Nordrhein-Westfalen hat momentan eine wichtige Brückenfunktion für das Europageschäft chinesischer Unternehmen inne. Über 460 chinesische Firmen mit mehr als 2.500 Beschäftigten sind derzeit in Nordrhein-Westfalen ansässig. Es handelt sich sowohl um Niederlassungen großer chinesischer Unternehmen als auch um eine Vielzahl kleinerer Handelsunternehmen. In dieser Begebenheit sehen zahlreiche deutsche Logistikanbieter große Geschäftschancen.
Laut Angaben der NRW.INVEST GmbH ist Nordrhein-Westfalen daran, sich zu einem der wichtigsten Standorte für chinesische Unternehmen in Europa zu entwickeln. Nachdem sich die Zahl der chinesischen Unternehmen im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland im Zeitraum von 2003 bis Ende 2006 vervierfachte, ist die Zahl der Firmen aus China auch im Jahr 2007 wieder deutlich um 15 Prozent gestiegen. Rund 460 chinesische Unternehmen haben sich bislang in Nordrhein-Westfalen niedergelassen. Insgesamt beschäftigen sie rund 2.500 Mitarbeiter. Die Bereiche Handel, Marketing und ICT, sprich die Informations- und Kommunikationstechnologie, sind am stärksten vertreten. Die in diesen Branchen beheimateten Unternehmen sehen Nordrhein-Westfalen in der Regel mehr als Marktplatz und weniger als Werkbank. Für 60 Prozent der chinesischen Unternehmen sind Verkauf und Service sowie das Exportgeschäft die Hauptaufgaben. Inzwischen haben sich fast 80 Prozent der chinesischen Firmen in Deutschland im Bundesland Nordrhein-Westfalen angesiedelt. 48 Prozent dieser Unternehmen sind Gründungen chinesischer Staatsbürger, bei 44 Prozent handelt es sich um Tochterunternehmen. Der Gründungsboom hält weiter an.
Die Attraktivität des Rhein-Ruhrgebiets für chinesische Investoren besteht Experten zufolge in erster Linie darin, dass Nordrhein-Westfalen alle Kriterien eines geeigneten Logistikstandortes erfüllt. Dazu gehören unter anderem eine zentrale Lage, optimale Verkehrsinfrastruktur, aber auch fachliches Knowhow und die Nähe zum Kunden. Nach Auffassung von Yan Yabing, der Vertreterin der NRW.INVEST GmbH in Shanghai, machen alle diese Merkmale Nordrhein-Westfalen und seine Logistikunternehmen zu einem hervorragenden Partner für chinesische Investoren:
"Der Außenhandel zwischen Nordrhein-Westfalen und China hat sich in den vergangenen Jahrzehnten schnell entwickelt. Im Jahr 2007 legte der gegenseitige Im- und Export gegenüber dem Vorjahr jeweils um 21,6 und 25 Prozent zu. Zum weiteren Zuwachs können auch die mehr als 10.000 Logistikanbieter in Nordrhein-Westfalen beitragen, weil sie mit den 460 im Bundesland angesiedelten chinesischen Unternehmen über eine große Kundschaft verfügen. Die chinesischen Firmen sind vor allem in den Bereichen Im- und Export, Groß- und Einzelhandel sowie Marketing tätig. Ihre Niederlassungen befinden sich überwiegend in Düsseldorf und Köln."
Um noch mehr chinesische Investoren zur Ansiedlung in Nordrhein-Westfalen zu bewegen, fand am Rande der internationalen Fachmesse "Transport and Logistic China" eine Werbeveranstaltung über den Logistikstandort Nordrhein-Westfalen statt. An dieser Veranstaltung nahm auch Ernst Küchler, der Oberbürgermeister von Leverkusen und Ratsmitglied des Logistikvereins der Region Köln-Bonn, teil. Seiner Einschätzung nach ist die Region Köln Bonn ein Logistikstandort von internationaler Dimension. Für chinesische Investoren, die den europäischen Markt beliefern, verknüpft die Region die Verkehrsträger Straße, Schiene, Wasser, Luft sowie Pipelines zu leistungsfähigen Systemen und ermöglicht dadurch lückenlose intermodale Transportwege entlang der gesamten Wertschöpfungskette, wie uns Küchler erläutert:
"Die Region Köln-Bonn liegt nicht wie Shanghai direkt am Meer. Sie ist aber als Knotenpunkt verschiedenster Verkehrswege für Europa sehr wichtig und hervorragend ausgebaut. Zudem hat der Handel bei uns eine so lange Tradition, dass Weltoffenheit für unsere Region selbstverständlich ist. Das sind gute Voraussetzungen für den internationalen Handel. "
Der chinesische Außenhandel hat sich seit mehreren Jahren dynamisch entwickelt. Allein im Jahr 2006 betrug das Handelsvolumen von Nordrhein-Westfalen in China 19 Milliarden Euro. Mit keinem anderen Staat in Asien betreibt das Bundesland so intensive Geschäfte wie mit China. Angaben der NRW.INVEST GmbH zufolge verkaufen nordrhein-westfälische Unternehmen vor allem Maschinen, Eisen- und Stahlprodukte sowie chemische Erzeugnisse nach China. Im Gegenzug importierte Nordrhein-Westfalen aus China vorwiegend Elektronik, Computer und Textilien. Für die Lieferung all dieser Waren sind leistungsfähige Häfen und Flughäfen selbstverständlich unentbehrlich. Dabei spielt der Flughafen Köln-Bonn eine dominante Rolle, wie Franz Heuckeroth van Hessen, der Direktor der Frachtabteilung des Flughafens, betont:
"Deutschland ist der größte Handelspartner Chinas und zugleich ein Motor zur Entwicklung des Handels zwischen der Europäischen Union und China. Diese Rolle übernimmt vor allem das Bundesland Nordrhein-Westfalen mit seiner geografischen Nähe zu Belgien und Holland. Ganz vorne dabei ist auch der Flughafen Köln-Bonn. Alle wichtigen europäischen Städte und Ballungszentren wie Hongkong, Shanghai sowie sechs Ziele in den USA sind im Frachtflug nonstop erreichbar. Für die Waren nach und aus China ist besonders sinnvoll, dass bereits jetzt die für Großraumflugzeuge notwendige doppelstöckige Be- und Entladung im Frachtbereich eingerichtet ist. Das leistungsfähige Handling- und Buchungssystem liefert im komplexen Frachtabfertigungsprozess jederzeit umfassende und zeitnahe Informationen zu den transportierten Waren."
An der Werbeveranstaltung in Shanghai nahm eine Vielzahl der deutschen Unternehmen teil, die sich auf anspruchsvolle logistische Aufgaben spezialisiert haben. Die WM-Logistik GmbH und Co. KG ist ein Tochterunternehmen der WM Group GmbH mit 30 Beteiligungsgesellschaften und 1.800 Mitarbeitern. Ihr China-Repräsentant, Christoph Pantel, erklärt uns die Strategie seines Unternehmens:
"Unsere Absicht ist es, mit unserem europäischen Logistik-Knowhow chinesische Hersteller und deutsche Hersteller in China, die ihre Produkte nach Europa exportieren wollen, zu unterstützen und zusammen Konzepte zu erarbeiten, wie besser, effizienter und gewinnbringender gearbeitet werden kann. Wir planen die Eröffnung eines Büros in Shenzhen, um genau diese Dienstleistung aus dem europäischen Markt anzubieten."
Auch in der Logistikbranche verläuft die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit nicht in der Einbahnstraße. Laut Yan Yabing, der Repräsentantin der NRW. INVWST GmbH, ist eine verstärkte Ansiedlung chinesischer Logistikanbieter in Nordrhein-Westfalen wünschenswert:
"Der Bereich Transport und Logistik zählt derzeit neben der Automobilindustrie, der Informationstechnologie, der Energiewirtschaft und dem Maschinenbau zu den wichtigsten Branchen, in denen wir chinesische Investoren nach Nordrhein-Westfalen holen möchten."