Am westlichen Fuß des Berges Wuyi im Grenzgebiet der Provinzen Jiangxi und Fujian liegt die Gemeinde Zhangping der She-Nationalität, einer der 55 nationalen Minderheiten Chinas. Die Gemeinde ist 122 Quadratkilometer groß und hat 1.090 Einwohner.

Die She-Nationalität hat zwar eine eigene Sprache, aber keine eigene Schrift. Dafür wird Chinesisch benutzt. Die She-Nationalität hat auch keine eigenen Feste, wie bei der Han-Nationalität werden bei der She das Frühlingsfest, das Drachenbootfest und das Mondfest feierlich begangen.

Eine große Attraktion der She-Gemeinde Zhangping ist der 1.000 Quadratmeter große Totemplatz, auf dem vier Totemsäulen mit einem Durchmesser von je einem Meter und einer Höhe von fünf Metern emporragen. Die Säulen und die Wandmalerei sind mit exquisiten Reliefmustern versehen und machen einen geheimnisvollen Eindruck. Welche Bedeutungen haben diese Reliefsmuster? Xie Jiangen aus dem lokalen Museum erläuterte:

"Die Wandmalerei spiegelt das harmonische Zusammenleben von Mensch und Hund wider. Angehörige der She-Nationalität verehren Hunde seit Generationen als ihre Vorfahren."

Xie Jiangen zufolge hängt diese Totem-Verehrung mit der Jagd, von der die Vorfahren der She lebten, zusammen. Ein anderes Tier, das die She verehren, ist das Longqi, das den Kopf des Drachens und den Körper des Fabeltiers Qilin hat.

Die Kultur und Folklore der She sind vom Charakter ihrer Nationalität stark geprägt. Ein Beispiel dafür sind die Heiratsbräuche. Beide Ehepartner lernen sich durch Liederwechsel kennen. Gefällt einem Mann ein Mädchen, so beauftragt er einen Ehevermittler, ihr einen Heiratsantrag zu machen. Xie Jiangen erzählt uns:

"Hochzeiten bei den She sind ziemlich interessant. Gelangt der Mann zum Abholen seiner Braut an den Dorfeingang, so muss er zuerst ein paar Fragen antworten, bevor er ins Dorf eingelassen wird. Die Beantwortung erfolgt durch Lieder. Wenn er die Fragen richtig beantwortet, wird er ins Dorf eingelassen."

Die She-Nationalität ist gut im Singen und Tanzen. Es gibt vielerlei Tanzarten bei den She. Am bekanntesten ist der Stalllaternentanz. Mit dem Stalllaternentanz feiern die She eine gute Ernte beziehungsweise begehen das Neue Jahr. Getanzt wird der Stalllaternentanz von mehr als 20 Tänzern. Zu den Requisiten gehören neben normalen Stalllaternen auch Laternen in Form von Schmetterlingen und Karpfen. Lei Manguo, ein Stalllaternentänzer erläuterte:

"Die Laternen unterschiedlichster Form haben jeweils ihre eigene symbolische Bedeutung. Die Karpfenlaterne symbolisiert Überfluss und Reichtum, die Stalllaterne symbolisiert Erfolg und die Schmetterlinglaterne steht für die Liebe."

Die Stalllaternentänzer sind entsprechend ihrer Nationalität gekleidet und tragen ein Kopftuch mit Hundemotiven. Sie singen Lieder im Rhythmus des Tanzes im Stil der Berglieder ihrer Nationalität.

Beim Frühlingsfest werden nach Ende des letzten Tanzes die Stalllaternen verbrannt. Das ist ein Zeichen der Dankbarkeit gegenüber den Vorfahren und des Wunsches nach Glück und Fortschritt im neuen Jahr. Dieser traditionelle Tanz der She habe sich entsprechend der Zeit weiter entwickelt, teilte Xie Jiangen vom lokalen Museum mit.

"Früher war die Melodie des Stalllaternentanzes langsam. Heute ist der Rythmus des Tanzes schneller geworden und neue Bewegungen sind hinzugekommen. Früher wurde der Stalllaternentanz ausschließlich während des Frühlingsfestes getanzt, heute wird er auch zur Begrüßung von Gästen vorgeführt."

Der Stalllaternentanz hat sich heute sogar landesweit einen Namen gemacht. Seit 1996 ist er viermal auf nationalen Sportspielen vorgeführt worden. Getanzt wurde er auch 1999 bei den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China in Beijing .

Die She-Nationalität ist reich an Volksliedern. Überliefert sind bis heute mehr als 1.000 verschiedene Stücke. Die Volkslieder der She sind traditionell in drei Kategorien unterteilt: Lied der Teepflückerinnen, Liebeslieder sowie Frage- und Antwortlieder. Hinzu kommen neue Volkslieder, die das moderne Leben von heute widerspiegeln.