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Das Marionettenspiel aus Quanzhou
   2008-09-12 14:55:23    Seite Drucken    cri

Marionetten sind leblose Figuren. Doch Künstler vermögen es, den Figuren mit ihren geschickten Händen Leben einzuhauchen. Auf diese Weise zeigen Marionetten plötzlich menschliche Regungen. Eine hohe Fingerfertigkeit und viel Lebenserfahrung sind für Marionettenspieler besonders wichtig, um die hölzernen Figuren in scheinbar lebendige Akteure zu verwandeln. Das Marionettentheater von Quanzhou ist eines der ältesten und seltensten seiner Art in China. Es war sogar an der Eröffnungsfeier der 29. Olympischen Sommerspiele in Beijing zu sehen.

Xia Rongfeng, der stellvertretende Leiter des Quanzhouer Marionettenensembles, trat mit seinen Kollegen an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Beijing auf:

"Es war für uns Marionettenspieler eine einmalige Gelegenheit, unsere Kunst vor über vier Milliarden Zuschauern weltweit zu präsentieren. Wir sind sehr stolz und glücklich darüber."

Das Marionettentheater von Quanzhou zählt zu den ältesten Opernarten Chinas. Es ist mehr als 2.000 Jahre alt. Das ist der Grund, warum das Marionettentheater aus Quanzhou und die Peking-Oper an der Eröffnungszeremonie der Beijinger Spiele die chinesische Oper vertreten durften. Dazu Xia Rongfeng:

"Das Marionettentheater darf mit Recht als eine der Quellen der chinesischen Oper bezeichnet werden, da seine Ursprünge über 2.000 Jahre zurückreichen. Das Marionettentheater entstand schon vor der Han-Dynastie und erlebte in der Tang-Dynastie seine Blütephase, während andere Opernarten erst später entstanden."

Das Marionettentheater galt einst als ein Mittel zur Kommunikation der Menschen mit ihren Göttern. Daher ist diese Kunstform seit ihrer Entstehung eng mit religiösen Aktivitäten verbunden. Für die Einwohner von Quanzhou gehört das Marionettenspiel seit jeher zu einem festen Bestandteil ihres Lebens. Es ist in Quanzhou Sitte, an Hochzeiten, Geburtstagen, bei Begräbnissen oder auch nach Naturkatastrophen Marionettenspiele aufzuführen, um böse Geister zu vertreiben.

Die Marionetten sind ungefähr 70 Zentimeter groß und haben Kopf, Bauch und Glieder. Von den Marionetten führen Fäden, die an einer Platte befestigt sind, zu den Spielern nach oben. Die Marionetten können alle menschlichen Bewegungen imitieren. Das Geheimnis liegt in den Fäden. Der Puppenspieler manipuliert die Bewegungen und den Gesichtsausdruck der Marionetten, indem er mit seinen zehn Fingern an den Fäden zieht.

Wegen ihrer Gestalt, den lebendigen Schnitzereien und der Puder-Farben-Technik gelten die Marionetten als Volkskunst von hohem künstlerischem Wert. In der Tang- und Song-Dynastie beschränkte man sich auf schöne Holzschnitzereien und die Bemalung. Heutzutage besitzen alle Puppen ein individuelles Aussehen. Ihr Antlitz ist oft übertrieben dargestellt. Einige Marionetten haben Ohrläppchen, ein aufklappbares Maul, einen überdimensionalen Kopf und sogar Augen, die auf- und zugemacht werden können.

Aus den vergangenen zwei Jahrtausenden sind mehr als 700 Stücke des Puppentheaters von Quanzhou überliefert worden. Ein bekanntes Stück des Ensembles heißt "Mulian Jiu Mu" (auf Deutsch "Mulian rettet ihre Mutter"). Die Aufführung des Stücks dauert über 52 Stunden. Dieses Monumentalstück ist 600 Jahre lang überliefert worden und gilt als eine Art Enzyklopädie, die Auskunft über Religion, Folklore, Sprache und Kunst des antiken Quanzhou gibt.

Das Marionettentheater von Quanzhou führt seine Stücke zu einer ganz eigenen Musik auf, die so genannte "Kuilei Diao" (auf Deutsch "Marionetten-Melodie"). Von dieser Musik sind mehr als 300 Melodien inklusive der Dokumentation über die dazugehörige Begleitung mit antiken Musikinstrumenten erhalten geblieben. Einzigartig ist das Instrument "Ya Jiao Gu". Das "Ya Jiao Gu" ist eine Art Trommel, bei deren Spiel der Trommler einen Fuß oben auf die Trommel legt, um einen speziellen Toneffekt zu erzeugen.

Die Qualität eines Marionettenspiels lässt sich anhand der Bewegungen der Figuren erkennen. Durch die Bewegungen wird der Charakter der Figuren zum Ausdruck gebracht. So bewegt sich eine weibliche Figur zum Beispiel vornehm wackelnd, während eine Beamtenfigur langsam und würdevoll läuft.

Gemäß Xia Rongfeng dauert die Ausbildung zum Puppenspieler normalerweise fünf Jahre. Ein Marionettenspieler muss gut im Sprechen und Gesang sein und über optimale Fingerfertigkeiten verfügen. Wie bei vielen anderen traditionellen chinesischen Volkskünsten gab die Nachwuchsfrage lange zur Sorge Anlass. Xia Rongfeng geht aber davon aus, dass sich diese Situation bald ändern wird:

"Wir sind davon überzeugt, daß nach unserem Auftritt an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Beijing immer mehr Interessierte das Marionettenspiel lernen werden. In Zusammenarbeit mit der Shanghaier Theaterhochschule werden wir einen Marionetten-Kurs anbieten."

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