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Exklusivgespräch mit Prof. Dr. Claus Mainzer
   2008-02-15 16:12:10    Seite Drucken    cri

Am Rande eines chinesisch-deutschen Symposiums in Beijing hatten wir Gelegenheit zu einem Gespräch mit Prof. Dr. Claus Mainzer. Er leitet das Institut für interdisziplinäre Informatik der Universität Augsburg. Wie er als Wissenschaftler die Beziehungen zwischen Maschinen und Menschen versteht, und was er zu wissenschaftlichen Forschungen in China sagt, das erfahren Sie gleich:

CRI: Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen. Prof. Dr. Mainzer, Sie leiten das Institut für interdisziplinäre Informatik der Universität Augsburg. Darf ich fragen, wie Ihre Forschungsprojekte aussehen?

Mainzer: Ja, gerne. Das Institut hat zum Ziel die interdisziplinäre Zusammenarbeit für alle Projekte, die sich mit Anwendungen der Informations- und Kommunikationstechnologie beschäftigen, voranzutreiben. D.h. nicht nur die Informatik im engeren Sinne, sondern eben auch die Kommunikationswissenschaften, also Psychologie beispielsweise aber auch Sozialwissenschaften und Geisteswissenschaften, die zur intergrierten Arbeit verwendet werden sollen. Es wird immer wichtiger, dass wir nicht nur technische Lösungen entwickeln, sondern darüber hinaus uns auch mit unseren technischen Geräten den Menschen anpassen. D.h., der Mensch soll nicht überfordert werden durch technische Lösungen der Ingenieure, die den Ingenieuren durch deren Arbeit vertraut sind, den normalen Menschen aber einfach überfordern. Und damit dies nicht passiert, brauchen wir Kenntnisse aus der Psychologie und aus dem sozialen Verhalten der Menschen. Daher auch die Soziologie und die interdisziplinäre Arbeit und Projekte, die sich damit beschäftigen. Dies sind alles wesentliche Themenfelder in unserem Institut.

CRI: Ist es richtig, wenn ich sage, dass der Sinn Ihrer Forschungen darin liegt, die Bedienung von Maschinen und Computern wesentlich zu erleichtern?

Mainzer: Genau. Maschinen sollen an den Menschen angepasst werden. Bisher war es so, dass Standards von den Ingenieuren vorgegeben wurden. Und dann lag es an uns, uns darauf einzustellen. Und das wird auf die Dauer nicht mehr möglich sein. Denn die technischen Geräte sind mittlerweile überall anzufinden. Sie sind versteckt in Gebäuden wie auch Infrastrukturen. Und jeder Mensch muss heutzutage damit umgehen können. Also müssen die Maschinen an den Menschen angepasst werden. Das ist im Übrigen viel einfacher als umgekehrt. Es steigert die Sicherheit und auch das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine ganz wesentlich. Also, dazu gehören auch Aspekte wie zum Beispiel die Emotionen des Menschen, so dass auch Geräte in der Lage sind, emotionale Zustände des Menschen zu erkennen. Wir wissen nämlich aus der Gehirnforschung heute, dass die Emotionalität unverzichtbar hierbei ist. Bei uns Menschen geht es nicht ohne Emotionen, selbst wenn wir Mathematik treiben, sind Emotionen beteiligt. Die Kinder bei uns sagen, jemand ist cool. Aber "cool" ist eine Temperatur, und das ist auch schon eine Befindlichkeit, eine Emotion. D.h. die Geräte müssen wenigstens in der Lage sein, den Gesichtsausdruck zu erkennen, um darauf Rückschlüsse schließen zu können.

CRI: Das ist eine großartige Sache, finde ich. Da spürt man Wärme in der Wissenschaft. Sonst, wenn man immer an Maschinen und Technik und Computer denkt, denkt man gleich "Ah, diese kalte Maschine!". Daher sollte man jetzt nicht nur einen Einklang zwischen Natur und Mensch, sondern auch einen Einklang zwischen Mensch und Industrie, zwischen Mensch und Internetzeitalter verwirklichen.

Mainzer: Ganz genau. Wenn Sie so wollen, die weitergehende Botschaft dahinter war bisher immer so, dass es zwei Kulturen gab, die technische Kultur auf der einen Seite und die humanistische Kultur auf der anderen Seite. Und beides fällt auseinander. Und das Entscheidende hierbei ist, sie zusammenzuführen. Und das nicht nur durch Worte und Appelle, sondern man muss versuchen, es in der Technik wirklich zu realisieren und den Menschen zeigen, dass diese Systeme uns weiterhelfen können und der Umgang bzw. Interaktion zwischen Mensch und Maschine hierdurch weitaus angenehmer sein wird. Und wenn die Menschen das spüren - das ist auch eine emotionale Frage - und davon überzeugt sind, dann wächst damit auch die Akzeptanz. Und das ist unbedingt wichtig in einer Gesellschaft - denken Sie jetzt an China, an diesen gewaltigen technischen Boom, in dem sich das Land befindet, dass dort auch die Akzeptanz zu dieser neuen Technologie gefördert wird.

CRI: Können Sie uns verraten, ob Sie derzeit Kontakte und Kooperationsprojekte mit chinesischen Universitäten oder Institutionen haben?

Mainzer: Ja, mit den beiden großen Universitäten in Beijing. Einmal die Tsinghua. Das war die erste Universität, mit der ich schon in den 90er Jahren Kontakte hatte. Dort wurde ein Buch von mir übersetzt und wird gerade wieder ein Buch von mir übersetzt. Die Tsinghua-University ist ja auch Partneruniversität der Technischen Universität in München, mit der ich auch sehr eng kooperiere. Und mit der Peking-Universität habe ich insofern engen Kontakt, als einer meiner besten Doktoranden - muss ich sagen - ein Chinese ist. Er ist mittlerweile Professor am Department für Erziehungswissenschaften. Die machen E-Learning. Und er kam damals zu mir und hatte ein wirklich sehr tiefliegendes aber auch sehr praktisches Problem. Er sagte nämlich, da China sich jetzt im Aufbruch befinde und die Globalisierung Einzug halte, es ökonomisch gesehen notwendig sei, dass die Menschen Englisch lernen. Kurz darauf erfand er auch ein intelligentes Tutorensystem, das den Menschen erleichtert, Englisch zu lernen. Ein großes Problem war die Übersetzung und die natürliche Sprache.

CRI: Sie haben ja organisiert und geprüft, wer mit welchen Vorträgen an dem Symposium teilnehmen soll. Die eingeladenen Wissenschaftler haben sich alle bei Ihnen einen Namen gemacht. Wie schätzen Sie das Niveau des Symposiums ein?

Mainzer: Das Niveau hier ist sehr hoch. Das ist mir aber auch bei früheren Aufenthalten aufgefallen, dort habe ich mal in einem kleinen Kreis mit Vertretern der chinesischen Akademie der Wissenschaften gesprochen. Es ist so, wenn man nach Beijing kommt, ist die Stadt wahnsinnlich imponierend, und so sind auch die Menschen, die dahinter stehen. Das ist einfach Weltniveau, das sie auf allen Gebieten haben, und das ist nicht mehr so, wie das früher mal war, als China einen Nachholbedarf hatte, sondern sie geben mittlerweile selber den Ton in der Welt an und legen selber Standards fest und wir haben uns damit auseinanderzusetzen, also eine Herausforderung auch für uns.

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