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Der Erfolg der Unbekannten
   2008-03-17 16:28:46    Seite Drucken    cri

Heute starten wir in die letzte Runde unserer Underdog- und Überraschungssieger-Schau. Wir wollen Ihnen heute wieder die Athleten vorstellen, die eigentlich für die ganz große Spannung bei Olympischen Spielen sorgen, weil sie plötzlich wie aus dem Nichts an die Favoriten heranlaufen, diese richtig fordern und ihnen manchmal sogar den Sieg streitig machen. Was wären die Spiele ohne sie?

Waldemar Cierpinski war einer dieser Athleten, der quasi völlig überraschend von hinten das Feld aufrollte, um den Favoriten vollkommen schockiert auf Rang zwei zu verweisen.

Der talentierte Athlet war zunächst als Hürdenläufer ausgebildet worden und obgleich er 1972 der schnellste Hürdenläufer der DDR war, fehlten ihm genau zwei Sekunden, um das Ticket zu den Spielen nach München zu lösen. 1974 lief Cierpinski in Kosice, heute Slowakei, seinen ersten Marathon, wurde dritter und beschloss von nun an, Marathon zu laufen. Und er qualifizierte sich für die Spiele 1976 in Montreal. Dort trat auch der Olympiasieger von München Frank Shorter an. Aber Cierpinski ließ sich davon nicht beeindrucken. Als Shorter schon ab der Hälfte der Strecke versuchte sich abzusetzen, blieb Cierpinski dran, er ließ Shorter nie mehr als 30 Meter Vorsprung. Shorter war, wie sich später herausstellte, etwas irritiert, wer dieser Nobody war, der ihm da so unangenehm zusetzte. Bei Kilometer 34 legte Cierpinksi dann einen Gang zu und zog an Shorter vorbei. Zur großen Überraschung aller gewann Cierpinski den olympischen Marathon von Montreal. Vier Jahre später in Moskau war Cierpinski, nun nicht mehr unbekannt, wieder dabei. Er hatte nach einem unbeschreiblichen Trainingspensum in den vier Jahren seit Montreal erst Anfang des Jahres 1980 die Qualifikation geschafft. Aber das störte ihn alles wenig, er lief in Moskau unbeirrt seinen Lauf und sicherte sich zum zweiten Mal in Folge olympisches Gold im Marathon. Das hat außer ihm bislang nur der große Abebe Bikila geschafft.

Und auch mit Pasqualle Passarelli hatte niemand so richtig gerechnet. Der Sohn italienischer Einwanderer, der für Deutschland antrat, war zwar vor den Spielen in Deutschland bereits ein erfolgreicher Ringer im griechisch-römischen Stil gewesen. Er war sechsmal deutscher Meister geworden, 1978, 79 und 81 bis 84, aber dass er sich international behaupten können würde, damit rechnete man nicht. Bei den Olympischen Spielen 1984 kämpfte sich Passarelli ungeachtet der klingenden Namen seiner Gegner bis ins Finale. Dort traf er auf den amtierenden Weltmeister Masaki Eto aus Japan. Wieder zeigte sich Passarelli vollkommen unbeeindruckt, er ging den Kampf sehr offensiv an und erarbeitete sich eine 8:2 Führung. Doch dann kam Etos Erfahrung zum Tragen, dachte man. Eto brachte Passarelli beinahe zu Boden. In einem unbeschreiblichen Kraftakt wehrte sich Passarelli 90 Sekunden lang mit einer Brücke gegen den drohenden Kontakt seiner Schultern mit dem Boden. Das Finale wurde aufgrund dieser 90 Sekunden und des unglaublichen Kampfgeistes, den Passarelli bewies, legendär. Passarelli sicherte sein Einsatz die olympische Goldmedaille im Bantamgewicht. Sie war übrigens die erste Goldmedaille in dieser Klasse für Deutschland seit den Spielen 1960.

Die Teilnehmerliste des Tennisturniers der Olympischen Spiele 1992 in Barcelona bestand aus der Creme de la Creme der aktuellen Szene. Neben dem Weltranglisten Ersten des Vorjahres Stefan Edberg traten der amtierende Weltranglisten Erste Jim Courir, aber auch Stars wie Boris Becker, Pete Sampras und Michael Chang an. Trotz der großen Namen schaffte es mit dem Schweizer Marc Rosset ein vergleichsweise unbekannter Athlet ins Finale. Dort traf er auf einen Lokalmatador, der fast noch unbekannter war als er selbst, auf Jordi Arrese. Die großen Namen waren gar nicht so weit vorgedrungen. Die beiden Underdogs lieferten sich ein spannendes Finale über fünf Sätze, am Ende hieß der Sieger Marc Rosset. Er gewann damit bei den Olympischen Spielen in Barcelona die einzige olympische Medaille für sein Heimatland.

Wir haben uns inzwischen daran gewöhnt, dass die Olympiasiegerinnen im Turnen meist Teenager sind. Wenn Athletinnen in anderen Sportarten gerade ihre Bestform erreichen, haben sich die Turnerinnen meist schon aus dem aktiven Wettkampfsport zurückgezogen. Kein Wunder, dass es also für einige schwer vorstellbar war, dass Agnes Keleti im Alter von 35 Jahren der Konkurrenz noch gefährlich werden könnte, aber sie konnte. Die zehnfache ungarische Meisterin hätte eigentlich schon 1940 im guten Turnerinnenalter von 19 Jahren an den Olympischen Spielen teilnehmen sollen, diese fielen aber aufgrund des Zweiten Weltkrieges aus. Acht Jahre musste Keleti auf ihre Chance warten, und die konnte sie dann tragischerweise nicht wahrnehmen, obwohl sie qualifiziert war. Eine Verletzung hinderte sie. Wieder sollten vier Jahre vergehen, bis sie erstmals an Olympischen Spielen teilnehmen konnte, 1952 in Helsinki war sie immerhin schon 31 Jahre alt. Mit der Mannschaft gewann sie Silber, in der Einzelwertung holte sie Gold am Boden und Bronze am Stufenbarren. Vier Jahre später wollte sie es aber noch einmal wissen. Hier unterlag die ungarische Mannschaft der russischen nur knapp, es gab wieder Silber für Keleti. Am Stufenbarren und am Schwebebalken sicherte sich die Ungarin allerdings Gold, am Boden konnte sie ihren Olympiasieg von 1952 verteidigen, musste sich die Medaille aber mit der erfolgreichen russischen Turnerin Larissa Latynina teilen. Im Einzelmehrkampf musste sich Keleti der 14 Jahre jüngeren Latynina geschlagen geben, sie gewann aber Silber. Auch für die Gruppengymnastik erhielten die ungarischen Turnerinnen Gold. Keleti hatte damit den Mythos von der unbesiegbaren Jugend mit Eleganz entzaubert. Mit dem Gewinn von vier Gold- und zwei Silbermedaillen im Alter von 35 Jahren wurde sie zudem eine der erfolgreichsten Turnerinnen bei Olympischen Spielen. Das hatte nun wirklich keiner erwartet.

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