme in Tibet."
In ihrem Tagebuch schrieb Huang Ruiwo unter dem Motto "Unvergessliche sieben Tage in Tibet", die Straßen in Lhasa seien breit und der Handel boome. In Tibet seien viele Legenden zu hören und viele heilige Orte zu sehen. Lhasa habe sich als "Rom oder Jerusalem des Osten" würdig erwiesen. Die Reise nach Tibet habe sie stark beeinflusst.
Nach ihrer Reise teilten Shen Yirao und seine Frau ihre Erlebnisse in Tibet mit ihren Freunden und Bekannten. Aber nicht alle Freunde wollten sich ihrer Meinung anschließen. Shen Yirao zufolge kennen die meisten Amerikaner das richtige Tibet nicht. Sie würden von den amerikanischen Medien schlicht getäuscht:
"Die amerikanischen Medien berichten oft, dass die Tibeter erbärmlich leben. Ich aber bin der Meinung, dass die Politik der chinesischen Regierung für nationale Minderheiten besser ist als in anderen Ländern. Zum Beispiel die Indianer in den USA: sie wurden gezwungen, an einem abgelegenen und rückständigen Ort zu leben. Sie bekommen auch keine Unterstützung von der Regierung für ihre Arbeit und ihr Leben."
Shen Yirao sagt, er habe sogar Drohbriefe und Anrufe von tibetischen Separatisten in Washington D.C. erhalten, nachdem er viele Artikel über Tibet veröffentlicht hatte. Die Wahrheit über Tibet werde meist durch Lügen und Missverständnisse verdeckt. Außerdem verfälschten einige mit Absicht die Wahrheit. Deshalb seien viele Menschen getäuscht worden. Er hoffe nun, dass immer mehr Amerikaner persönlich nach Tibet reisen würden, um sich das richtige Tibet anzuschauen.