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Unsportliche Frustbewältigung
   2007-12-24 18:24:31    Seite Drucken    cri

Enttäuschungen zu verarbeiten, ist mit Sicherheit nie einfach. Und wie wir bereits wissen, haben auch manche großen Athleten kein probates Mittel dagegen gefunden. Heute wollen wir Ihnen noch ein paar sehr eigenwillige Methoden zur Frustbeseitigung vorstellen, zu denen Sportler gegriffen haben.

Im Falle von Myer Prinstein geriet der Athlet aus vermeintlich religiösen Motiven in Rage. Bei den Olympischen Spielen 1900 in Paris weigerte sich der amerikanische Leichtathlet Myer Prinstein am Wettbewerb im Weitsprung teilzunehmen, da der Wettkampf am Samstag, also am Sabbat, angesetzt war. Aus religiösen Gründen könne er am Samstag nicht springen, erklärte Prinstein. Der Wettkampf fand selbstverständlich trotzdem statt. Mit Alvin Kraenzlein war ein weiterer Amerikaner siegreich. Prinstein schlug Kraenzlein daher vor, am nächsten Tag, also am Sonntag, ein Stechen zu veranstalten. Kraenzlein lehnte dieses Ansinnen verständlicherweise ab. Das erboste Prinstein derart, dass er ausholte und Kraenzlein mit der Faust ins Gesicht schlug. Seine beiden Goldmedaillen im Weitsprung bei den Olympischen Spielen 1904 in St.Louis und bei den Zwischenspielen 1906 in Athen hätten den Streit eigentlich beilegen können, aber der Faustschlag ins Gesicht hatte das verhindert. Die Fehde zwischen Kraezlein und Prinstein währte Jahre. Der schlechte Verlierer Prinstein war vom olympischen Geist offensichtlich nicht ausreichend erfasst und auch Kraenzlein konnte nicht wieder zu sportlicher Fairness zurückkehren.

Ein weiterer ganz Großer vergaß die olympische Idee kurzzeitig, nachdem er nicht den gewohnten Erfolg hatte. Die Rede ist von Linford Chiristie. Der britische Leichtathlet holte bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona Gold über eine der Paradedisziplinen der Leichtathletik, über die stets heiß umkämpften 100-Meter. Er war ein herausragender Athlet und ein Star. Nachdem er 1993 auch noch Weltmeister geworden war, wurde er zum ersten Sportler, der gleichzeitig den Olympischen Titel, den Weltmeistertitel, den Europameistertitel und den Commonwealth-Titel besaß. Bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta konnte Christie in keinster Weise an seine Erfolge anknüpfen und schlimmer noch, er verlor nicht auf der Bahn, sondern schon davor. Denn nach zwei Fehlstarts beim 100-Meter-Lauf wurde er disqualifiziert. Er war außer sich, erklärte, die Fehlstarts würden ihm zu Unrecht angelastet und stritt mit dem Offiziellen. Christie weigerte sich die Bahn zu verlassen und verzögerte dadurch das Rennen. Am Ende musste er von der Bahn verwiesen werden, wutentbrannt feuerte er seine Laufschuhe in einer theatralischen Geste in eine Mülltonne, um seine Abscheu auszudrücken.

In Christies Fall hatten die Offiziellen schließlich für Ruhe gesorgt, manchmal schafften sie aber erst das Chaos. Bei den Olympischen Spielen 1904 in St. Louis zum Beispiel. Nach dem 50-Meter-Freistil-Schwimmen der Männer schienen die Würfel gefallen. Der Favorit, der ungarische Schwimmer Zoltan von Halmay, hatte gewonnen. Doch dann kam überraschend Bewegung ins Spiel. Ein Kampfrichter aus den USA erklärte, der amerikanische Schwimmer Scott Leary habe gewonnen. Leary stieg in dieses Spiel ein und beklagte, dass von Halmay ihn kurz vor der Ziellinie festgehalten habe. Die Situation war äußerst verworren. Zu einer Zeit ohne Videoaufzeichnungen und elektronische Messungen blieben nicht allzu viele Möglichkeiten, um zu einer Lösung zu kommen. Daher einigte man sich auf ein Stechen. Von Halmay gewann dieses Extrarennen mit einem deutlichen Vorsprung und sicherte sich die olympische Goldmedaille.

Aber nicht nur im Wasser, auch auf dem Eis spielten sich Dramen ab, weil einige Athleten nicht verlieren konnten oder mit unlauteren Mitteln die eigenen Chancen verbessern wollten. Tonya Harding, eine amerikanische Eiskunstläuferin, sollte bei den Amerikanischen Meisterschaften 1994, bei denen auch die Olympia-Tickets vergeben wurden, eine bessere Ausgangsposition haben. Ihr Mann plante daher einen Anschlag auf Hardings stärkste Konkurrentin, auf Nancy Kerrigan. Kerrigan wurde bei diesem Angriff am Knie verletzt, für eine Athletin so kurz vor den Meisterschaften und vor den Spielen ein Desaster. Millionen Menschen litten und hofften mit Kerrigan. Kerrigan konnte schließlich bei den Olympischen Spielen 1994 antreten. Die Welt gönnte ihr, die so viel mitgemacht hatte, den Titel. Und Kerrigan lieferte eine fast perfekte Darbietung. Das olympische Gold war zum Greifen nahe. Bis Oksana Bajul aufs Eis ging. Die Ukrainerin lief eine makellose Pflicht und bekam die höchsten Wertungen. Nun hätte man meinen können, dass sich Kerrigan, nach allem, was vorgefallen war, auch über Silber freuen konnte und dass gerade sie, die selbst unter den Folgen von mangelndem Sportsgeist gelitten hatte, Sportsgeist beweisen würden. Aber da hatte man sich getäuscht. Ausgerechnet Nancy Kerrigan verspielte einen Teil ihrer kurz zuvor erworbenen Sympathien. Denn Oksana Bajul war dafür bekannt, dass sie oft in Tränen ausbrach, wenn der Druck nachließ. Als sie zur Siegerehrung zu spät kam, ließ sich Kerrigan zu dem unschönen Kommentar hinreißen, dass Bajul ja eh nur wieder rumheulen werde.

Vermutlich hätte Kerrigan auch ein paar Tränen vergossen, hätte sie oben auf dem Treppchen stehen dürfen, aber dazu hatte es eben nicht ganz gereicht.

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