Stimmen aus Wuhan (Folge 2): Eine Heldin an der medizinischen Front

2020-02-05 09:00:00

Die Helden dieser Zeit tragen weiße Kittel und Schutzmasken. Sie arbeiten bis zur Erschöpfung an der medizinischen Front für Chinesen und Ausländer in China. Nicht, weil sie es müssen, sondern weil es selbstverständlich für sie ist.

Die 32-jährige Li, Krankenschwester in der Geburtshilfe in Wuhan, ist eine von ihnen:

Ich arbeite in einem ziemlich kleinen Krankenhaus in Wuhan. Normalerweise kommen ganz selten Patienten während des Frühlingsfests zu uns. Aber die großen Krankenhäuser sind jetzt voll ausgelastet, daher schicken sie viele Kranke zu uns. Einige Experten kommen auch zu unserem Krankenhaus zur Hilfe.

Fast alle Mitarbeiter des Krankenhauses arbeiten zurzeit in Schichten. Viele sind sogar extra zurückgekommen, obwohl sie eigentlich Urlaub nehmen dürfen.

Momentan gibt es in Wuhan fast keine öffentlichen Verkehrsmittel. Ich selbst habe auch kein Auto. Es ist sehr schwer für mich, jeden Tag zur Arbeit zu kommen. Deshalb holt mich ein netter Kollege jeden Tag ab. Zurzeit wird in Wuhan immer mehr abgesperrt und es gibt auch während der Frühlingsfest-Ferien keinen Essens-Lieferservice. Meine Kollegen und ich müssen jeden Tag etwas selbst mitbringen. Das ist unpraktisch.

Meine Kollegen und ich sind alle gesund. Ich freue mich, dass es so viele nette und gutherzige Menschen gibt! Meine Nachbarn haben gehört, dass ich auch während der Feiertage im Krankenhaus arbeite und, dass Schutzmasken knapp werden. Sie sind zu mir gekommen, um mir ihre eigenen Masken zu schenken! Und schon zwei Mal fand ich vor meiner Haustür eine große Tüte. In den Tüten waren zum Beispiel Masken, Schokolade und Säfte. Und sie haben mir kleine Zettel geschrieben: „Pass auf dich auf! Wuhan, gib Gas !“ Das hat mich sehr berührt.

Ich wollte eigentlich in meiner Heimat Yichang das Fest mit meiner Familie verbringen, aber jetzt war ich zum ersten Mal zum Frühlingsfest ganz allein in Wuhan. Meine Eltern und meine Schwester sind in Yichang. Wir telefonieren jeden Tag und ich weiß, dass sie sich große Sorgen um mich machen. Ich persönlich habe aber keine Angst und ich werde gut auf mich selbst aufpassen.

Eine Sache muss ich noch sagen: Eine Tante von meiner Kollegin starb am 26. Januar an den Folgen der Corona-Virus-Infektion. Sie ist aber nicht in Wuhan. Sie wurde nur 58 Jahre alt, das ist wirklich traurig. Die Familienmitglieder, die bei ihr waren, sind jetzt im Krankenhaus in Quarantäne.

Die Krankenhäuser sind überlastet. Es sollen glücklicherweise zwei neue Krankenhäuser in Wuhan in wenigen Tagen entstehen. Ich hoffe sehr, dass unserer Staat weitere effektive Maßnahmen trifft und die schlimme Situation richtig kontrolliert. Wir brauchen noch ein bisschen Zeit, Geduld und Selbstbewusstsein! Ich glaube aber, Wuhan wird sich bald wieder ganz anders zeigen. Und dann sind alle willkommen, unsere Stadt zu besuchen. Die Kirschblüte in Wuhan ist zum Beispiel wunderschön.

Die nächste Folge erscheint morgen: Eine junge Grafik-Designerin erzählt von Selbst-Isolation und gefährlichen Engpässen.


Text: Nils Bergemann

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