​Europas Sorge um US-Willkür

2020-01-08 15:17:57

Gleich zu Beginn des neuen Jahres haben drei Raketen auf Bagdad das Pulverfass im Nahen Osten gezündet.

Die Militäraktion der USA sorgt für Entsetzen. In einem souveränen Staat durch Raketen einen Militärführer gezielt töten, diese exzentrische Szene könnten sich wahrscheinlich die Drehbuchschreiber in Hollywood nicht so einfach ausdenken. Noch erstaunlicher ist, dass die USA vor dem Angriff nur Israel Bescheid gaben, während ihre engen Alliierten in Europa darüber im Dunkeln gelassen wurden. Kein Wunder, dass der britische Premier Boris Johnson laut einem Bericht von „The Mirror“ seine Schimpfworte nicht zurückhalten konnte, als er davon hörte. Der ehemalige Vorsitzende des Komitees für auswärtige Angelegenheiten im britischen Unterhaus, Thomas Tugendhat, bemängelte, dass die Feinden und nicht die alliierten Partner überrascht werden sollten.

Wer mit internationaler Politik vertraut ist, weiß, dass der Nahe Ost seit Ende des zweiten Weltkriegs das Pulverfass der Welt ist. Aus historischen Gründe und geografischen Faktoren haben Großbritannien, Frankreich, Deutschland und viele andere europäische Länder am Nahen Osten großes Interesse. Diesmal hat der überraschende US-Angriff große Besorgnis in Europa ausgelöst.

Besonders der schon angespannte Konflikt zwischen den USA und dem Iran wurde durch die gezielte Tötung verschlimmert, was wohl der endgültige Abgesang auf das umfassende Abkommen über die iranische Atomfrage war.

Außerdem wird die militärische Vergeltung des Iran und der bewaffneten Schiiten das Personal der NATO-Alliierten im Irak in große Gefahr bringen. Laut einem AFP-Bericht vom Dienstag erklärte Deutschland, einen Teil der stationierten Truppen aus dem Irak zurückzuziehen. Auch Großbritannien hat seine Diplomaten aus dem Irak zurückgezogen, sodass nur noch der britische Botschafter dort verweilt.

Und nicht zuletzt wird ein mit hoher Wahrscheinlichkeit ausbrechender Militärkonflikt zwischen den USA und dem Iran gegen die Interessen der europäischen Länder verstoßen. Bereits direkt nach dem Vorfall geriet die globale Aktienbörse heftig ins Wanken. Die Preise des Goldes und des Roherdöls trieben in die Höhe. Sollte ein Konflikt wirklich ausbrechen, wäre eine Einschränkung des Erdölexports über die Straße von Hormus unausweichlich, was den Erdölimport und die Wirtschaft in Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien negativ beeinflussen würde.

Einst sagte der berühmte Lord Palmerston, „wir haben keine ewigen Verbündeten und wir haben keine ewigen Feinde. Unsere Interessen sind ewig und beständig.“ Von der heutigen Situation ausgehend, haben die USA diese Devise gründlicher als seine europäischen Alliierten umgesetzt.

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