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Krisztina Egerszegi
   2008-07-14 13:23:08    Seite Drucken    cri

Sie war Ungarns Goldfisch, sie ist die erfolgreichste Schwimmerin bei Olympischen Spielen und trägt den eigenwilligen Spitznamen Eger, ungarisch für Maus, oder sogar Egerke, Mäuschen. Wie kommt die Maus ins Schwimmbecken ist die Frage, die sich leicht beantworten lässt, da Eger ein Wortspiel mit dem Namen dieser herausragenden Athletin ist, die eigentlich auf den Namen Krisztina Egerszegi hört. Sie war ein Ausnahmetalent, das das Glück hatte, rechtzeitig von einem guten, umsichtigen und vorsichtigen Trainer entdeckt zu werden. Denn schon im Alter von vier Jahren lernte das Mäuschen schwimmen, ihr Trainer hieß Miklos Kiss, ein ehemaliger Rückenschwimmer, der in seiner Freizeit Schwimmer trainierte. Sein Kennerblick erkannte sofort, dass das zarte Mädchen ein ungeschliffener Diamant war. Miklos Kiss informierte den ungarischen Schwimmtrainer der Damen, dass er vermutlich die in weinigen Jahren beste Schwimmerin seines Teams im Training habe. Das machte den erfahrenen Trainer dann doch sehr neugierig. Allein wie sich

Egerszegi in diesen jungen Jahren entwickelte, überzeugt ihn davon, dass man dieses Mädchen sowohl sportlich als auch akademisch ausbilden musste. Als das Mäuschen 1980 in die Grundschule kam, übernahm daher Gyorgy Thury das Training. Seit ihrem zwölften Lebensjahr wurde das Mäuschen dann persönlich vom ungarischen Nationaltrainer betreut. Er hatte seine Perle gefunden. Es sei eine unvergessliche Erfahrung für ihn gewesen, Egerszegi zehn Jahre lang betreuen zu dürfen, sagt er noch heute. Es sei ein großes Glück und eine Herausforderung für ihn gewesen, mit ihr trainieren zu dürfen. Zwei Jahre nachdem Laszlo Kiss das Training übernommen hatte, war das Mäuschen reif für seinen ersten ganz großen Auftritt bei einem internationalen Wettkampf und es war nicht irgendein Wettkampf, es waren die Olympischen Spielen 1988 in Seoul. Vollkommen unbefangen und mit einer fantastischen Technik gewann die junge Ungarin in neuem Olympischen Rekord Gold über die 200 Meter Rücken. Neben ihren Konkurrentinnen wirkte das junge, schmale Mädchen mit ihren 166 Zentimeter und 45 Kilogramm fast zerbrechlich, wie ein Mäuschen eben. Ihr Spitzname wurde der Welt verständlich und vertraut, vor allem auch, weil die Berichterstattung des ungarischen Kommentators Tamas Virtay so mitreißend war. "Komm Maus, schwimm kleines Mädchen", rief er aufgeregt ins Mikrophon. Diese Sätze haben in Ungarn den gleichen Kultstatus wie die legendäre Berichterstattung mit dem Ausruf: "Aus! Aus! Aus! Das Spiel ist aus, Deutschland ist Weltmeister!" des deutschen Kommentators Herbert Zimmermann zum Finale der Fußball-WM 1954 in Bern.

Die Maus war in diesem Wettkampf, der ihr Land in einen Freudentaumel versetzte, im Übrigen 19 Kilogramm leichter als die leichteste ihrer Konkurrentinnen. Über die 100 Meter Rücken musste sie sich nur Kristin Otto aus der DDR geschlagen geben. Als man ihren Trainer fragte, wie ein so junges Mädchen mit dem Druck umgegangen sei, sagte er gar nicht, denn sie sei viel zu jung gewesen, um den überhaupt wahrzunehmen. Er habe dafür sorgen müssen, dass sie sich im olympischen Dorf nicht langweilte, also habe er Verstecken mit ihr gespielt. Zurück in Ungarn wurde weiter hart gearbeitet. Denn ihr Trainer hatte erkannt, dass gerade ihre Physiognomie, ihre schmalen Hüften und Oberschenkel, ihr kleiner Po, ihre breiten, aber sehr lockeren Schultern, ihre großen Handflächen und ihr perfekter Auftrieb, eine wichtige Voraussetzung für ihren Erfolg waren. Trotz Krafttraining musste sie also ihre Proportionen bewahren. Außerdem wollte der Trainer die perfekte Schwimmtechnik konservieren, ohne Egerszegi zu früh zur Spezialistin zu machen. Daher ließ er sie immer wieder Freistil schwimmen, hierdurch sollte der komplizierte Atemrhythmus erlernt werden. Um ihre Flexibilität zu erhalten, trainierte sie alle Schwimmstile. Ihr Trainer arbeitet ebenso hart wie die Athletin selbst. Um ihren Armzug beim Rückenschwimmen zu perfektionieren, erdachte er neue Trainingsmethoden. So zog Egerszegi auf einer extrem schmalen Bahn von nur 60 Zentimetern Breite mit einer Konservendose auf dem Kopf ihre Bahnen. Die schmale Bahn zwang sie dazu, die Hände unter dem Po durchzuziehen, die Dose erforderte ein ruhiges Schwimmverhalten. Für die Beinarbeit entwickelten die beiden einen Sechs-Schläge Rhythmus, ein System, dass die junge Schwimmerin so schnell so perfekt beherrschte, dass ihr Trainer erklärte, er habe das Gefühl gehabt, sie sei mit diesem Beinschlag geboren worden. Das Mäuschen war ausgesprochen zäh und ehrgeizig. Ihr Trainer hatte große Probleme, eine Fähigkeit zu fördern, die ihm aber besonders am Herzen lag, die Fähigkeit sich selbst zu beobachten und seine Leistung einzuschätzen. Denn für die Maus gab es einfach keine geeigneten Trainingspartner und es war keine Alternative, sie gegen Männer antreten zu lassen. Daher musste der Trainer Egerszegi gegen die Uhr schwimmen lassen, auch wenn er wusste, dass das für einen Sportler sehr schnell langweilig werden kann. "Ich erklärte ihr, die Zeiten, die ich ihr vorgab, seien für sie wie Körbe im Basketball oder Tore im Fußball." Und sie akzeptierte. Das Mäuschen war sogar bereit, jeden Lauf zu wiederholen, wenn sie das vorgegebene Ziel nicht erreicht hatte. Spätestens im zweiten Versuch habe sie es fast immer erreicht, berichtet ihr Trainer. Das bunt gemischte Training, eine perfekte Vorbereitung für den Lagenwettbewerb, sorgte dafür, dass die Bahnen im Becken für Egerszegi abwechslungsreich blieben. Außerdem konnte so sichergestellt werden, dass das Mäuschen seine perfekte Technik nicht verlor. Innerhalb weniger Jahre hatte sich Egerszegi zur elegantesten, effizientesten und konstantesten Rückenschwimmerin ihrer Zeit entwickelt. Das stellte sie bei den Europameisterschaften 1991 eindrucksvoll unter Beweis. In einem fantastischen Rennen unterbot sie den Weltrekord der Amerikanerin Betsy Mitchell über 200 Meter Rücken um sage und schreibe 1,98 Sekunden. Ihr neuer Weltrekord von 2 Minuten 06,62 Sekunden hatte eine neue Sphäre des Rückenschwimmens eröffnet. Erst 16 Jahre später drang Kirsty Coventry aus Zimbabwe in diese Sphäre ein, als sie den Rekord brach.

Im Jahre 1991 war das Mäuschen eine unerreichbare Klasse für sich und sie war definitiv auf den nächsten großen Event vorbereitet, auf die Olympischen Spiele 1992 in Barcelona.

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