Am 29. Mai begibt sich die Patientin Zhou Xiaoqin ins Zelt der Ärztin Carola Martino. Drei Tage vorher ließ sie sich wegen einer Blinddarmentzündung im italienischen Feldkrankenhaus operieren. Ihr Mann begleitet sie. Zhou Xiaoqin will der italienischen Ärztin ein paar Anhänger als Geschenk überreichen. Dankbar sagt sie:
"Ich weiß den Namen dieser italienischen Ärztin nicht. Aber sie behandelte mich gut. Nach der Operation besuchte sie mich jeden Tag zweimal. Sie riet mir, mich viel zu bewegen und viel Wasser zu trinken. Es ist sehr heiß hier, im Zelt herrschen 40 Grad Celsius. Trotzdem besuchte sie mich immer. Ich kenne nicht viele englische Wörter, möchte aber zu ihr sagen: Thank you very much!"
Zhou Xiaoqin drückte ihre Dankbarkeit in Form von Anhängern aus. Auf beiden Anhängern stehen die chinesischen Schriftzeichen "Ruyi", was auf Deutsch „Glück" bedeutet. Durch dieses besondere chinesische Schriftzeichen wolle sie den Ärzten Glück wünschen, erzählt sie uns.
Viele Opfer in den Katastrophengebieten drückten ihren aufrichtigen Respekt und ihre tiefe Dankbarkeit gegenüber den Mitgliedern des italienischen Rettungsteams aus, wie uns die Ärztin Carola Martino mitteilt:
"Ich bin sehr berührt. Wenn wir spazieren gehen, werden wir von der lokalen Bevölkerung oft in ihr Zuhause eingeladen, wo sie uns ihre besten Speisen auftischen. Heute gingen wir zum Gemüseeinkaufen. Ein Verkäufer wollte unser Geld nicht. Sein Verhalten hat uns tief berührt."
Nach 14 Tagen musste das medizinische Team aus Italien wieder abreisen. Es verließ die Gemeinde Xiaode in der Stadt Mianyang am vierten Juni und kehrte nach Chengdu zurück. Einige Oberschüler, die dem italienischen Team bei der Anmeldung und Überwachung der Patienten geholfen hatten, entwickelten ein freundschaftliches Verhältnis zu den italienischen Rettungskräften. Ihnen fiel der Abschied besonders schwer:
"Ich möchte nicht von ihnen Abschied nehmen. Wir lieben sie sehr."
Der italienische Botschafter Riccardo Sessa nahm an der Abschiedsfeier in der Gemeinde Xiaode teil. Um die traurigen Kinder zu trösten, schlug er vor, ein gemeinsames Foto zu machen.
"Wie heißt du? Wie alt bist du? Machen wir zusammen ein gemeinsames Foto, okay?"
Nach dem Gruppenbild mit den Mitgliedern des italienischen Ärzteteams beruhigten sich die Kinder ein wenig. Botschafter Sessa beschrieb uns die Szene folgendermaßen:
"Die Reaktionen der Einheimischen, besonders die Tränen der Kinder, sind der beste Beweis für die gute Arbeit des medizinischen Teams aus Italien. Durch die aufrichtigen Augen der Kinder sehen wir sowohl die Dankbarkeit der lokalen Bevölkerung als auch die positive Bewertung unseres Teams."
Beim Abschied versammelten sich die Mitglieder des italienischen Rettungsteams und die Kinder, um einander Lebewohl zu sagen. Die Assistentin des Gruppenleiters, Maria Rosa, konnte ihre Tränen nicht zurückhalten:
"Meine Tränen sind fröhliche Tränen. Ich kann meine Gefühle nicht richtig beschreiben. Die einheimischen Ärzte, Freiwilligen und die lokale Bevölkerung in den Katastrophengebieten haben uns viel geholfen, viel mehr als das, was wir ihnen gaben. Ich bin nur aufgeregt und traurig, alle diese Menschen wieder verlassen zu müssen. Es lässt sich leider nicht ändern. Ich werde nach der Rückkehr aber weiterhin an die Menschen hier denken. Ich hoffe, dass sie ihre Schwierigkeiten so schnell wie möglich überwinden können."
Das verheerende Erdbeben hat die Mitglieder des italienischen Rettungsteams und die Opfer der Katastrophe zusammengeführt. Unserer Ansicht nach ist diese gegenseitige Hilfeleistung und Wertschätzung das Positive, das wir aus dieser Katastrophe gelernt haben. Wir werden es zu schätzen wissen.