Startseite | Nachrichten | Zeitgeschehen | Chinesischkurs | China ABC | Inet Radio | Frage der Woche | Paralympics 2008 in Beijing | Sendeplan
 

-Empfangsbericht
-Feedback   -Archiv

Gespräch mit Professor Dr. Chen Hongjie
   2007-10-10 14:45:32    Seite drucken   cri

An der Peking-Universität gibt es seit 2002 ein Zentrum für Deutschland-Studien. Der Leiter des Zentrum ZDS Prof. Chen Hongjie beschäftigt sich viel mit Deutschland und mit dem Austausch zwischen deutschen und chinesischen Wissenschaftlern. Im Gespräch mit unserer Reporterin Qiu Jing ging er u.a. auf seine Arbeit und Forschung ein.

Qiu: Professor Chen, können Sie uns sagen, was die Hauptunterschiede zwischen dem deutschen und dem chinesischen Studiensystem sind?

Chen: Ja?da gibt es wesentliche Unterschiede. Einen Unterschied finde ich besonders wichtig. Lernfreiheit ist ein wichtiger Punkt, wenn man über die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem chinesischen Studiensystem sprechen will. In Deutschland wird immer von Lernfreiheit gesprochen, heute zwar nicht mehr so häufig, aber aus unserem Blickwinkel ist Lernfreiheit für Studenten in Deutschland immer noch gegeben. Natürlich ist meine Sicht eine chinesische Sicht. Ja, wenn wir unser Studium betrachten, können wir sagen, das Studium in China ist sehr stark verschult. Und Studenten haben wenig Wahlmöglichkeiten. Natürlich entwickelt sich China sehr schnell und inzwischen haben viele Studenten auch Wahlmöglichkeiten. Aber im Großen und Ganzen ist dies immer noch der wesentlichste Unterschied zwischen dem deutschen und dem chinesischen Studiensystem. In Deutschland wird viel Selbstverantwortlichkeit erwartet und verlangt. In China ist alles im Großen und Ganzen doch sehr gut organisiert. Studenten in China brauchen sich nicht darum zu kümmern, wie sie das Studium selbst gestalten.

Qiu: Sie waren Stipendiat im Rahmen des so genannten Sandwich-Programms vom DAAD. Wann war das und an welcher Universität nahmen Sie am Programm teil? Befasst sich Ihre Doktorarbeit mit einem Thema in diesem Gebiet?

Chen: Ja. Ich habe Glück gehabt, im Jahr 1995 ein Sandwich-Stipendium vom DAAD zu bekommen. Dieses Programm ermöglicht für eine befristete Zeit in Deutschland zu studieren und an seiner Dissertation zu arbeiten. Der Doktorand wird dabei von Professoren jeweils in Deutschland und China betreut. Die Professoren können sich treffen, um gemeinsam über meine Arbeit zu sprechen. Ich habe mit diesem Stipendium anderthalbe Jahre lang in Deutschland an meiner Dissertation gearbeitet, und zwar an der katholischen Universität Eichstätt. Das ist eine ganz kleine Universität in Eichstätt in der Nähe von München. Ich habe dort bei dem Historiker Professor Rainer Müller studiert. Leider ist Professor Müller inzwischen verstorben. Ich habe bei ihm Kurse belegt und meine Dissertation abgeschlossen.

Qiu: Sie sind berufsbedingt viele Male in Deutschland gewesen und haben viele Kontakte mit deutschen Professoren gepflegt. Können Sie uns sagen, welchen Einfluss Ihre Deutschland-Erlebnisse auf Sie ausgeübt haben?

Chen: Der Einfluss muss sehr stark sein, obwohl ich es vielleicht nicht ganz klar ausdrücken kann. Ich habe zuerst an der Peking-Universität Germanistik studiert. Damals haben meine Verbindungen mit Deutschland bereits angefangen. Ich war 1987 zum ersten Mal in Deutschland, für ein Jahr in Berlin. Und beim zweiten Aufenthalt war ich in Eichstätt als DAAD-Stipendiat. Danach hatte ich immer wieder Gelegenheit, nach Deutschland zu gehen, entweder im Rahmen eines Forschungsprogramms oder mit einem Stipendium. Ich war 1999 als Humbolt-Stipendiat in Deutschland.

Qiu: Das ist wirklich eine große Ehre für einen Akademiker. Wie lange waren Sie da?

Chen: Leider war ich nur ein halbes Jahr an der Humbolt-Universität als Humbolt-Stipendiat. Ich musste zurückkommen, um meine Arbeit hier in Peking weiterzuführen. Deshalb habe ich meinen Forschungsaufenthalt als Humbolt-Forscher unterbrochen. Ich habe vor, noch einmal hinzugehen, aber bis jetzt habe ich dafür noch keine Zeit gefunden.

Qiu: Woran habe Sie an der Humbolt-Universität geforscht?

Chen: Ich habe dort bei Professor Rüdiger von Buch zum Thema "Der deutsche Einfluss auf die moderne chinesische Geschichtswissenschaft" gearbeitet. Wir haben einige ganz bedeutende chinesische Historiker wie Chen Yinke, Fu Sinian. Die haben Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland, vor allem in Berlin studiert. Da sieht man ja schon den starken Einfluss. Und da habe ich zu diesem Thema gearbeitet.

Ja, noch mal zurück zum Einfluss der Deutschland-Erlebnisse auf mich. Seit meinem ersten Aufenthalt bin ich Deutschland bis jetzt immer treu geblieben. Ich habe mich seither hauptsächlich mit Deutschland beschäftigt. Und vor allem in meinem Fachbereich Erziehungswissenschaft. Meine Forschungsschwerpunkte sind das deutsche Hochschulsystem und die Wechselbeziehung zwischen deutschen und chinesischen Akademikern. Ja, das ist ein für mich sehr interessantes Thema. Das ist jetzt auch meine Aufgabe, sowohl als Erziehungswissenschaftler als auch als Direktor des Zentrums für Deutschlandstudien (ZDS). Meine Arbeit soll die Beziehungen zwischen deutschen und chinesischen Wissenschaftlern fördern und zum Austausch beitragen. Das machen wir hier im Rahmen des ZDS. Ich muss viele organisatorische Arbeiten erledigen. Natürlich macht es uns viel Freude. Ich denke, das ist auch wichtig für den gegenseitigen Austausch.

Qiu: Wie Sie mir eben geschildert haben, ein normaler Alltag eines chinesischen Professors. Das unterscheidet sich deutlich vom Alltag eines deutschen Professors, oder?

Chen: Ja, leider. Leider sind wir noch sehr weit zurückgeblieben im Vergleich zu deutschen Professoren. Wenn man den chinesischen Hochschulbetrieb einigermaßen kennt, heutzutage sind viele Professoren sehr belastet mit verschiedenen Aufgaben. Für mich persönlich, ich muss nicht nur für Erziehungswissenschaft arbeiten, sondern auch für das ZDS. Und dann bin ich doppelt belastet. Dann muss ich viele meiner Freizeit opfern. Schon seit knapp zwei Monaten habe ich keine Wochenenden gehabt. Ich habe jedes Wochenende gearbeitet.

Qiu: Hoffentlich wird es sich ändern!

Chen: Ja, das hoffe ich natürlich auch.

Qiu: Viel Glück und vielen Dank für das Gespräch. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!

Chen: Danke!

     mehr zum Thema Ihre Meinung

Not Found!(404)

Not Found!(404)