Besondere Zeiten, besondere Liebe – Ein Deutscher hält an seiner Bäckerei in China fest

2020-06-24 08:24:15

 

„Wir haben die Bäckerei am 20. Februar wieder geöffnet und den Tresen an der Eingangstür platziert, sodass die Kunden nicht hereinkommen konnten. Wenn sie einen Snack gekauft haben, mussten sie ihn mitnehmen. Wir erlauben Sitzplätze zum Essen erst seit dem 20. Mai“, erklärt Uwe Brutzer. Der Deutsche ist der Besitzer der Bäckerei Bach im Bezirk Kaifu der Stadt Changsha in der Provinz Hunan.

Brutzer lebt und arbeitet seit 18 Jahren in Hunan. Nach SARS ist COVID-19 bereits die zweite Epidemie, die er in China miterlebt. Er sagt: „Aus der Perspektive eines normalen Menschen denke ich, dass sich die Fähigkeiten der Regierung und der Öffentlichkeit Chinas, die Epidemie zu kontrollieren und auf sie zu reagieren, im Laufe der Jahre deutlich verbessert hat.“

Bevor Brutzer seine Arbeit wieder aufnahm, verbrachte er mit seiner Familie, wie bereits ein Jahr lang geplant, drei Wochen in Thailand. Während dieser Zeit erreichte die COVID-19-Epidemie in China ihren Höhepunkt. Der Bäcker erinnert sich: „Zu dieser Zeit stand ich in Kontakt mit meinen Verwandten in Deutschland. Sie rieten uns Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Als wir nach Hunan zurückkehrten, hatten wir das Gefühl, dass Changsha bei der Prävention und Kontrolle gute Arbeit geleistet hat. Es gab nicht viel, worüber wir uns besonders Sorgen machen mussten. Und dann dauerte es nicht lange, bis ich meine persönliche Erfahrung genutzt habe, um meinen deutschen Verwandten Ratschläge gegen die Epidemie zu geben.“

Bäckerei Bach hat auf 20 Quadratmeter Ladenfläche zehn Mitarbeiter, darunter Brutzer und einen Praktikanten, die im Schichtbetrieb arbeiten. Brutzer erklärt: „Vor der Wiedereröffnung hat uns die Kommune Leitlinien zur Prävention und Kontrolle der Epidemie, Desinfektionsmittel und andere Materialien zur Epidemiebekämpfung zur Verfügung gestellt.“

Bei Einheimischen sind Uwe Brutzer und seine Frau Dorothee als Wu Zhengrong und Du Xuehui bekannt. Da sie schon so lange in China sind, sprechen sie fließend Chinesisch. Im Jahr 2002 unternahm das Ehepaar einen 17-stündigen Flug von Deutschland nach Changsha, nachdem Brutzer einen Bericht über chinesische Taubstumme gelesen hatte, der ihn „entschlossen machte, etwas für sie zu tun“. Brutzer schloss sich einem Wohltätigkeitsprogramm an, das sich um taubstumme Kinder in der Provinz kümmert und ihnen bei der Sprachrehabilitation hilft.

Ihre Bemühungen zahlten sich aus. Von den 500 Kindern, denen sie geholfen haben, sind viele nach ihrer Ausbildung nun in der Lage zu sprechen und einige wenige sind sogar in der Lage, vollständig zu kommunizieren.

Aufgrund von Kommunikationsproblemen konnten viele der Kinder als Erwachsene jedoch keine Arbeitsstelle finden. Ende 2011 eröffnete Brutzer eine Konditorei und hat einen erfahrenen deutschen Bäcker gefunden, der vier Jahre lang die Ausbildung chinesischer Taubstummer in dem Geschäft unterstützte. Brutzer sagt, er habe den Laden nach Johann Sebastian Bach benannt und hoffe die besten Snacks zu machen, so wie Bach die beste Musik gemacht habe.

Ein eigenes Geschäft zu betreiben, ist aber nicht einfach und Brutzer muss immer die Kosten für Miete und die Gehälter für zehn Mitarbeiter, darunter einige Taubstumme, in Betracht ziehen. Das Ehepaar hat viel geopfert. Brutzer konnte zum Beispiel nicht nach Hause gehen, um seine Eltern ein letztes Mal vor ihrem Tod zu besuchen. Bestimmte Momente haben jedoch bestätigt, dass sich ihr Opfer lohnt, wie ein taubstummes Mädchen, dem sie halfen, an die Universität zu gehen, was in China nicht einfach ist. „Jeder verdient Chancengleichheit. Wir wollen Menschen sein, die Möglichkeiten schaffen, vor allem zu diesen besonderen Zeiten“, erklärt der Deutsche.

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