Im März 2004 spielte Zhang Liping in Madam Butterfly am Metropolitan Opera House in New York die weibliche Hauptrolle. In den USA war das eine große Sensation. Die Besetzungen an der Met in New York sind stets erstklassig. Die fantastischen Auftritte Zhang Lipings haben die ganze Welt vom hohen Niveau chinesischer Sänger überzeugt. Das Publikum bejubelte Zhang Lipings Darbietung mit 20 Minuten Standing Ovations. Das ist selbst in der Geschichte dieses Opernhauses höchst außergewöhnlich.

Geboren wurde die 40-jährige Zhang Liping in der zentralchinesischen Provinz Hubei. Schon als Kind sang und tanzte sie gern. Beeinflußt von ihrem Vater entwickelte sie großes Interesse an der Peking-Oper. Dazu Zhang Liping:

"Da sich mein Vater sehr für die Peking-Oper interessierte, besuchte ich mit ihm oft Peking-Operaufführungen. Ich habe dadurch eine große Liebe zur Peking-Oper entwickelt."

Mit zehn Jahren hörte Zhang Liping erstmals eine westliche Oper. Die Musik der Oper "die Kameliendame" rührte sie zu Tränen. Sie konnte zwar den Text nicht verstehen, aber die traurige Stimmung der gesamten Oper erfasste sie und berührte sie zutiefst. Sie fand die westliche Oper traumhaft schön und interessiert sich seither für diese Kunstform.

1989 schloss Zhang Liping ihr Bachelostudium an der Fakultät für Gesang und Oper am Zentralen Konservatorium ab. Ein Jahr später setzte sich ihre Ausbildung in Kanada fort, sie studierte an der Musikhochschule von Vancouver. Nachdem sie ihr Studium abgeschlossen hatte, bestand sie die Aufnahmeprüfung der Oper von Vancouver. Damit hatte Zhang Liping sich den Zugang zu den Bühnen dieser Welt eröffnet. Im Jahr 2004 wurde Zhang Liping ans Metropolitan Opera House in New York berufen. Sie sollte in Madam Butterfly die Rolle der Cio Cio-san, der weiblichen Hauptrolle, übernehmen. Erstmals hatte diese renommierte Oper eine Rolle mit einer Chinesin besetzt. Die Oper Madam Butterfly zählt seit ihrer Premiere im Jahr 1904 zum Standardrepertoire aller Opernhäuser der Welt. Zahlreiche große Sängerinnen haben die Rolle der Cio Cio-san bereits gespielt. Zhang Liping hat Madam Butterfly aber auf ihre ganz eigene Art und Weise interpretiert. Durch ihre einzigartige Stimme und ihre feine und zurückhaltende Darstellungsweise schafft sie es, das komplizierte und sehr wechselhafte Gefühlsleben der Madam Butterfly in allen Facetten zum Ausdruck zu bringen. Zu ihrer Gesangstechnik sagt Zhang Liping:

"Das Publikum kann man nicht durch eine bestimmte Gesangtechnik, sondern nur durch die Musik berühren. Das Publikum merkt, ob ein Sänger nur mit Technik oder mit Herz singt."

Zhang Liping hat aufgrund ihrer Liebe zur Musik das Publikum weltweit im Sturm erobert. Sie ist bislang die einzige chinesische Sängerin, die an der britischen Royal Opera in Covent Garden, einem anderen Opernhaus von Weltgeltung, weibliche Hauptrollen gespielt hat. Sowohl in "Turandot" als auch in "Madam Butterfly" und "Lucia di Lammermoor" übernahm sie die Hauptrolle.

Inzwischen hat sie bei ihren Auftritten an 20 Opernhäusern der Welt ihre Klasse unter Beweis stellen können. Bei all ihren Engagements gibt sie sich große Mühe, sie bewältigt auch immer wieder etliche Hürden. Dazu Zhang Liping:

"Jedesmal wenn ich ein Engagement im Ausland habe, lerne ich neue Kollegen kennen. Und ich muss mit ihnen zusammenarbeiten können. Jeder, ob Dirigent oder Regisseur, hat eine eigene Vorstellung von der Figur. Die größte Schwierigkeit ist daher, die verschiedenen Vorstellungen innerhalb von kurzer Zeit zusammenzubringen."

Zhang Liping ist inzwischen auch glückliche Mutter. Pro Jahr ist sie allerdings mindestens sieben bis acht Monate lang unterwegs. Daher hat sie wenig Zeit, sich um ihren siebenjährigen Sohn zu kümmern. Sie kann ihn kaum beim Erwachsenwerden begleiten. Zhang Liping hat daher stets ein schlechtes Gewissen. Glücklicherweise hat ihr Sohn großes Verständnis für sie, er unterstützt die Karriere seiner Mutter so gut er kann.

2006 kehrte Zhang Liping nach China zurück. Seither lehrt sie am Zentralen Konservatorium. Ihre zahlreichen Erfahrungen gibt sie nun an den chinesischen Musikernachwuchs weiter. Gleichzeitig setzt sie sich für eine Verbreitung der westlichen Oper in China ein.