Beijing oder Xinjiang – Vielfalt und Einheit durch Sicherheit und Frieden

2020-12-18 09:56:59

Erst kannte ich China nur aus den Medien. Als ich drei Mal dort Urlaub gemacht hatte, änderte sich mein Eindruck schon sehr. Nun lebe und arbeite ich hier seit drei Jahren und es gefällt mir hier gut. China ist sehr sicher ist. Wenn man hier einen Knall hört, dann ist keine Bombe explodiert, sondern bei einem Lastwagen ein Reifen geplatzt. Erschreckt habe ich mich aber trotzdem.

Die COVID-19-Pandemie ist hier unter Kontrolle. Es wird an sehr vielen Orten Temperatur gemessen und bei Verdacht oder für Reisen auch viel getestet, aber es gibt fast keine positiven Testfälle. Gibt es mal nach Wochen irgendwo einen, wird schnell reagiert. Als eine Kollegin vor wenigen Tagen Fieber hatte, machten wir uns natürlich Gedanken. Aber Corona ist hier in Beijing statistisch gesehen der unwahrscheinlichste Grund für Fieber. Sie wurde natürlich getestet, aber negativ.

Meiner Meinung nach kann man ein Land erst richtig verstehen, wenn man es bereist hat, besser noch eine Weile dort gelebt hat, und vor allem erst, wenn man mit Einheimischen gesprochen hat. Es ist wie mit Büchern: Man muss sie selbst gelesen haben. Über das Uigurische Autonome Gebiet Xinjiang hatte ich auch eine Menge gelesen, mich vielseitig informiert, auch bei Kollegen, die dort gewesen sind. Während der einwöchigen Reise konnte ich mir natürlich kein umfassendes Bild machen, aber ich erlebte und lernte mehr, als ich gedacht hatte.

Da wir wegen starken Schneefalls nicht in Ürümqi landen konnten, sondern auf den Flughafen Turpan ausweichen mussten, konnte ich gleich das bunte Leben während der Zugfahrt zum ursprünglichen Ziel erleben. Corona-Kontrollen mittels spezieller Apps gab es im Zug auch. Einige ausländische Journalisten, aber auch eine Gruppe uigurischer älterer Männer brauchten dabei Hilfe, weil ihr Chinesisch nicht gut genug war. Deshalb gehört auch Chinesisch lernen zu den Qualifizierungsmaßnahmen der Regierung.

Es gibt mehr Sicherheitskontrollen in Xinjiang als etwa in Beijing. Das liegt, soweit ich weiß, daran, dass es dort früher Anschläge mit vielen Toten gegeben hat. In Xinjiang wird das Gepäck noch häufiger gescannt als in Beijing, nicht nur an Bahnhöfen und Flughäfen, sondern auch in Hotels und Einkaufszentren. China findet sich nicht mit Terrorismus ab. China zeigt null Toleranz gegenüber jeder Form von Extremismus. China will sicher und friedlich bleiben.

Im vergleichsweise eher armen Xinjiang sind die Uiguren mit etwa 46 Prozent Anteil die größte Minderheit. China fördert Minderheiten zur Bewahrung der kulturellen Vielfalt. Und werden ärmere Menschen in ihrer Heimat durch Bildung und Arbeit wohlhabender, profitieren die Stadt, die Provinz und das ganze Land. So wurde China Armutsbekämpfungsweltmeister. Die Chinesen haben heute mehr als vor ein paar Jahren und viel mehr als vor etwa 40 Jahren, dem Beginn der Reform- und Öffnungspolitik. Mehr Geld, mehr Bildung und mehr Möglichkeiten. In China wächst nicht nur die Zahl der Milliardäre, sondern der Mittelstand wächst auch, im Gegensatz zu sehr vielen Industrienationen.

Ich habe während meiner Reise ein paar Uiguren an ihrem Arbeitsplatz und daheim besuchen können. Alle hatten Ehrgeiz, aber auch sehr gute Mandarin-Kenntnisse. Die Regierung versucht einen Rahmen zu setzen, in dem alle Chinesen Erfolg haben können. Privatleute und Unternehmen machen auch mit. Ein uigurischer Ingenieur konnte überhaupt erst vor Ort in einer Autofirma arbeiten, weil die in der südlichen Provinz Guangdong ansässige Firma GAC Motor extra ihr Montagewerk im weit entfernten nördlichen Xinjiang in Ürümqi hochgezogen hat. Zum Sozialismus chinesischer Prägung gehört eben auch, dass reichere Provinzen ärmere unterstützen.

Die uigurische Direktorin einer Grundschule, in der Uiguren nur einen Anteil von 25 Prozent haben, bot trotzdem eine uigurische Tanz-AG an, weil Tanz und Gesang dieser Art nun mal zur Kultur Xinjiangs gehören. Das verstehen alle. Das Angebot kommt gut an. Eines der Schulgebäude wurde übrigens von einem Milliardär gestiftet. Ein anderer Superreicher unterstützt Xinjiang unter anderem mit öffentlich zugänglichen Pferdekunstsammlungen.

Uigurische Tanzgruppen und Musikanten sowie spezielle Musikdörfer, Parks und Museen werden in Xinjiang gefördert. China profitiert natürlich davon, dass es nicht überall gleich aussieht. Die Menschen vor Ort wissen restaurierte Kulturstätten und Geld zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes ebenso zu schätzen wie Touristen.

Frieden, Sicherheit, gemeinsame Regeln und nicht zuletzt das Gefühl, trotz kultureller und ethnischer Unterschiede eben Chinese zu sein, sind Voraussetzungen für das imposante Wirtschaftswachstum. Minderheiten werden gefördert, aber nicht bevorzugt. Ein Fokus liegt allerdings auf der Armutsbekämpfung.

Fast überall in China gibt es Kirchen, Tempel, Moscheen und andere religiöse Einrichtungen, aber China ist ein eindeutig säkularer Staat, in dem Religion eher als Privatsache gilt. Die Gemeinschaft, Frieden und die Einheit des Staates sind für Chinesen sehr wichtig. Separatismus lässt China aus diesem Grund auch nicht zu, genau wie zum Beispiel Spanien eine Abspaltung von Katalonien nicht zulässt.

Chinas Regierung setzt sich für internationale Zusammenarbeit ein, aber erledigt immer die dringenden Aufgaben im eigenen Land zuerst. Ich sehe erstaunlich viele Beweise für gesunden Menschenverstand in China. Und solange dies so bleibt, wird China für immer mehr Ausländer attraktiv werden.

Text: Nils Bergemann

Fotos im Video via VCG

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