Für Landwirte, die sich gerade von Armut befreit haben, würde eine unerwartete schwere Erkrankung mit höchster Wahrscheinlichkeit in ein finanzielles Loch führen.

„Einen Arzt aufzusuchen, ist für Menschen, die in Berggebieten leben, äußerst schwierig. Statt ins Krankenhaus zu gehen, ertragen wir die Krankheit lieber, solange wir können“, sagt ein 70-jähriger namens Zhao, der in der Gemeinde Langyashan im Landkreis Yixian in der nordchinesischen Provinz Hebei wohnt.

Seit 2018 machen ihm Husten und Atembeschwerden schwer zu schaffen. Dennoch schreckt ihn allein der Gedanke, über 50 Kilometer ins nächstgelegene Kreiskrankenhaus zu fahren, ab. Dafür müsste er um vier Uhr morgens aufstehen, zu Fuß zur Fernbus-Station laufen und dann mehrere Stunden im Bus die Bergstraßen ertragen. Derartiger Stress würde seinen Zustand vermutlich nur verschlechtern und er ging daher trotz seiner fortschreitenden Erkrankung nicht zum Arzt.  

Im bergigen Landkreis Yixian gab es noch einige schlimmere Fälle als Zhao. Viele Menschen in der Region wohnen in Dörfern, die über 100 Kilometer vom Kreiskrankenhaus entfernt liegen. Das bedeutet, es wäre für sie unmöglich, nach den Untersuchungen im Krankhaus noch am gleichen Tag wieder nach Hause zurückzukommen. 

Seit 2016 erhält Yixian im Rahmen eines „zugeordneten Unterstützungsprojekts“ wirtschaftliche und technologische Unterstützung aus dem Beijinger Bezirk Haidian. Ein Schwerpunkt der Hilfsleistung liegt darin, in größeren Dörfern im Landkreis lokale Krankenhäuser zu errichten, die mit Ärzten, Krankenschwestern und moderner medizinischer Ausrüstung ausgestattet sind. Da es in mehreren Kliniken aber an ausreichend fachlich qualifiziertem Personal fehlte, konnten viele Untersuchungen wie Computertomographie und Kardiogramm trotz vorhandener Geräte nicht durchgeführt werden. Für eine hochauflösende CT-Untersuchung mussten die Patienten deshalb nach wie vor ins Kreiskrankenhaus fahren.

Anfang des Jahres hat sich diese peinliche Situation allmählich geändert. Haidian hat dem Landkreis zahlreiche neue medizinische Lösungen zur Verfügung gestellt, unter anderem ein KI-System für vernetzte ärztliche Diagnose-Hilfe.

Sun Yanzhao, Leiter des Krankenhauses in der Gemeinde Langyashan, bezeichnet das System als medizinischen Online-Dienst. Ihm zufolge ist das System in der Lage, lokalen Ärzten durch die Online-Hilfe von Fachkollegen aus weit entfernten Kreis- oder sogar Provinzkrankenhäusern zu einer schnellen und präzisen Bildauswertung von Computertomografien und Kardiogrammen sowie einer Diagnose zu verhelfen.

Solche Technologien haben sich chinesischen Ingenieuren zufolge bereits während des Kampfes gegen COVID-19 in China bewährt und sind weiter ausgereift worden. 28 ländliche Kliniken im Landkreis Yixian sind inzwischen mit der ärztlichen Online-Hilfe vernetzt worden, wobei Ärzte aus großen Krankenhäusern medizinische Beratung und Erfahrung mit ihren Fachkollegen in Bergregionen teilen können. Bislang haben nahezu 10.000 Menschen in Yixian von dem medizinischen Online-Dienst profitiert. Im Großen und Ganzen konnte das abgesteckte Ziel – schwere Erkrankungen auf Kreisebene zu behandeln und kleinere gesundheitliche Probleme im Dorf zu beheben – lokalen Ärzten zufolge realisiert werden.