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Dörfer mit viel Geschichte
   2007-10-16 13:43:05    Seite drucken   cri

Mehr als vier Stunden haben wir auf der Autobahn zwischen Beijing und Shijiazhuang verbracht. Dann biegt der Bus in eine Nebenstrasse ein und fährt zahlreiche Serpentinen entlang, wodurch sich die Fahrt auch verlangsamt. Gegen zwei Uhr Nachmittag erreichen wir schließlich an einem schönen Sommertag unser Ziel: Xibaipo, ein kleines Dorf im Südwesten der nordchinesischen Provinz Hebei.

Ein etwa 50 Jahre alter Bauer ruft uns zu sich, als wir aus dem Bus aussteigen. Er bietet uns Früchte und Gewürze an.

"Probieren Sie mal diese Früchte. Sie schmecken sehr gut", sagt er. Die Früchte habe er im Gebirge gepflückt. Sie seien gut für den Magen, versichert er uns.

Xibaipo ist, gelegen inmitten einer gebirgigen Region, ein typisch chinesisches Dorf im Norden des Landes. Das Dorf wäre ein anonymer Punkt auf der Landkarte geblieben, hätten nicht Mao Zedong und seine Genossen von den Bauernhöfen in Xibaipo aus den Bürgerkrieg gegen die Truppen der Kuomintang-Partei geleitet und dort die Richtlinien zur Gründung der Volksrepublik China festgelegt.

Es war Ende der 1940er Jahre. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg brach in China ein Bürgerkrieg aus. Mao und seine Genossen zogen daraufhin aus der Löß-Hochebene nach Osten. Sie entschieden sich dazu, sich in Xibaipo, einem Dorf am Fuße des Taihang-Gebirges, niederzulassen. Die Bauern stellten ihnen einige Höfe zur Verfügung, von denen aus die kommunistischen Politiker die drei entscheidenden Schlachten im Nordosten, im Norden und im Osten des Landes leiteten, bis die Volksbefreiungsarmee schließlich das ganze Land befreite. Unsere Reiseleiterin Yuan erklärt uns:

"Aus drei Gründen hatte man sich dazu entschlossen, das Dorf Xibaipo als Sitz des Zentralen Komitees der Kommunistischen Partei Chinas festzulegen. Erstens bekam man hier die vorbehaltlose Unterstützung der ansässigen Bauern. Zweitens liegt das Dorf an einer sehr wichtigen strategischen Position. Und drittens war zu der Zeit die Umgebung von Xibaipo relativ gut entwickelt."

Heute, knapp 60 Jahre nach der Gründung der Volksrepublik China, ist das Dorf zu einem Ort geworden, in dem man die Bürgerkriegszeit besser nachvollziehen kann.

So hat man in Xibaipo eine Gedenkhalle errichtet, in der die Geschichte über die Zeit, als die Zentrale der KP in Xibaipo war, durch Bilder und Exponate anschaulich gemacht wird. Die Höfe, in denen die Organe der KP untergebracht wurden, mussten wegen dem Bau eines Stausees verlagert und neu errichtet werden. Dazu unsere Reiseleiterin Yuan:

"Diese Höfe sind typische Häuser eines nordchinesischen Dorfes aus den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Häuser bestehen also hauptsächlich aus Rohziegeln und großen Steinen."

Früh am Morgen ist es in einem Dorf im Gebirge noch ruhig und kühl. Wir stehen besonders früh auf, um die frische Luft zu genießen. Vom Balkon unserer Herberge, ein umgebauter Bauernhof der Familie Yan, sehen wir, wie sich einige Bauern schon auf ihre Arbeit am Vormittag vorbereiten.

Heute lebt man in Xibaipo hauptsächlich von der Landarbeit und der Fischerei, weil in der Nähe ein großer Stausee ist. In der Hochsaison, also zwischen Mitte Juni bis Mitte Juli, können die Bauern durch den Tourismus etwas Extrageld verdienen.

Yang ist eine Touristin aus der idyllisch gelegenen Stadt Hangzhou in Ostchina. Sie erzählt uns, die Umwelt in Xibaipo habe sie überrascht:

"Die Umwelt in Xibaipo ist besser, als ich mir vorgestellt habe. Es gibt viele Bäume. Vorher habe ich nicht daran gedacht. Ich dachte, es könnte ein kleines Dorf sein, in dem es nur wenig Wasser gibt. Das Wetter ist auch angenehm. Nur kann ich mich noch nicht so schnell an das salzige Essen aus Nordchina gewöhnen."

Nach einem kleinen Rundgang durch Xibaipo machen wir uns auf zum nächsten Ziel - Ranzhuang. Ranzhuang ist ebenfalls ein Dorf in der Provinz Hebei. Es liegt etwa drei Autostunden nördlich von Xibaipo. Unter dem Dorf Ranzhuang wurden während des Zweiten Weltkrieges 16 Kilometer lange Tunnel angelegt, erklärt uns unsere Reiseleiterin Wei:

"Es gab während des Zweiten Weltkrieges in diesem Dorf mehr als 450 Bauernfamilien. Die Bauern haben 16 Kilometer lange Tunnel unter ihre Häuser und Läden gegraben, um mit einem Tunnelkrieg Widerstand gegen die japanischen Besatzer zu leisten. Fast jedes Haus verfügt über einen Ein- und Ausgang eines Tunnels. Der erste Tunnel wurde von einem Keller aus angelegt, damit man sich vor den grausamen japanischen Soldaten schützen konnte."

Wei führt uns in einen Laden und schiebt mit ihrem Fuß einen Belag nach vorne. Ein Tunneleingang erscheint vor uns. Vorsichtig folgen wir ihr in den Tunnel hinein.

Der Tunnel ist so niedrig, dass man sich an manchen Stellen tief bücken muss. Ohne die Glühbirnen wäre es in dem Tunnel dunkel wie in der Nacht.

Wir kommen wieder aus dem Tunnel heraus und stehen vor einem kleinen Tempel. In ihm wird die Statue von Guan Yu, dem legendären Helden von vor etwa 1.800 Jahren, verehrt. Er gilt in China als ein Symbol für Treue, Gerechtigkeit und Unbesiegbarkeit.

Die Menschen in Ranzhuang haben sich allerlei verschiedene Methoden einfallen lassen, um ein Versteckspiel mit den Invasoren zu spielen. Dieser Tempel war zum Beispiel ein Treffpunkt für Partisanen. Besucher können sich heute nur schwer vorstellen, dass ein Eselstall zum Ausgang eines Tunnels gemacht wurde.

Wir folgen unserer Reiseleiterin auf die Hauptstraße des Dorfes. An den Wänden der Häuser stehen Parolen aus der Kriegszeit. Sie erzählt uns:

"Die Menschen konnten es sich vor mehr als 60 Jahren noch nicht leisten, Häuser ausschließlich aus Steinen zu bauen. Daher hat man auch viel Lehm benutzt. Doch die Häuser blieben fast unbeschädigt, als man unter dem Dorf die vielen Tunnel anlegte."

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