Wie Koordinatoren für Organtransplantationen eine Brücke zwischen Leben und Tod schlagen

2020-01-15 09:00:00

Im Beijinger You’an Krankenhaus starb ein 56-Jähriger an starken Hirnstammblutung. Dennoch wurde er am 16. Dezember 2019 um 13:30 Uhr von der Intensivstation in den OP gebracht. Seine Angehörigen waren trotz ihrer Trauer zu der schwierigen Entscheidung gekommen, seine Organe zu spenden.

Eine Stunde später wurden dem Patienten die Leber und die Nieren entnommen und von einem Computersystem zwei geeigneten Patienten zugeteilt. Es handelte sich um die 184. Organspende, die dank den Bemühungen von Liu Yuan, einem Koordinator für Organtransplantationen im You’an Krankenhaus, zustande kam.

Der 40-jährige Liu Yuan arbeitete elf Jahre als Chirurg für Operationen der Leber und der Galle in dem Beijinger You’an Krankenhaus. In diesen Jahren sah er viele Patienten im Spätstadium einer Leberverhärtung und Leberkrebspatienten, die aufgrund eines Mangels an Spendenorganen sterben mussten.

2007 wurden in China „Vorschriften für Organtransplantationen am menschlichen Körper“ erlassen, ein Zeichen für die Legalisierung und Standardisierung der Spende und Transplantation menschlicher Organe in der Volksrepublik. Dank einer ständigen Optimierung der Gesetze und Vorschriften für Organspenden ist die Organspende verstorbener Bürger inzwischen die einzige legale Quelle für Organtransplantationen in China. Im März 2010 wurde offiziell ein Test der freiwilligen Spende menschlicher Organe gestartet. Dadurch entstand der Beruf „Koordinator für die Transplantation menschlicher Organe“.

2014 gab Liu Yuan sein Dasein als Chirurg auf und wurde ein solcher Koordinator für Organtransplantationen. Zu seinen Tätigkeiten gehören unter anderem die Entdeckung potentieller Spender, die Kontaktaufnahme mit den Angehörigen verstorbener Patienten sowie die Aufklärung über die Gesetze und Vorschriften. In den vergangenen Jahren haben Liu und sein Team die Angehörigen von über 500 verstorbenen Patienten kontaktiert und über 180 Organspenden vermittelt.

Liu Yuan bezeichnet seine Arbeit als ein Wettrennen gegen die Zeit. Die in Trauer versunkenen Angehörigen könnten oft nicht verstehen, warum er solche „grausamen“ Vorschläge mache. Einerseits brauchen die Angehörigen Zeit, um den Tod dieser wichtigen Person in ihrem Leben zu akzeptieren, andererseits können die Organe nur in einem gewissen Zeitraum genutzt werden und die Patienten, die auf eine Organtransplantation angewiesen sind, brauchen dringend ein Spendenorgan. Die Arbeit eines Koordinators für Organtransplantationen ist daher eine schwierige Aufgabe. Liu Yan hat viele Bücher über Psychologie gekauft, um die Angehörigen besser zu verstehen und ihnen zu helfen.

Für die Koordinatoren gehört Ablehnung zu ihrem Arbeitsalltag. Jedoch ist Ungewissheit die größte Herausforderung, die sie meistern müssen. Es gibt Angehörige, die im Gespräch einer Organspende zustimmen, die nötigen Dokumente schließlich aber nicht unterschreiben. Die Koordinatoren können nur mit den Angehörigen in gutem Kontakt stehen und ihre Entscheidung respektieren. Angehörige hätten bis zum letzten Augenblick das Recht, ihre Entscheidung zu ändern, sagt Liu Yuan.

Der traditionellen Denkweise der Chinesen zufolge hat man seinen Körper, seine Haare und seine Haut von seinen Eltern geerbt und darf sie daher nicht beschädigen. Eine Organspende ist für viele Chinesen daher ein absolutes Tabu. Erfreulicherweise ist das Bewusstsein für Organspenden in China in den vergangenen Jahren jedoch verstärkt worden. Viele Menschen in gutem Gesundheitszustand haben Liu Yuan angerufen, um sich bereits zu Lebzeiten als Organspender registrieren zu lassen. Derzeit gibt es landesweit rund 1,7 Millionen registrierte Organspender.

Gleichzeitig hat die Zahl von Organspenden und -transplantationen deutlich zugenommen. Statistiken der Staatlichen Kommission für Gesundheit und Hygiene zufolge belegte China 2018 hinsichtlich der Organspenden weltweit den zweiten Platz.

Für China, das bevölkerungsreichste Land der Welt, klafft die Schere bei der Organspende aber noch immer weit auseinander. Jedes Jahr warten nahezu 300.000 Patienten auf ein Spendenorgan.

Liu Yuan und alle Mitglieder seines Teams gehen mit gutem Beispiel voran und sind bereits als Organspender registriert. Sie hoffen, dass sie damit noch mehr Menschen beeinflussen können, ebenfalls ihre Organe zu spenden.




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