Aus chinesischen Bergen auf englischen Rasen – Wenn ein Lamm zum Fußballpartner wird

2019-10-06 08:00:00

„Pong! Pong! Pong!“, schallt es durch ein kleines Tal auf dem Lössplateau in der nordwestchinesischen Provinz Gansu. Die zwölfjährige Zhao Luting übt gerade Fußball mit ihrem besten Freund: einem kleinen Lamm. Sie schießt den Ball zu dem Lamm, das ihn mit dem Kopf wieder zurückrollt. Das junge Mädchen mit seinem Ball und dem Lamm bilden in der Abendsonne ein wunderschönes, harmonisches Bild.

Zhao Luting begann mit acht Jahren, Fußball zu spielen. In den Sommerferien fand sie niemanden, mit dem sie üben konnte. „Ich versuchte dann, einem Lamm von meinen Eltern beizubringen, mit seinem Kopf den Ball zu mir zu rollen. Es ist allmählich ein guter Partner geworden“, erzählt die Zwölfjährige. Sie nutzt die Tür einer alten Autorikscha als Tor und trainiert fleißig in ihrem von Unkraut überwucherten Garten.

Ihr Interesse an Fußball entstand in der Schule. Die Zhonglianchuan-Grundschule im Kreis Yuzhong in der Provinz Gansu ist ein Internat, das auf einer Höhe von 2.300 Metern über dem Meeresspiegel liegt. Seit 2013 trainieren die Schüler dort Fußball. Bisher wurden mehr als zehn der ehemaligen Schüler von professionellen Fußballvereinen aus dem ganzen Land aufgenommen. Über 30 weitere Schüler trainieren jetzt in speziellen Fußballschulen der Provinz. Zehn Schüler haben sogar bereits Kurse in Spitzenclubs der englischen Premier League wie Arsenal London und Leicester City besucht.

Der große Erfolg der Schule erregt auch große Aufmerksamkeit in der Gesellschaft. Mit der Unterstützung verschiedener gesellschaftlicher Kreise bekamen zwei Schüler der Grundschule die Gelegenheit, einen zweiwöchigen Fußballkurs in England zu besuchen. Zhao Luting ist einer davon. „Es war wie ein Traum, als ich auf den Rasen des Fußballvereins Nottingham Forest trat“, erinnert sich Zhao begeistert.

Insgesamt 41 Kinder aus der Provinz Gansu sind im August 2019 für den Fußballkurs nach London geflogen. Sie haben die Umkleidekabine von Nottingham Forest besucht und durften in der Halbzeitpause eines Spiels als Ehrengast auf das Feld gehen, um vor vollem Haus ihre Fähigkeiten zu zeigen.

Das Fußballniveau in Nordwestchina ist im Vergleich zu anderen Landesteilen sehr unterentwickelt. Auf dem Land interessieren sich noch weniger Menschen für den beliebtesten Sport der Welt. Das soll sich in absehbarer Zukunft ändern. Seit 2016 investiert das Finanzamt der Provinz Gansu jährlich zehn Millionen Yuan RMB in die Verbreitung von Fußball an Schulen und Hochschulen. Nicht nur die Infrastruktur wurde beschleunigt aufgebaut, sondern es wurden auch mehrere Trainingssysteme und Jugendligen etabliert.

Ma Anwu, Direktor der Zhonglianchuan-Grundschule, erklärt, derzeit spielten alle 65 Schüler seiner Schule Fußball. Viele von ihnen könnten den Ball 500 bis 600 Mal ununterbrochen jonglieren.

Die Sonne geht unter und das letzte Training ist zu Ende. Zhao Luting will noch nicht nach Hause und übt alleine auf dem Sportplatz weiter. Ihr Idol ist die chinesische Nationalspielerin Wang Shanshan. Eines Tages für die Nationalelf spielen, das ist ihr größter Traum.


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