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Wandel der Kunst
   2008-02-22 18:26:32    Seite Drucken    cri
Liesbeth Coppens präsentiert seit zwei Jahren in Shanghai ihr Können in Bezug auf zeitgenössische chinesische Kunst. Die 1,80 m große blonde Belgierin ragt nicht nur im Wortsinne heraus, sondern sie ist auch noch die einzige Ausländerin unter 39 Chinesen, die im Shanghaier Zendai-Museum für Moderne Kunst arbeitet.

Als sie den Job als Kuratorin bekam, schloss sich Coppens einer exklusiven Gruppe von Ausländern an, die beruflich der Welt die chinesische Kunst zu verstehen helfen.

Für Coppens, die einen Abschluss in Kunstgeschichte und Anthropologie hat, war der Umzug nach Shanghai der ideale Weg, ihre beiden Interessen zu verknüpfen: Kunst und Kultur.

"In Belgien ist es nicht einfach, Kenntnisse über zeitgenössische chinesische Kunst zu erlangen, insofern war ich natürlich sehr gespannt auf China", erzählt Coppens.

"Ich wusste schon, dass ich nach meinem Abschluss ins Ausland gehen wollte. Ich habe es immer genossen, zu reisen und neue Kulturen kennenzulernen."

Coppens hat Freunde in Beijing und Shanghai. Als sie im März 2005 die Chance hatte, in der 198 Artspace, einer privaten Gallerie im berühmten Shanghaier Kunstbezirk Moganshan Road zu arbeiten, konnte Coppens ihr Glück kaum fassen. Leider stellte sich nach kurzer Zeit heraus, dass das Kommerzdenken in einer Gallerie nicht der richtige Weg für Coppens war.

Nach neun Monaten in der privaten Gallerie entschloss sich Coppens, zurück nach Belgien zu ziehen. Doch kurz nach ihrer Rückkehr nach Hause bemerkte sie, dass es ein Fehler war, China zu verlassen, denn sie wollte mehr entdecken.

"Ich war einfach noch nicht fertig mit China", erzählt sie.

Also ging Coppens zurück nach Shanghai. Zu dieser Zeit bekam sie ihren Traumjob: sie wurde Projekt-Koordinatorin in der Kuratorischen Abteilung des Zendai-MoMA. Und obwohl für Coppens als einizige Ausländerin am Museum die tägliche Arbeit eine Herausforderung ist, fühlt sie sich wohl, wenn sie Kunst in den großen weißen Räumen des Museums präsentiert.

"Ich würde von mir selbst sagen, dass ich eine neugierige Person bin, und ich schätze mich glücklich, hier zu sein", so Coppens.

Das Zendai-Museum für Moderne Kunst befindet sich in der Zendai Thumb Plaza im Bezirk Pudong in Shanghai. Der Ausstellungsraum und der Raum für Büros des 3000 Quadratmeter großen Museumsgebäudes wurde kürzlich erweitert und für mehr Angestellte ausgebaut.

Das Zendai MoMA stellt zur Zeit die Skulptur LOVE von dem amerikanischen Künstler Robert Indiana sowie Werke von zeitgenössischen chinesischen Künstlern aus.

Laut Coppens ist es das Ziel des Museums, sowohl eine moderne Kultur der Kunst aufzubauen wie auch einen Dialog mit der internationalen Kunstszene zu entwickeln.

"Im Museum versuchen wir, den Standard von chinesischen zeitgenössichen Kunstakademien auf den der Entwicklung des Landes zu bringen", so Coppens.

Im letzten Herbst besuchte Coppens die Messe für Zeitgenössiche Kunst Asiens in New York City, wo sie bemerkte, dass in der Welt die Aufmerksamkeit auf asiatische Kunst, insbesondere auf chinesische Kunst, steigt. Jedoch meint Coppens, dass das meiste Interesse Publicity sei, was wiederum die Kunstpresie in die Höhe treibe.

"Natürlich verstehe ich aus meiner persönlichen Perspektive, warum die 25-26-jährigen chinesischen Künstler, die kaum aus der Uni heraus sind und bereits ihre Gemälde für 10.000 Dollar verkaufen, sich wünschen, dass ihr Geschäft weiterläuft", sagt sie.

"Gleichzeitig empfinde ich das enorme Interesse für chinesische zeitgenössische Kunst teilweise mehr als Publicity denn als gerechtfertigtes Interesse."

Coppens ergänzt, dass den Themen einiger junger Künstler nach zu urteilen, diese entweder sich selbst wiederholen oder westliche moderne Kunstideale reproduzieren anstatt Innovatives zu kreieren.

Doch während Coppens kritisch in bezug auf einige chinesische zeitgenössische Kunst ist, bleibt sie leidenschaftlich für die Werke, die im Zendai MoMA ausgestellt werden.

Eines der Projekte, die Coppens am aufregendsten findet, wurde zu Beginn des Jahres in Shanghai eröffnet.

"Wir möchten, dass Kunst Teil des Alltags der Menschen wird."

Daher hat das Zendai MoMA das Projekt 'Intrude: Art & Life 366' eröffnet. Während des einjährigen Events wird pro Tag ein neues Kunstwerk oder eine neue Kunst-Veranstaltung in Shanghai vorgestellt.

"Unser Ziel ist es, eine kulturelle Schlagzeile pro Tag zu machen", erklärt Coppens in Bezug auf den Slogan der Ausstellung "Making the ordinary extraordinary, the mundane spectacular" ("Das Gewöhnliche außergewöhnlich machen, und das Profane zu einer Sensation").

Die 366 Events werden von 100 chinesischen und 266 internationalen Künstlern oder Künstlergruppen ausgeführt in Kooperation mit chinesischen und internationalen Organisationen wie der Kunstakademie China in Hangzhou, der Akademie für Schöne Künste an der Universität New South Wales in Australien und dem Institut pour la Ville-en-Mouvement in Frankreich. Das Zendai-Museum für Moderne Kunst lädt Künstler, Gallerien, Museen, Kuratoren und Aufführende ein, an dem umfangreichen Projekt teilzunehmen.

Für Coppens hat sich die Tatsache, in einem fremden Land zu leben, als ein großer Unterschied herausgestellt zu der Tatsache, in ein fremdes Land zu reisen. "Ich versuche intensiv und ununterbrochen, die Chinesen zu verstehen", erzählt Coppens, die die Arbeit mit ihren chinesischen Kollegen sehr aufschlussreich findet.

"Ich lebe kein typisches Leben als Auslandsdeutsche, aber auf der anderen Seite gehöre ich auch nicht zu den Ausländern, die immer völlig Pro-Chinesisch sind."

Eine der Schattenseiten, kein typisches Leben als Auslandsdeutsche zu leben, wird Coppens deutlich, wenn sie junge Ausländer in Bars oder Clubs sieht: "Diese Leute geben die Hälfte meines Gehalts in einer Nacht aus."

"Die Leute können nicht glauben, dass ich auf eigene Faust und anfangs ohne Job nach China gekommen bin."

Coppens ist daran gewöhnt, nicht dazu zu passen, doch gibt sie zu, dass ihr manchmal der Geduldsfaden reißt.

"Auch wenn es etwas süßes Unschuldiges hat, fühle ich mich manchmal wie ein Affe im Zoo, wenn Leute zu mir kommen und messen, wie viel größer ich bin als sie."

"Sich darüber zu ärgern ist Zeitverschwendung. Schließlich bin ich Gast in ihrem Land und es ist meine Entscheidung, hier zu sein."

Seit Coppens in Shanghai lebt, lautet ihr Motto: "Chaos hat seine eigenen Regeln".

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