Die „provisorischen“ Mütter der Coronavirus-Epidemie

2020-02-11 14:34:51

Changsha, Provinz Hunan.

Am 15. Januar ging Tongtong, ein dreijähriger Junge, mit seinen Eltern nach Wuhan, dem Zentrum der aktuellen Coronavirus-Epidemie, um seine Großeltern zu besuchen. Damals war von einer „Epidemie“ noch keine Rede. Eine Woche später kam die dreiköpfige Familie kurz vor dem Frühlingsfest nach Changsha zurück. Unglücklicherweise hatten sich Tongtongs Eltern mit dem Virus infiziert und mussten zur Behandlung und Quarantäne ins Krankenhaus. Nach medizinischer Beobachtung stellten die Ärzte fest, dass Tongtong nicht infiziert war.

Mit den Eltern des Dreijährigen im Krankenhaus und allen Verwandten in Wuhan, das von der Außenwelt total abgeschottet wurde, hatte Tongtong niemanden, der sich um ihn kümmern konnte. Auch das Krankenhaus wollte ihn aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht länger als nötig aufnehmen. Doch wie sollte das Kind alleine überleben? Der lokale Frauenverband hat schließlich ein Hilfsgesuch an die Öffentlichkeit gerichtet. Innerhalb von dreißig Minuten haben sich insgesamt 21 Menschen bereit erklärt, die Rolle einer „provisorischen“ Mutter für Tongtong zu übernehmen.

Die 46-jährige Kita-Pflegerin Liu Jianhua bekam als erste die stolze Aufgabe. Sie und ihr Mann haben den Dreijährigen vom Krankenhaus abgeholt und werden sich zwei Wochen an einer festgelegten Isolationsstelle um ihn kümmern. Sollten Tongtongs Eltern noch länger im Krankenhaus bleiben müssen, wird eine zweite „provisorische Mutter“ die Betreuung übernehmen.

Wuhan, Provinz Hubei.

Lele ist ein Säugling von gerade einmal sechs Monaten, der in der Wuhaner Kinderklinik behandelt wird. Seine Mutter arbeitet in einem anderen Krankenhaus und hat sich als erste in der Familie mit dem Virus infiziert. Sie hat dann ihren Sohn und ihre Eltern angesteckt. Leles Vater arbeitet im Ausland und konnte nach dem Ausbruch der Epidemie nicht in das von der Außenwelt abgeschottete Wuhan zurückkehren.

Die Krankenschwestern in der Wuhaner Kinderklinik haben einen dreischichtigen Dienstplan ausgearbeitet. Sie baden das Baby, wechseln seine Windeln, geben ihm seine Flasche und wiegen es in den Schlaf. Jeden Tag verbringt Lele die Hälfte der Zeit in den warmen Armen der Krankenschwestern.

Glücklicherweise sei Lele relativ leicht von dem Virus betroffen, erklärt die Krankenschwester Hu Qian, die sich gerade um das Baby kümmert. „Mein eigenes Kind ist nur einen Tag älter als er. Er erinnert mich jedes Mal an mein eigenes Baby. Ich werde mein Bestens geben, um ihm die beste Pflege zu geben.“

Guangzhou, Provinz Guangdong.

Der zweieinhalbjährige Yuanyuan ist wohl das glücklichste der drei Kinder. Er darf endlich nach Hause und zwar zusammen mit seiner genesenen Mutter. Nach dem Abend vor dem traditionellen chinesischen Neujahr, dem 24. Januar, wurden Yuanyuans Mutter, sein Vater, seine Großeltern und sein älterer Bruder nacheinander mit dem Coronavirus diagnostiziert. Yuanyuan blieb jedoch von dem Virus verschont. Er wurde im Krankenhaus Nr. 2 der Provinz Guangdong medizinisch beobachtet, in dem seine ganze Familie behandelt wird. Dort hatte Yuanyuan insgesamt 28 „provisorische“ Mütter, die sich in ihrer wertvollen Freizeit freiwillig um den kleinen Jungen kümmerten. Auch wenn er diese „Mütter“ recht gut angenommen hat und oft von den Krankenschwerstern auf den Arm genommen werden will, so ging es doch nicht ganz ohne Tränen und Geschrei „Ich will Mama! Ich will nach Hause!“ von statten.

Nun kann Yuanyuan endlich gemeinsam mit seiner genesenen Mutter zurück nach Hause. Vor ihrer Entlassung bat sie um ein Foto mit den 28 „provisorischen“ Müttern.

Sui Ruilin, die Chefärztin für Atemwegskrankheiten des Krankenhauses, sagte, den Großeltern, dem Vater und dem älteren Bruder gehe es auch immer besser. Hoffentlich dauere es nicht mehr lange, bis die gesamte Familie wieder zusammenkomme.

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