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Kaiser, Phönixe, Erdbeben und Schattenspiele
   2007-11-22 16:00:57    Seite drucken   cri
Heute Morgen habe ich den Weckruf überlistet - ich bin einfach vor ihm aufgestanden. Beim Frühstück war ich aber dennoch müde. Danach blieb am dritten Tag unserer Entdeckungsreise durch Hebei auf der Busfahrt zu den östlichen Qinggräbern in Zunhua ein wenig Zeit zum Ausruhen. Während der gesamten Exkursion zu den Gräbern hatten wir eine Polizeieskorte, die uns mit Blaulicht und Sirene die Durchfahrt erleichterte. Wir fühlten uns wie echte VIPs.

Bei den östlichen Qinggräbern wurden wir bei winterlichem Sonneschein mit geschichtskundiger Führung und vielen Hintergrundinformationen durch das ausgedehnte Areal geführt, das sich die mandschurischen Kaiser der Qing-Dynastie für ihre letzte Ruhe ausgesucht hatten. Gemäß den Regeln der chinesischen Geomatik, auch unter dem chinesischen Namen "Fengshui" (Wind und Wasser) bekannt, sind die Gräber im Norden an einen Berghang gelehnt. Dort sind sie idyllisch umgeben von Pinienwäldern. Es ist ein Platz, der auch ohne Wissen über Geomantik durchaus zum Ausruhen einlädt, wenn auch nicht zum letzten Mal.

Die Gräber sind sich zwar ähnlich, doch legten die Kaiser, ganz gleich ob Mann oder Frau, viel Wert darauf, sich auch nach ihrem Tod von einander zu unterscheiden. Während der Kaiser Qianlong, ein Anhänger buddhistischer Lehren, den oberirdischen Bauten weniger Bedeutung beimaß, sind die Wände und Decken der Räume seines Grabes dafür mit prächtigen Steinreliefs aus Sanskrittexten in tibetischer Schrift und unzähligen Bildern und Buddhas bedeckt. Die bekannte Kaiserin Cixi hingegen wusste sich durch oberirdische Bauten aus kostbarem dunkelrotem Mahagoniholz und wunderschönen goldenen Drachenmalereien vom Grab einer gestorbenen Rivalin abzusetzen. Das obligatorische Drachen-Phönix-Relief an ihrem Grab steht zudem sozusagen Kopf: der die Kaiserin repräsentierende Phönix (yin) schaut hier auf den, den Kaiser repräsentierenden Drachen (yang) herab.

Auf diesem historischen Genuss folgte zum Mittagessen ein kulinarischer. Wir aßen mit lokalen Vertretern von Zunhua ein herzhaftes Sortiment von Speisen, die hier in die Sparte "Jiachangcai" gehören, auf Deutsch so viel wie "Essen wie daheim". Wir fühlten uns bei so guten Gastgebern in der Tat sehr wohl.

Anschließend ging es zurück nach Tangshan, wo wir am Stadtrand einen Park besuchten, der vor ein paar Jahren noch eine Müllhalde war. Nun ist hier ein großer See umgeben von Parkanlagen, Weiden und Schilfdickichten angelegt worden. Der Ort ist wunderschön und es erinnert gar nichts mehr an das, was dort vorher war. Die Behörden wurden dafür von den Vereinten Nationen ausgezeichnet.

Als nächstes besuchten wir das Museum für das Erdbeben, in dessen Epizentrum die Stadt Tangshan im Jahre 1976 gelegen hatte und durch das sie zu 90 Prozent zerstört worden war. Über 200.000 Menschen starben damals. Tangshan ist daher heute nicht nur eine Stadt, wie viele in China, die auf eine lange Geschichte stolz sein können. Die Stadt ist heute vor allem eines, aus der Asche des Erdbebens wieder aufgestiegen. Bezeichnend ist es daher, zumindest für uns Europäer, dass der lokale Fernsehsender einen Phönix als Symbol hat.

Dass der Aufbau der Stadt Tangshan und sogar der gesamten Region noch längst nicht abgeschlossen ist, wurde uns auf dem folgenden Treffen mit dem Bürgermeister Tangshans ausführlich dargelegt. Neben dem die drei Großstadträume Beijings, Tianjins und Tangshans verbindenden neuen chinesischen Schnellzug CHR (China Highspeed Railway) wurde bereits damit begonnen, den natürlichen Tiefwasserhafen von Caofeidian zu einer gigantischen Entwicklungszone zu machen. Wie schon im Falle des neuen Hafens von Huanghuagang (siehe Tag 1), nur in viel größeren Dimensionen, soll hier die Grundlage für ein Tor zwischen Nord-Hebei beziehungsweise China und der Welt geschaffen werden. Zudem wird bereits an ausgedehnten Industrie- und Dienstleistungsparks gearbeitet.

Wir speisten und tranken vor allem auch noch mit dem Bürgermeister auf die neu gewonnene Freundschaft. Als abschließenden Leckerbissen sahen wir ein chinesisches Schattenpuppenspiel, unter anderem aus kleinen Geschichten über den Kranich und die Schildkröte sowie den Drachenkönig. Selbst ausprobieren durfte ich das Spielen der Puppen nach der Darbietung auch noch. Es stellte sich aber, trotz aller Übung mit den Essstäbchen und der freundlichen Anleitung als eine durchaus knifflige Angelegenheit heraus, die vielen Stäbe, über welche die Figuren bewegt werden, mit nur zwei Händen zu kontrollieren. Der Erhalt dieser traditionsreichen Kunst ist in China leider durch die modernen Medien und den neuen Lebensstil in Frage gestellt.

Wie der fortgesetzte Aufstieg Tangshans aus der Asche in Caofeidian genau aussieht, davon werde ich morgen nach unserem Besuch des Hafengebiets genauer berichten. Nun heißt aber wieder ab in die Federn und die müden Knochen von Kaisern, Phönixen, Erdbeben und Schattenspielen erholen.

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