Station für Sterbebegleitung, wo das Leben würdevoll Abschied nimmt

2019-12-13 09:00:00

Ein in warmen Farben gehaltenes Zimmer und eine herzerwärmende Fotowand, die Station für Sterbebegleitung der Beijinger Seniorenklinik ruft keine Assoziationen mit dem Tod hervor. An jedem Zimmereingang hängt ein Bild mit einer – jeweils unterschiedlichen – Blume, um eine warme, familiäre Atmosphäre für die Patienten zu schaffen.

Patienten, die hierher eingeliefert worden sind, leiden an unheilbaren Krankheiten, wie Krebs, Herz-oder Nierenversagen und haben in der Regel nur noch drei Monate zu leben. Für sie spielt die Linderung von Symptomen und Schmerzen eine große Rolle. Yang Aimin, Experte für palliative Therapie und Sterbebegleitung erläutert:

„An erster Stelle steht die palliative Therapie, das heißt, die Symptome des Patienten zu lindern.“

Im Mai 2010 wurde die Station für Sterbebegleitung der Beijinger Seniorenklinik offiziell in Betrieb genommen. Damit ist die Seniorenklinik eine der ersten Kliniken des dritten Rangs in Beijing,

die solche medizinischen Dienstleistungen zur Verfügung stellen.

Im Vergleich zu der Hektik in normalen Stationen ist es in der Station für Sterbebegleitung ruhiger und der Rhythmus ist langsamer. Eine typische Alltagsszene in der Station sieht so aus: Die Pflegerin hält die Hand des Patienten und fragt leise, wie es ihm heute geht. Selbst die kleinsten Änderungen beim Appetit und mentalem Zustand werden sorgfältig notiert.

Der 1972 geborene Jiang Hongning ist seit Gründung der Station als Stationsleiter tätig und hat über 1000 Patienten bis zu ihrem Lebensende begleitet. Die Zahl der Ärzte ist inzwischen von zwei auf fünf gestiegen und die der Schwerstern auf 15. Auch die Zahl der Betten ist von 18 auf 35 erhöht worden.

Jiang Hongning bezeichnet die Sterbebegleitung als ein Zeichen des gesellschaftlichen Fortschritts. Jeder müsse sich irgendwann mit dem Tod auseinandersetzen. Sowohl die Sterbenden als auch ihre Angehörigen benötigten die Hilfsleistungen medizinischer Einrichtungen, meint Jiang.

Damit die Patienten diese Welt ohne Bedauern verlassen können, werden sie von den Ärzten und Pflegekräften ermutigt, sich ihre letzten Wünsche zu erfüllen. Jiang Hongning erläutert:

„Selten wollen die Sterbenden eine Reise unternehmen oder ihrem Hobby nachgehen, wie beispielsweise Skifahren. Ein großer Teil von ihnen will lieber nach Hause gehen und ein paar Tage mit den Angehörigen verbringen.“

In einer solchen Station sind Druck und Schwermut unvermeidlich. Dafür gibt es einen Gesprächsraum und ein Fitnessstudio. Freiwillige kommen regelmäßig in die Station, um den Sterbenden und ihren Angehörigen zu helfen, sich psychisch zu entlasten und besser mit dem Tod umzugehen.  

Oberschwester Mao Chunmei hat 15 Jahre lang diesen Beruf ausgeübt. Heute ist sie in der Lage, Tränen zurückzuhalten und tapfer mit dem Tod des Patienten umzugehen. Am Berufsanfang war es aber ganz anders, erinnert sich Mao:

„Als ich eine junge Schwerster war, habe ich auch geweint. Ich kann mich noch klar an einen eleganten alten Mann erinnern, der ganz normal mit uns plauderte und zwei Tage später auf einmal gestorben war.“

Trotz des großen Drucks und Schwermuts sind alle Stationsmitglieder davon überzeugt, dass sie eine sinnvolle Arbeit geleistet haben.

Es gibt beispielsweise Angehörige, die lange nach dem Tod des Patienten in die Station zurückkehrten, um sich nochmals bei den Ärzten und Pflegekräften zu bedanken.

Statistiken zufolge stellen Menschen, die älter als 60 sind, mit 250 Millionen 18 Prozent der Gesamtbevölkerung in China. 40 Millionen von ihnen können nicht oder teilweise nicht für sich selbst sorgen. Parallel dazu ist der Mangel an medizinischer Versorgung für Senioren, Rehabilitationszentren, Pflegeanstalten und Sterbebegleitungs-Kliniken groß.

Laut einer Untersuchung von 2016 benötigen jedes Jahr über 100.000 Menschen in der chinesischen Hauptstadt eine Sterbebegleitung. Wegen Bettmangel kann die Nachfrage bei weitem nicht gedeckt werden.


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