Die erste chinesische Mondsonde "Chang'e I" ist am Mittwoch vom chinesischen Raumfahrtzentrum Xichang in der südwestchinesischen Provinz Sichuan aus ins All gebracht worden. China hat damit eine neue Ära seiner Welttraumforschung eingeläutet, noch nie hat China so weit von der Erde entfernt das Weltall erforscht. Auch deutsche Raumfahrtexperten haben den ersten wichtigen Schritt des chinesischen Mondforschungsprogramms aufmerksam verfolgt. Unser Kollege Yan Wei berichtet aus Berlin:
1970 schickte China seinen ersten Erdsatelliten "Dongfanghong I" in die Erdumlaufbahn. Danach feierte die chinesische Raumfahrt weitere Erfolge, der Start des ersten rückholbaren Satelliten glückte, mit der Trägerraketenserie "Langer Marsch" wurde eine neue Raketengeneration geschaffen, auch die unbemannten Raumschiffe "Shenzhou I" bis "Shenzhou IV" waren Höhepunkte. Im Jahr 2003 beziehungsweise 2005 wurden die bemannten chinesischen Raumschiffe "Shenzhou V" und "Shenzhou VI" in die Erdumlaufbahn gebracht. Nun ist die erste chinesische Mondsonde ins All geschossen worden. Der bekannte Planetenforscher Prof. Dr. Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin, der an den Mondforschungen im Rahmen des amerikanischen Mondlandungsprogramms "Apollo" beteiligt war, äußerst sich positiv über Chinas Erfolge in der Weltraumforschung:
"Ich finde es großartig, was China jetzt vorhat. Denn, es passiert alles in ganz kurzer Zeit, was man vor Jahren noch nicht erwartet hätte, im Westen zumindest nicht. Und ich war letztes Jahr in Beijing zu einer großen internationalen Tagung, der Kosmos-Tagung, die dort stattfand. Dort habe ich einen noch etwas tieferen Einblick in die Pläne der Zukunft bis hin zur bemannten Raumfahrt, zur bemannten Mondlandung vielleicht sogar, bekommen. Ein chinesischer Redner hat mir das vermittelt und das hat mich sehr beeindruckt. Also, ich denke, China ist auf einem sehr guten Weg und wird noch einiges beitragen können zum internationalen Mondforschungsprogramm, das sich jetzt abzeichnet. Die Mission "Chang'e" ist auch ein guter Beitrag zu diesem Programm und China wird sich damit in die erste Reihe der raumfahrttreibenden Nationen, zumindest was die Erforschung des Mondes angeht, einsortieren."
Mittlerweile wird weltweit die Werbetrommel für ein neues Mondforschungsprogramm gerührt. Am 14. September schickten die Japaner mit der "Mondfee" eine Mondsonde ins All. Nach dem "Apollo"-Programm der USA war das das größte Mondforschungsprojekt der Menschheit. Auch die US-Raumfahrtbehörde hat inzwischen ein weiteres Mondforschungsprogramm angekündigt. Das Programm "Sternbilder" will Astronauten wieder auf den Mond bringen. Auch Staaten wie Indien, Russland und Großbritannien planen eigene Mondforschungsprogramme. Die Mondforschung erlangt demnach wieder international Bedeutung.
Auch in Deutschland bereitet man eine unbemannte Mission zur Erforschung des Mondes vor. Das deutsche Programm sieht den Start einer Mondsonde für 2012 vor.
Da immer mehr Staaten Mondforschungsprojekte vorbereiten, hat sich auch der Wettbewerb zwischen diesen Staaten verschärft. Prof. Neukum ist überzeugt, dass die Menschheit nur dann von der Erforschung des Mondes profitieren kann, wenn die raumfahrtbetreibenden Länder enger zusammenarbeiten. Prof. Neukum:
"Ich glaube, dass wir beim Mond eine besondere Situation haben, vor allem für die spätere wirtschaftliche Nutzung. Wenn man also auf den Mond geht, Menschen hinschickt und gewisse Ansprüche stellt - dort will ich bauen oder etwas abbauen - dann wird man vermutlich - das ist meine Meinung dazu - eine Situation haben ähnlich wie mit der in der Arktis. Nur diejenigen, die dort investiert haben, die dort waren und etwas getan haben, werden quasi das Anrecht haben, das moralische Anrecht, dann auch den Mond zu nutzen. Man tut also gut daran, wenn man das im Blick hat und jetzt bald mitmacht, denn sonst wird man den Entwicklungen hinterher rennen. Insofern gibt es also beides: Einzelne Konkurrenz, Akzente setzen, aber letztlich wird es ganz vermutlich in einem internationalen Mondprogramm münden, wo jeder sein Plätzchen findet."
Prof. Neukum äußerte daher auch die Hoffnung, dass Deutschland und China künftig bei der Mondforschung noch enger zusammenarbeiten werden:
"Ich habe letztes Jahr schon versucht, einmal in Beijing zu diskutieren, mit der chinesischen Seite, eventuell eine Kooperation mit der chinesischen Seite zustande zu bringen. Wir hatten das Angebot, auf "Chang'e" eine deutsche Kamera mit höchster Auflösung mitfliegen zu lassen. Das ist nicht zustande gekommen, aber es soll eine "Chang'e II" geben, vielleich ist das ja dann möglich, dass man in besonderer Weise kooperiert, mir würde es jedenfalls gefallen."
Auch Vertreter ausländischer Raumfahrtsbehörden waren eingeladen worden, dem Start der chinesischen Mondsonde vor Ort beizuwohnen. Damit hat China bereits ein ganz klares Signal ausgesendet. China wird auch in der Weltraumforschung die Prinzipien der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Nutzens anwenden. Es wird den Weltraum ausschließlich friedlich nutzen und ist an einer gemeinsamen Entwicklung interessiert. China will die internationale Zusammenarbeit in der Raumfahrt stärken.